Online-Handel:Paketlieferung direkt in den Kofferraum

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  • Die Post in Wien erprobt ein neues Modell: Die Paketzustellung ins Auto.
  • Dabei zeigt sich: Es ist nicht leicht, das Auto per GPS zu finden.

Von Varinia Bernau

Für alle, die oft im Internet ordern, aber selten zu Hause sind, ist es ein verlockendes Versprechen: Der Postbote deponiert das Paket im Kofferraum. Nie mehr vor der Post Schlange stehen, nie mehr vergeblich beim Nachbarn klingeln.

Verschiedene Firmen erproben derzeit, wie sie dieses Versprechen einlösen können: Erste Versuche hat Volvo in Schweden gestartet; in München haben sich Amazon, Audi und die Deutsche Post zusammengetan; in Wien hat die dortige Post zwei Monate lang Pakete an drei verschiedene Fahrzeuge zugestellt. Im Kofferraum steckte dabei eine Box, die über eine abgeschirmte Internetverbindung mit einem Kontrollsystem kommuniziert. Dort bittet der Postbote per Klick darum, den Kofferraum zu öffnen. Sobald das System geprüft hat, dass der Autobesitzer auch derjenige ist, der das Paket bestellt hat, springt der Deckel auf. Das Ganze dauert nicht einmal zwei Sekunden.

Schwieriger ist es für den Postboten, das Auto per GPS zu finden, erzählt Alexander Decker, der für die Telekom das Pilotprojekt in Wien technisch betreut hat. In Garagen, so die Erfahrung, könne man kaum zustellen. Auch in die Straßenschluchten zwischen alten Gebäuden dringen diese Signale nicht immer durch. Die Experten aus anderen Tests schätzen, dass nur jeder Zwanzigste dort parkt, wo sein Wagen auch zügig zu finden ist.

Und wie so oft in der vernetzten Welt wird derzeit vor allem um eine Frage gefeilscht: Wer verdient bei diesen Kooperationen etwas? Schon heute sind viele Fahrzeuge ständig online. Die Hoheit über die Technik aber hat der jeweilige Autohersteller, den Zugriff will er nur gegen eine Gebühr gewähren. Für einen Online-händler, der seinem Kunden Lieferung in den Kofferraum anbieten möchte, könnte einiges zusammenkommen, wenn er an jeden Autohersteller einzelne Gebühren abtreten muss. Und dass sich der Kunde für mehr als 100 Euro eine Box kauft, die in allen Fahrzeugen funktioniert, gilt als utopisch. Auch die Post zögert, diese Ausstattungskosten zu übernehmen.

Deshalb hat die Telekom für ihre Technik nun erst einmal Geschäftskunden gewonnen: In Wien, so erzählt Decker, werden sie diese auf einer Baustelle einsetzen, wo derzeit 25 000 neue Wohnungen entstehen. "Da gibt es noch keine Straßen, die man ins Navi eingeben könnte", sagt er. Waschbecken auszuliefern, sei da äußerst mühsam. "Wenn der Lieferant den richtigen Teil der Baustelle nach langem Herumkurven gefunden hat, ist der Klempner vielleicht gerade ganz woanders." Wenn der Zusteller die Bauteile in einen Transporter legt, spart das Zeit, Nerven - und damit auch Geld.

Wenn es beim Klempner gut läuft, so die Hoffnung, schwinde die Skepsis beim Privatmann. Der müsste, so das derzeitige Szenario, bereits bei der Bestellung etwa eines Buches anklicken, ob er sich das in den Kofferraum liefern lassen will. Am Morgen, wenn der Postbote seine Pakete zusammenstellt, wird der Kunde informiert - und könnte auch noch widersprechen. Nach einer Umfrage in den USA, aber auch in EU-Ländern wie Deutschland und Frankreich sind elf Prozent der Bürger bereit, ihren Kofferraum als Briefkasten zu nutzen.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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