Nach der Wahl in Italien:Ratingagentur Moody's erwägt Herabstufung Italiens

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Welche Auswirkungen wird die politische Blockade nach der Wahl in Italien auf die Kreditwürdigkeit des Landes haben? Auf einem Marktstand in Rom ist eine Jacke mit dem Aufdruck "Italia" für zehn Euro im Angebot. (Foto: dpa)

Der Ausgang der Wahl wird zur Belastung für Italien. Die Ratingagentur Moody's teilt mit, die instabile politische Lage wirke sich negativ auf die Kreditwürdigkeit aus. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück kommentiert die Situation in Italien auf seine Weise und spottet über den Wahlerfolg zweier "Clowns".

Wegen der instabilen politischen Lage droht Italien eine Herabstufung durch die Ratingagentur Moody's. Moody's teilte am Mittwoch mit, der Ausgang der Wahl wirke sich negativ auf die Kreditwürdigkeit aus, weil Neuwahlen und damit eine noch längere Phase der politischen Instabilität im Raum stünden.

Bei weiteren Entwicklungen, die den wirtschaftlichen Aussichten des krisengeschüttelten Landes schadeten oder auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Reformen hindeuteten, werde Moody's eine Herabstufung der Bonität erwägen, erklärte die Agentur weiter. Moody's bewertet Italien seit Juli 2012 mit "Baa2". Der Ausblick ist negativ.

Zuvor hatte die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) erklärt, die Wahl in Italien habe bislang keinen Einfluss auf die Bonitätsnote des Landes. "Wir sind der Ansicht, dass die politischen Entscheidungen der nächsten Regierung (...) der wichtigste Faktor für die Kreditwürdigkeit Italiens sein werden", teilte die Agentur mit. Die Finanzmärkte fürchten wegen der unklaren Machtverhältnisse in Rom ein Wiederaufflammen der Euro-Schuldenkrise.

Steinbrück nennt Berlusconi "Clown"

Scharfe Kritik übte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück: "Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben", sagte Steinbrück am Dienstagabend. Er spielte damit auf das Abschneiden des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und des Spitzenkandidaten der Protestbewegung, Beppe Grillo, an. "Mein Eindruck ist, dass zwei Populisten gewonnen haben", meinte Steinbrück auf einer Wahlveranstaltung seiner Partei. Der Ausgang der Wahl werde "zu einem größeren Problem in der Euro-Zone beitragen".

EU-Kommissar Günther Oettinger dringt auf eine rasche Regierungsbildung in Italien. Es sei "sehr wichtig", dass in Rom rasch eine Regierung gebildet werde, sagte der EU-Energiekommissar dem Handelsblatt. Dann werde sich auch die Lage an den Finanzmärkten beruhigen. "Italien hat der EU versprochen, sein Haushaltsdefizit weiter zu senken", sagte Oettinger. Das Versprechen gelte auch für die neue Regierung. Ein so hoch verschuldetes Land habe "keine Alternative" zur Haushaltssanierung sowie zu Arbeitsmarktreformen.

Schäuble nennt Situation in Italien ein "Problem"

Zuvor hatte bereits Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Italiens Politiker aufgefordert, sich ihrer Verantwortung für das Land und für Europa zu stellen. Ein solches Wahlergebnis sei ein Problem, sagte er am Dienstagabend im ZDF- Heute Journal. "Es liegt nun an den politisch Verantwortlichen in Italien, aus diesem Wahlergebnis das zu machen, was das Land braucht - nämlich eine stabile Regierung, die den erfolgreichen Kurs der Reformen fortsetzt."

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, warnte vor Neuwahlen in Italien. Diese seien "sehr riskant", sagte er der Saarbrücker Zeitung. Neuwahlen, wie sie angesichts der Pattsituation nach den Parlamentswahlen ins Gespräch gebracht worden waren, könnten "zu einem langen Stillstand führen, der Zeit und Geld kostet", sagte der Chef der Jungen Union. Jetzt sei "eine nationale Anstrengung aller politischen Kräfte" nötig.

Präsident Napolitano gibt sich gelassen

Während Experten vor einem Wiederaufflammen der Euro-Staatsschuldenkrise warnen, versuchte Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano am Dienstagabend die Sorgen der internationalen Gemeinschaft zu zerstreuen. Er sei guter Dinge und der Ansicht, die italienischen Wähler hätten eine souveräne Entscheidung getroffen. "Es sind manchmal kalte Zeiten, und für den Präsidenten eines südlichen Landes wird auch das zu meistern sein", sagte Napolitano in München zum Auftakt eines mehrtägigen Staatsbesuchs in Deutschland. Er sei überzeugt, dass die Regierungsbildung im Interesse des Gemeinwohls gelingen werde.

Napolitano muss nach dem knappen Wahlsieg des Mitte-links-Bündnisses um Pier Luigi Bersani im Abgeordnetenhaus mit allen Beteiligten über das weitere Vorgehen beraten und schließlich entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt. Bersanis Bündnis hatte zwar auch im Senat einen knappen Vorsprung vor dem Mitte-rechts-Lager des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und der "Fünf Sterne"-Protestbewegung des Komikers Beppe Grillo behaupten können. Da er aber auch mit seinem Wunschpartner, dem bisherigen Regierungschef Mario Monti vom bürgerlichen Bündnis der Mitte, in dieser Kammer nicht auf eine Mehrheit kommt, ist ein Regieren in dieser Zusammensetzung praktisch unmöglich.

Bersani forderte am Dienstag sowohl Berlusconi und wie auch Grillo zur Übernahme von Verantwortung auf. "Wir haben nicht gewonnen, auch wenn wir vorne liegen", zeigte er sich enttäuscht über das Abschneiden seiner Partei und das Patt nach der Wahl.

© Süddeutsche.de/Reuters/afp/dpa/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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