Spielwarenmesse:Öko made in China

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"Ausflug ins Grüne": Die Spielwarenmesse in Nürnberg verpasst sich ein ökologisch-korrektes Image. Doch mehr als drei Viertel der Spielsachen wurden in China produziert.

Uwe Ritzer

Die Broschüre ist auf Umweltschutzpapier gedruckt und in zarten Grüntönen gehalten. Sie soll eine Art Routenplaner sein für einen "Ausflug ins Grüne". So zumindest stellen sich die Veranstalter der weltweit größten Spielwarenmesse ihre diesjährige Schau vor, die an diesem Donnerstag in Nürnberg beginnt.

Ökologisch vertretbar soll modernes Spielzeug sein. (Foto: dapd)

"Toys go green" haben sie als Motto ausgegeben und zum Beweis ebenjenes grüne Heftchen vorgelegt, in dem die Erlanger Marketing-Professorin Nicole Koschate eine Studie präsentieren darf. 450 Käufer und 150 Händler von Spielwaren wurden dafür befragt, und das Ergebnis, wie sollte es anders sein, lautet: Nachhaltigkeit bei Spielwaren ist für die Käufer "von großer Bedeutung".

Gut ein Viertel würde für entsprechende Ware sogar bis zu 20 Prozent mehr zahlen. Und fast alle Händler sagen, sie würden bereits nachhaltige Spielwaren verkaufen. Nur: Was sind nachhaltige Spielwaren? Bei dieser Frage geben sich die Verantwortlichen wortkarg.

Koschate räumt ein, dass es "kein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit" gibt, geschweige denn klar definierte Standards oder gar ein allgemein gültiges Gütesiegel. Die Befragten seien einfach ihren eigenen subjektiven Kriterien gefolgt. Motto: Nachhaltig ist, was ich für nachhaltig halte.

Bunte, heile Kinderwelten

Einen Nachhaltigkeits-Preis hat man ausgelobt, für den es drei Nominierte gibt: Ein Science-Fiction-Spiel von Playmobil, möglicherweise, um damit grüne Zukunft zu spielen, ein kleines Fahrzeug, das - immerhin - ohne Batterie fährt, und Holztierchen aus Südkorea. Von denen kann Messechef Ernst Kick nicht einmal sagen, ob das Holz aus zertifiziertem Anbau kommt.

Nichts als Etikettenschwindel also? Spielwaren verkaufen sich, mehr als viele andere Produkte, über Gefühle. Dafür werden bunte, heile Kinderwelten gemalt. Was so bunt daherkommt, steht nicht selten in krassem Gegensatz dazu, wie es hergestellt wird. Mehr als drei Viertel aller Spielwaren werden in China gefertigt.

Vor allem, wenn für das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren produziert wird, geht es in manchen Fabriken verheerend zu. Menschenrechtler beklagen Sieben-Tage-Wochen und 14-Stunden-Arbeitstage, berichten von übermüdeten Arbeitern, mangelndem Arbeits- und Kündigungsschutz, nicht korrekt bezahlten Überstunden und verweigertem Streikrecht. Kinderarbeit kommt zumindest vor.

Spiel mit verdeckten Karten

Die Hersteller verweisen auf einen sogenannten ICTI-Standard, der in den neunziger Jahren nach zwei verheerenden Fabrikbränden mit Dutzenden Toten eingeführt wurde. Er definiert vage einige soziale Mindestbedingungen, aber nicht mehr. Ein Feigenblatt sei dieser Standard, sagen Entwicklungsorganisationen, bestenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wer Auskunft fordert, läuft ins Leere.

Kürzlich befragte die Zeitschrift Öko-Test 26 Spielwarenhersteller über die Bedingungen bei ihren Zulieferern. Die meisten versuchten eine Auskunft. Die beiden größten Hersteller aber, Mattel und Hasbro, schwiegen. Und die deutsche Zapf Creation erklärte, man habe für die Fragen keine Zeit.

Dabei sind menschenwürdige Produktionsbedingungen ein zentrales Kriterium für Nachhaltigkeit. Außerdem könnte man prüfen: Sind die Rohstoffe umweltverträglich, was lernen die Kinder über die Umwelt, wie kurz sind die Transportwege? Inzwischen verlassen erste Hersteller den Produktionsstandort China. Aus Gründen des Profits. Soziale Fragen spielen da keine Rolle.

© SZ vom 31.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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