Puma-Chef Zeitz im Gespräch:Inspiration aus Afrika

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Puma-Chef Jochen Zeitz über seine Farm in Kenia, Marketing-Gags, den Großaktionär PPR - und kurze Nächte.

Caspar Busse und Michael Kläsgen

Das Designerhotel Murano in Paris: Puma-Chef Jochen Zeitz, 47, erscheint, offenes Hemd, locker, im Plauderton und bestellt sich erst einmal eine Kanne Kaffee. Am Vorabend war es spät geworden: Im Theater La Cigale am Montmatre hatten Puma und Großaktionär PPR zusammen mit den afrikanischen Fußballnationalteams aus Ghana, Kamerun und der Elfenbeinküste zu einem Afrika-Konzert geladen - die letzte große Party vor der Abreise zur WM in Südafrika. Zeitz will gleich noch zum Zug nach London. Aber erst das Interview - am Frühstückstisch, auf hohen Hockern, im Halbdunkeln.

Puma-Chef Jochen Zeitz "pendelt" zwischen dem fränkischen Herzogenaurach und Kenia - weil ihn Afrika einfach fasziniert. (Foto: ag.ddp)

SZ: Herr Zeitz, Sie besitzen in Kenia eine 200 Quadratkilometer große Farm und sprechen sogar Suaheli. Was reizt Sie an Afrika?

Zeitz: Meine Sprachkenntnisse in Suaheli reichen zum Überleben, Vertragsverhandlungen würde ich auf Suaheli nicht führen. Aber ich halte mich so um die fünf Mal im Jahr auf meiner Farm in Kenia auf. An Afrika faszinieren mich die Vielfalt der Kulturen, die Natur, die Atmosphäre und die positive Lebenseinstellung, die wir in Europa so nicht kennen. Der pure Materialismus ist - mit wenigen Ausnahmen - so in Afrika noch nicht angekommen.

SZ: Das wollen Sie jetzt ändern - mit der Lifestyle-Marke Puma den Materialismus auf den Kontinent bringen?

Zeitz: Für uns ist Afrika sicherlich auch ein Absatzmarkt, aber vor allem steht der Sport im Vordergrund, denn er hat eine besondere Funktion. Er vereint die Völker in Afrika. Es gibt dort im Sport einen unglaublichen Kameradschaftsgeist - trotz des Wettbewerbs zwischen den Teams untereinander. Das hat auch eine positive Ausstrahlung auf die Marke international.

SZ: Puma macht daraus ein Geschäft und hat jetzt ein gemeinsames Fußball-Trikot für alle afrikanischen Länder vorgestellt. Undenkbar für Europäer?

Zeitz: Man soll niemals nie sagen, aber Franzosen, Deutsche und Italiener davon zu überzeugen, auf dem Fußballplatz das gleiche Trikot anzuziehen, dürfte ziemlich schwierig sein.

SZ: Trotzdem verbindet man mit Afrika Krieg, Armut, Rückständigkeit und Diktatoren.

Zeitz: Das stimmt, aber es wird viel zu viel über die negativen Aspekte berichtet und das sind oft nur Stereotypen. Afrika hat sehr viel Ermutigendes und Schönes zu bieten, vor allem im Sport, in der Kunst, in der Musik und damit für den Lifestyle insgesamt. Puma will das Positive an Afrika herausstellen, ohne die Probleme zu negieren, während wir gleichzeitig auch Unterstützung leisten.

SZ: Könnten die negativen Klischees über Afrika nicht auf Puma abfärben?

Zeitz: Natürlich ist das nie ausgeschlossen, aber warum sollte das im Sport und Lifestyle sein? Außerdem sind wir nicht von Afrika abhängig, Puma ist eine globale Marke. Im Fußball und in der Formel Eins arbeiten wir mit Italien zusammen, in der Leichtathletik mit Jamaika und Usain Bolt, im Segeln mit einer amerikanischen Mannschaft. Afrika ist nur ein Standbein, wenn auch eines, das unsere Markenpersönlichkeit sehr gut ausdrückt.

SZ: Markenpersönlichkeit?

Zeitz: Wenn wir von Afrika sprechen, meinen wir nicht nur den Kontinent, sondern die Farben, die Vielfalt, die Leidenschaft, die Lebensfreude und den uneingeschränkten Spaß am Sport. Davon lassen wir uns inspirieren und dafür steht die Marke Puma. Unsere afrikanischen Trikots und afrikanisch inspirierten Sportlifestyle-Produkte verkaufen wir schließlich weltweit.

SZ: Von Wachstumsmärkten wie China, Indien, Brasilien ist Afrika aber meilenweit entfernt.

Zeitz: Der Umsatzanteil, den Puma in Afrika erwirtschaftet, liegt ist im einstelligen Bereich, das ist richtig. Er wuchs aber in den vergangenen Jahren immer zweistellig. Schon jetzt sind wir eine der führenden Marken Afrikas mit einem enormen Bekanntheitsgrad. Dazu kommt, dass unsere Initiativen in und für Afrika einen starken Einfluss auf die afrikanische Diaspora im Ausland und viele Konsumenten haben. Afrika ist für uns nicht nur ein geografischer Erdteil. Wir sprechen auch die Millionen Konsumenten an, die außerhalb Afrikas leben.

