Schuldenkrise in Europa:Zehn bittere Jahre für Griechenland

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Wie lange benötigen die Hellenen, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen? Finanzminister Schäuble geht davon aus, dass Griechenland mindestens eine Dekade braucht, um wieder wettbewerbsfähig zu sein. Derweil zieht EZB-Chef Trichet düstere Vergleiche für den Zustand Europas.

Das hoch verschuldete Griechenland wird nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wahrscheinlich noch zehn Jahre lang auf Hilfen angewiesen sein. "Dass Griechenland nicht - wie 2010 gedacht - schon 2012 an den Kapitalmarkt zurückkehren kann, ist klar", sagte Schäuble der Wirtschaftswoche. "Griechenland wird zur vollen Herstellung seiner Wettbewerbsfähigkeit sicher eher ein Jahrzehnt brauchen als ein Jahr."

Nach Einschätzung von Finanzminister Schäuble braucht Griechenland noch zehn Jahre Zeit zur Erholung. (Foto: REUTERS)

Zugleich warnte der Minister vor den Folgen einer Griechenland-Pleite. "Es besteht die reelle Gefahr, dass die Währungsunion auseinanderfallen würde." Die Hellenen müssten unter allen Umständen in der Euro-Zone gehalten werden. "Athen, Griechenland ist - auch historisch - ein zentraler Bestandteil Europas. Jeder Verantwortliche weiß, dass ein Ausscheiden erhebliche Folgen hätte für Griechenland, aber auch weit darüber hinaus." Die EU würde enorm an politischem Vertrauen und weltweiter Handlungsfähigkeit verlieren.

Auch dürfe man die potenziellen Auswirkungen für die Banken und die Ansteckungsgefahr unter den Staaten nicht unterschätzen. Investoren an den Finanzmärkten würden derzeit testen, wie stabil die Gemeinschaftswährung sei. Sie verfolgten andere Absichten als die Länder der Eurozone. "Manche Marktteilnehmer haben Interesse an Volatilität, nicht an Stabilität, weil sie daran verdienen." Schäuble nimmt derzeit an der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington teil, auf der es auch um die Euro-Schuldenkrise geht.

Schäuble kritisierte auch die italienische Regierung für ihren Wackelkurs in der Finanzkrise. "Die Verantwortlichen in Italien - und in allen anderen Ländern - müssen wissen, dass es problematisch ist, Maßnahmen oder Verpflichtungen anzukündigen und dann nicht dazu zu stehen", sagte der Finanzminister. "Vertrauen ist die wichtigste, aber derzeit auch die knappste Ressource."

Italiens Schulden seien aber beherrschbar und relativ schnell in die Regeln des EU-Stabilitätspaktes zurückzuführen. Möglicherweise nehme Italien die Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's zum Anlass, die beschlossenen Maßnahmen noch schneller und zügiger umzusetzen. Italien hatte kürzlich ein rund 60 Milliarden Euro schweres Sparpaket beschlossen, war aber wegen des politischen Gezerres auf dem Weg dorthin in die Kritik geraten.

Unterdessen hat EZB-Präsident Jean-Claude Trichet ein düsteres Bild der gegenwärtigen Krisengefahren in Europa und darüber hinaus entworfen. Die Risiken für die Stabilität des europäischen Finanzsystems hätten in letzter Zeit drastisch zugenommen, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbankam Rande der IWF-Jahreskonferenz in Washington.

Das Zentrum der aktuellen Krise um ausufernde Staatsschulden bilde die Euro-Zone. Die Probleme hätten sich aber inzwischen darüber hinaus ausgeweitet. "Wir stehen vor einer globalen Krise der öffentlichen Finanzen, und wir (die Euro-Zone) sind das Epizentrum dieser Krise", sagte Trichet.

Die aktuelle Situation sei dabei noch prekärer als beim Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008, der die Weltwirtschaft in einen tiefen Abgrund gestürzt hatte. An den Märkten sei inzwischen der Glaube verloren gegangen, dass Schlüssel-Länder nicht zahlungsunfähig werden können. Belegt werde die Krise durch die Spannungen auf den Anleihemärkten in Europa und die heftigen Schwankungen an den Aktienmärkten rund um den Erdball.

© sueddeutsche.de/dpa/rtr/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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