Opel:Kroes - von der Hassfigur zur Hoffnungsträgerin

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Opel-Betriebsratschef Franz fordert EU-Kommissarin Kroes zum Handeln auf. Er befürchtet, Staatshilfen von EU-Ländern könnten deutsche Standorte benachteiligen.

Es gab einmal eine recht eindeutige Marschroute in der Causa Opel - zumindest aus deutscher Sicht. Der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna sollte den deutschen Autohersteller von General Motors (GM) übernehmen und dafür milliardenschwere Staatshilfen bekommen.

EU-Kommissarin Kroes soll verhindern, dass deutsche Opel-Standorte durch Staatshilfen von EU-Ländern benachteiligt werden - so wünscht es sich Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. (Foto: Foto: Reuters)

Im Gegenzug gab Magna ein Bekenntnis zu den deutschen Standorten ab und versprach, kein Werk in der Bundesrepublik werde geschlossen. Flankiert wurden diese Vorgänge von lautstarken Äußerungen deutscher Politiker, Staatsgeld aus Deutschland werde es nur geben, wenn Magna denn auch zum Zuge komme. Auch die Arbeitnehmervertreter hatten sich für den Zulieferer ausgesprochen.

Bekanntlich hat dieses Vorgehen auch die EU auf den Plan gerufen, Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes schrieb einen Brandbrief nach Berlin - dessen Aussage: Es gebe "deutliche Hinweise", dass die zugesagten Staatshilfen für Magna nicht den europäischen Wettbewerbsregeln entsprächen. Für ihr Einschreiten hatte Kroes auch Kritik einstecken müssen.

Nun ist alles anders gekommen - auch wegen des Briefes aus Brüssel. GM wird Opel behalten und in Eigenregie sanieren. Und prompt regt sich bei den deutschen Arbeitnehmern die Sorge, ihre Standorte könnten benachteiligt werden. So hat sich nun offenbar Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz an Kroes gewandt und ein Eingreifen der Brüsseler Behörde verlangt, berichtet das Handelsblatt. Sein Wunsch: Unter den neuen Umständen müsse alles getan werden, um zu verhindern, dass Mitgliedsländer Staatshilfen anböten, um Arbeitsplätze in ihren Ländern zu sichern, heißt es in dem Bericht.

Erst protegierten die Deutschen den Investor, der die deutschen Standorte alle erhalten wollte, nun fürchten sie den Protektionismus von anderer Seite - und mittendrin steht die EU, die eine klare Position hat. Mehrfach hat die EU-Wettbewerbsbehörde bereits betont, dass mögliche Staatshilfen nicht an Zusagen über einen Arbeitsplatzerhalt geknüpft werden dürften - egal, in welchem Land. Klar ist aber auch: Ohne öffentliche Hilfen dürfte es GM äußerst schwerfallen, die harte Restrukturierung bei Opel zu stemmen, dies hatte die Ratingagentur Moody's erst kürzlich gemutmaßt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, die Hauptlast der Opel-Sanierung müsse GM mit eigenem Geld bezahlen. Bund und Länder seien aber grundsätzlich zur Hilfe bereit.

Am Montag hatte die EU-Kommission mitgeteilt, sie erwäge die Einberufung eines Ministertreffens zur Zukunft von Opel. Vertreter der europäischen Länder mit Opel-Standorten sind schon mehrfach in Brüssel zusammengekommen.

Magna hofft auf GM-Aufträge

Unterdessen setzt GM-Chef Fritz Henderson seine Gespräche in Rüsselsheim fort. Nach dem Scheitern des Magna-Deals möchte der US-Konzern die Kosten in Europa drastisch senken und etwa 10.000 Stellen streichen. Der Konzern erwägt auch die Schließung mehrerer Werke. Der Betriebsrat lehnt dies ab und fordert die Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft sowie mehr Mitbestimmungsrechte.

Offenbar wird GM seiner deutschen Tochter auch mehr Eigenständigkeit zugestehen.

Neue Aufträge von GM erhofft sich indes der beim Ringen um Opel leer ausgegangene Bieter Magna. "Wir haben Aufträge von GM und es gibt keinen Grund, warum wir nicht auch neue erhalten sollten", sagte Magna-Co-Chef Siegfried Wolf dem Handelsblatt. In den vergangenen Monaten habe sich eine gute Basis entwickelt, die eine Grundlage für gute Geschäfte sein könne.

Forderungen gegen GM

Verschlechtert hat sich dagegen die Stimmung zwischen Magna und anderen Kunden. BMW und Volkswagen hatten öffentlich eine weitere Vergabe von Aufträgen an den Zulieferer in Frage gestellt, sollte Magna Opel übernehmen. Trotz des geplatzten Deals muss dem Handelsblatt zufolge Magna um seinen VW-Auftrag für den nächsten Porsche Boxter bangen.

Der geplatzten Übernahme von Opel trauert Wolf nicht hinterher. Zwar sei Magna "natürlich überrascht und enttäuscht - aber Sie wissen, im Geschäftsleben müssen Sie Entscheidungen, wenn sie getroffen worden sind, so nehmen wie sie fallen". Allerdings fordert Magna von GM bereits investiertes Geld zurück. "Es war in der Tat eine große Summe, weil ja auch ein komplexes Thema zu lösen war", sagte Wolf dem ORF-Inforadio Ö1. Es gehe dabei um etwa 100 Millionen Euro, berichtete der ORF unter Berufung auf Kreise. Hintergrund der Forderung sei demnach, dass Magna für GM ein Rettungskonzept erarbeitet habe.

Auch bei der Sberbank, dem Magna-Partner, regt sich Ärger. Das Institut behält sich sogar rechtliche Schritte gegen General Motors vor. "Sollte es notwendig sein, sind wir vorbereitet, unsere Position vor Gericht zu verteidigen", sagte Konzernchef German Gref. Derzeit prüften Anwälte die juristischen Möglichkeiten. Noch gebe es aber auch viele Optionen, den Gang vor die Gerichte zu vermeiden.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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