SZ: Ihr Engagement für Afrika ist kein Marketing-Gag?

Zeitz: Wir machen keine Gags. Afrika ist seit 13 Jahren fester Bestandteil des Marken-Images von Puma. Wir haben, inspiriert durch die Farbenfreude Afrikas, zur Fußball-Weltmeisterschaft 1998 damit angefangen, bunte Fußball-Schuhe auf den Markt zu bringen. Damals haben alle noch behauptet, Fußballschuhe müssten schwarz-weiß sein. Heute bietet jeder unserer Mitwettbewerber bunte Fußballschuhe an. Wir haben den afrikanischen Fußball seitdem kontinuierlich durch innovative Marketinginitiativen kommuniziert. Zur Fußball-WM 2002 lief die kamerunische Nationalmannschaft in ärmellosen Trikots von Puma auf, und für den Afrika-Cup 2004 revolutionierten wir die Fußballmode noch weiter, indem wir das Team von Kamerun erstmals in einteiligen Fußballtrikots antreten ließen.

SZ: Sie haben bei dieser WM Ghana, die Elfenbeinküste, Algerien und Kamerun unter Vertrag. Ausgerechnet Gastgeber Südafrika läuft in Adidas auf. Wie konnte das passieren?

Zeitz: Die Leistungen der Nationalmannschaft von Südafrika waren ja in letzter Zeit nicht gerade von Erfolg gekrönt. Diesmal ist Südafrika als Gastgeber dabei, aber aus unserer Sicht sind wir langfristig mit unseren Mannschaften exzellent aufgestellt. Finanziell hätte ein Ausrüstervertrag aus diesem Grund in keinem Verhältnis gestanden.

SZ: Die Zeiten sind hart, auch Puma hat den Wirtschaftsabschwung gespürt. Wie wird sich die Euro- und Griechenlandkrise auf Ihr Geschäft auswirken?

Zeitz: In Westeuropa gehen wir weiterhin von einem gedämpften Wachstum aus. Unser Netto- und Vorsteuerergebnis wird allerdings in diesem Jahr deutlich steigen. Die dafür notwendigen Maßnahmen haben wir bereits vergangenes Jahr getroffen, indem wir ein umfassendes Restrukturierungsprogramm eingeleitet haben, um langfristiges und profitables Wachstum in Zukunft zu sichern. Weitere Restrukturierungsmaßnahmen müssen wir nicht mehr vornehmen.

SZ: Müssen Sie Ihre Ziele wegen der Krise korrigieren?

Zeitz: Wir erwarten für 2010 weiterhin ein Umsatzplus im unteren bis mittleren einstelligen Bereich, und der Vorsteuer-Gewinn sollte um mindestens 70 Prozent steigen.

SZ: Ist ein schwacher Euro für Puma gut oder schlecht?

Zeitz: Währungsschwankungen fallen bei uns kurzfristig nicht so stark ins Gewicht, da wir uns für ein Jahr gegen solche Schwankungen absichern. Tendenziell ist uns ein schwächerer Dollar aber lieber.

SZ: Adidas hat in den USA vor einigen Jahren Reebok gekauft. Planen Sie auch Zukäufe?

Zeitz: Ich kann mir Zukäufe durchaus vorstellen, solange diese Puma voranbringen und komplementär sind. Deswegen haben wir vor kurzem den Golfanbieter Cobra-Golf in den USA gekauft.

SZ: Passt Golf zu Puma?

Zeitz: Puma und Cobra ergänzen sich ideal, weil wir gemeinsam mit unseren Produkten nicht den klassischen Country-Club-Golfer ansprechen, sondern denjenigen, der etwas flippiger auftritt.

SZ: Wie groß könnte die nächste Akquisition werden?

Zeitz: Wir haben derzeit etwas mehr als 400 Millionen Euro in der Kasse. Das könnten wir investieren, aber im Moment konzentrieren wir uns erstmal auf die Integration von Cobra in den Puma-Konzern.

SZ: Sie sind hinter Nike und Adidas die Nummer Drei der Sportmarken in der Welt - mit sehr weitem Abstand. Wurmt Sie das?

Zeitz: Puma gehört inzwischen zu den hundert wertvollsten Marken der Welt. Wir sehen unser Marktpotenzial deutlich über dem jetzigen Umsatz und haben daher noch Luft nach oben.

SZ: Welchen Umsatz peilen Sie an?

Zeitz: Wir sehen unser Potenzial nach wie vor bei einem Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro. Die Krise hat uns zurückgeworfen, aber dieses Ziel haben wir dennoch langfristig im Auge.

SZ: Indem Sie afrikanischer werden?

Zeitz: Puma steht für Sport und Lifestyle. Wir waren die Ersten, die diese neue Entwicklung im Markt entdeckt haben. Inzwischen sind auch unsere Wettbewerber auf Lifestyle eingestiegen. Aber dabei wird es bleiben: Puma fängt beim Sport an und hört mit Lifestyle und Mode auf.

