Opel und GM:Frust in Rüsselsheim

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Die Opel-Chancen auf eine Zukunft ohne den alten Eigentümer waren so groß wie nie - doch inzwischen ist die Hoffnung auf eine Zukunft ohne GM unrealistisch.

Karl-Heinz Büschemann

Für die Belegschaft von Opel wie für das Management des traditionsreichen Autoherstellers muss es gruselig sein, auch in Zukunft an den ungeliebten Mutterkonzern General Motors (GM) gekettet zu sein. Die Chancen auf eine Zukunft ohne den alten Eigentümer waren so groß wie nie. Die Autokrise, die GM in die Insolvenz trieb und seine Rüsselsheimer Tochter zum notleidenden Empfänger von Staatsgeld aus Berlin machte, sollte die 80 Jahre alte Verbindung auflösen. Es wird wahrscheinlich so nicht kommen. GM hat es sich anders überlegt. Der US-Konzern will seine Tochter offenbar lieber behalten und sie nicht an das Konsortium aus dem österreichischen Zulieferer Magna und dem russischen Autobauer Gaz sowie der Moskauer Sberbank verkaufen.

Opel sollte eigentlich verkauft werden - doch voraussichtlich bleibt die Tochter im GM-Verbund. (Foto: Foto: AP)

Die Enttäuschung in Rüsselsheim ist verständlich. In den vergangenen 20 Jahren war die Beziehung zu Detroit extrem unglücklich. GM, der bis 2008 größte Autokonzern der Welt, hat sich zuletzt nur noch durch Missmanagement ausgezeichnet. Seine Manager ließen nicht nur jedes Gespür für den europäischen Markt und eine Marke wie Opel vermissen. Sie waren nicht einmal auf dem eigenen Markt erfolgreich. GM hat im Juni den wohl spektakulärsten Insolvenz-Fall in der US-Wirtschaft seit langem hingelegt und ist heute ein Staatskonzern.

Es ist aber verständlich, wenn das Management in Detroit die europäische Tochter behalten will. Es ist nachvollziehbar, dass die Amerikaner keine Lust haben, ihr Auto-Knowhow an einen unterentwickelten russischen Partner weiterzugeben, der unter Aufsicht der Moskauer Regierung zum modernen Autohersteller und potentiellen GM-Konkurrenten aufgerüstet werden soll. Merkwürdig ist allerdings, dass die Amerikaner mit dem Plan des Festhaltens an Opel so spät herausrücken. Sie haben die Bundesregierung wie die Belegschaft von Opel monatelang hinters Licht geführt.

Sollte sich GM noch vor der Bundestagswahl gegen den Einstieg von Magna entscheiden, wäre das ein Affront der Sonderklasse gegen die Bundesregierung. Die hat sich leichtfertig auf Magna festgelegt, obwohl diese Zusammenarbeit vorne und hinten keinen rechten Sinn ergibt. Aber auch der Betriebsrat hat sich zu früh hinter den Magna-Plan gestellt. Wenn er jetzt gegen GM wettert und mit Demonstrationen gegen die Mutter droht, sollte er bedenken, dass er vielleicht bald wieder mit den alten Chefs zusammenarbeiten muss. Auch wenn es gruselig ist.

© SZ vom 05./06.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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