SZ: Seit drei Jahren gehört Puma zum französischen Konzern Pinault Printemps Redoute (PPR)? An dessen Spitze steht ein Mann, der so jung ist wie Sie: Francois-Henri Pinault. Ist man da schnell auf einer Linie, findet man da leicht Konsens?

Zeitz: Es gibt Diskussionen und viele konstruktive Gespräche, aber strategisch sind wir immer einer Meinung. PPR ist kein Finanzinvestor, der auf kurzfristige Gewinn-Maximierung aus ist. Als strategischer Investor ist der Konzern daran interessiert, langfristig in die Marke und das Image von Puma zu investieren.

SZ: Bei Puma gab es seit 1990 viel Bewegung im Aktionärskreis. Sind auch die Franzosen nur eine Übergangslösung?

Zeitz: Nein, Puma ist bei PPR in einen sicheren Hafen eingelaufen. Wir fühlen uns in dem Konzern bestens aufgehoben.

SZ: Aber für den Handelskonzern war es kein gutes Geschäft, PPR ist bei 330 Euro je Aktie eingestiegen, heute liegt das Puma-Papier bei 236 Euro.

Zeitz: Zum Zeitpunkt des Einstiegs von PPR lag der Kurs der Puma-Aktie bei 270 Euro, PPR zahlte dann einen Aufschlag auf 330 Euro. Also liegt die Aktie heute nicht weit unter dem Niveau vor dem Einstieg. Das ist bei weitem kein schlechtes Ergebnis, wenn man sich anschaut, wo die Aktien anderer Unternehmen heute notieren. Immerhin gab es seitdem ja auch eine Weltwirtschaftskrise, die ihresgleichen sucht.

SZ: Sie setzen auf Nachhaltigkeit. Steht nicht der Gewinn im Vordergrund?

Zeitz: Die negativen Auswirkungen, die Unternehmen auf die Umwelt haben, müssen beseitigt werden. Unternehmen, die nicht nachhaltig wirtschaften, werden außerdem langfristig vor großen Problemen stehen. Nachhaltigkeit gehört heute fest zur Marktpositionierung von Puma, sie ist sozusagen Teil der DNA. Da investieren wir auch Geld und Zeit, da nachhaltige Materialien beispielsweise mehr kosten. Aber wir haben bereits Einiges erreicht.

SZ: Wie weit sind Sie? Gibt es irgendwann den Turnschuh, den wir in die Umwelttonne werfen können?

Zeitz: Vollständig abbaubare beziehungsweise recyclebare Produkte sind unser ultimatives Ziel, denn dann haben wir 100 Prozent Nachhaltigkeit erreicht. Aber es wird leider noch dauern, bis es so weit ist. Fest steht: Wir sind heute Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit und wollen das auch langfristig bleiben.

SZ: Sie sind schon seit 1993 Puma-Chef, für 2009 haben Sie zum ersten Mal seit 14 Jahren einen Umsatzrückgang verkündet. Sind Sie ein Getriebener des Erfolgs?

Zeitz: Nein, ich bin kein Getriebener. Wenn, dann treibe ich mich selbst. Und ich bin jemand, der nicht gerne stillsteht.

SZ: 2008 haben Sie mehr als sieben Millionen Euro verdient, Sie waren damit einer der am besten verdienenden Manager in Deutschland. Für 2009 wird Ihr Gehalt nicht mehr ausgewiesen.

Zeitz: Sie können davon ausgehen, dass sich die Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr auch bei Puma in deutlich geringeren Vorstandsvergütungen ausgewirkt hat. Dafür gibt es schließlich Bonusregelungen. Insgesamt haben die sechs bestehenden und die im vergangenen Jahr ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder 2009 sieben Millionen Euro bekommen.

SZ: Wie viel davon entfällt auf Sie?

Zeitz: Das ist Teil meiner Privatsphäre. Gewisse Persönlichkeitsrechte sollten auch für Vorstandsvorsitzende gelten.

SZ: Ihr Vertrag läuft noch bis 2012, dann sind sie fast 20 Jahre im Amt. Was kommt danach?

Zeitz: Die Frage stelle ich mir gar nicht. Als Puma-Chef mache ich jeden Tag etwas Neues.

Am 6. April 1963 wird Jochen Zeitz in Mannheim geboren, er entstammt einer Arztfamilie und wollte eigentlich Chirurg werden, doch 1982 wechselte er zur Betriebswirtschaftslehre, spezialisierte sich auf Marketing. Seine Karriere begann er 1986 bei Colgate-Palmolive. 1988 heuerte er bei Puma an. Dort wurde er 1993 mit 30 Jahren Vorstandsvorsitzender, als jüngster Chef einer börsennotierten deutschen Firma. Puma befand sich in einer tiefen Krise, Zeitz leitete eine schmerzhafte Sanierung ein. Im Sommer 2007 beteiligte sich der französische Konzern PPR mehrheitlich an Puma. 2009 machte der Sportartikler Puma mit 9000 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro.

© SZ vom 07.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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