Metro treibt Übernahme voran:5000 Jobs bei Karstadt auf der Kippe

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Arcandor am Abgrund: Ein Kredit der Staatsbank KfW soll den Konzern nach dem Willen der SPD retten - zugleich forciert Konkurrent Metro seine Übernahmepläne für Karstadt.

Der Vorstandschef des Handelskonzerns Metro, Eckhard Cordes, wird einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge bis Ende der Woche mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) über eine mögliche Übernahme von 60 Karstadt-Warenhäusern sprechen. Cordes will die angeschlagene Warenhauskette mit der konzerneigenen Kaufhof-Kette zusammenlegen.

Arcandors Zukunft ist weiter ungewiss. (Foto: Foto: dpa)

Dabei sollen nach den Informationen der Zeitung aus Koalitionskreisen der 40 (30 Karstadt-Häuser und zehn Filialen von Galeria Kaufhof) der dann insgesamt 206 Warenhäuser geschlossen werden. Von diesen 40 bedrohten Standorten könnten aber 20 Häuser als Elektromärkte, zum Beispiel Saturn, oder von anderen Handelsfirmen weitergeführt werden. Bei einem Zusammengehen beider Warenhaus-Unternehmen müssten 5000 Vollzeitkräfte abgebaut werden, schrieb das Blatt weiter.

Die Zeit drängt

Metro-Finanzvorstand Thomas Unger sagte der Tageszeitung Die Welt: "Wir sind sicher, dass wir von den 90 Häusern 60 übernehmen und in unser Galeria-Kaufhof-Konzept integrieren können". Damit gebe der Konzern "dem weit überwiegenden Teil der Karstadt-Beschäftigten eine gesicherte Zukunft", so Unger. Ende Juli könnte das erste Gerüst einer Deutschen Warenhaus AG stehen. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hatte den Metro-Vorschlag bisher abgelehnt.

Unterdessen drückt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer aufs Tempo. Angaben des CSU-Politikers zufolge bleiben zur Rettung des Arcandor-Konzerns nur noch wenige Tage. "Nächste Woche stehen Problemen mit den Banken an. Also bis Anfang nächster Woche muss eine Entscheidung fallen", sagte Seehofer am Mittwochabend nach einem Gespräch mit Vertretern von Betriebsrat und Firmenleitung in Nürnberg. Daher dränge die Zeit für eine Rettung des Konzerns.

Arcandor hofft auf eine Staatsbürgschaft von 650 Millionen Euro und einen Kredit über 200 Millionen Euro. Für diese Hilfen demonstrierten am Mittwoch rund 4000 Beschäftigte des Arcandor Versandhändlers Quelle und Karstadt in Nürnberg.

Steinbrück: Weiter "vorurteilsfrei" prüfen

Unterdessen werden jedoch Forderungen aus der Politik nach einem stärkeren Engagement der Eigentümer lauter. Die EU-Kommission äußerte am Mittwoch erhebliche Zweifel daran, dass Arcandor (ehemals KarstadtQuelle) erst seit der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise in Problemen steckt. Die Kriterien für die Staatshilfen seien damit nicht erfüllt. Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes teilte mit, nach Analyse der vorliegenden Informationen sei Arcandor "nicht förderungswürdig, weil der Konzern schon vor dem 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen ist".

Auch die Bundesregierung ließ durchblicken, dass Arcandor damit wohl nicht mehr auf den Notfonds setzen kann. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte in Reaktion auf die Nachrichten aus Brüssel, dies habe zur Folge, dass Arcandor keine Hilfen aus dem Deutschlandfonds bekommen könne. Arcandor müsse stattdessen Rettungs- oder Umstrukturierungshilfen prüfen. Diese wären aber mit deutlichen Kürzungen bei den Kapazitäten und Arbeitsplätzen verbunden. Guttenberg mahnte eine "Investorenlösung" an. Eine Übernahme der zu Arcandor gehörenden Karstadt-Kette durch den Metro-Konzern bezeichnete Guttenberg im Deutschlandfunk als "einen interessanten Weg".

Auch Arcandor ist nun bereit, mit dem Konkurrenten über die Zusammenlegung von Kaufhof und Karstadt zu sprechen. Beide Seiten hätten inzwischen ein Spitzengespräch dazu vereinbart, sagte ein Arcandor-Sprecher. Das Gespräch soll in der kommenden Woche stattfinden. "Es muss ein gemeinsames Konzept erarbeitet und geprüft werden, ob die Zusammenlegung der Warenhäuser eine Option ist", sagte Koslowski. Gleichzeitig müssten solche Gespräche aber auf gleicher Augenhöhe stattfinden.

Sal. Oppenheim bietet Aktien als Sicherheit

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte dagegen, die Staatshilfen für Arcandor weiter "vorurteilsfrei" zu prüfen. Die SPD hält an staatlichen Hilfen für Arcandor fest - und spielt nach Informationen der Financial Times Deutschland (FTD) zugleich eine Fusion der Arcandor-Tochter Karstadt mit dem Rivalen Kaufhof durch. Nach Informationen des Blattes lotet die Parteispitze derzeit aus, ob der Handelskonzern abseits des Deutschlandfonds einen Überbrückungskredit direkt bei der Staatsbank KfW erhalten kann. In Regierungskreisen sei das Volumen auf gut 300 Millionen Euro beziffert worden. Die Finanzspritze solle Arcandor in die Lage versetzen, mit der Kaufhof-Mutter Metro "auf Augenhöhe zu verhandeln".

Arcandor-Hauptaktionär Sal. Oppenheim bietet unterdessen Arcandor-Aktien für eine mögliche Bürgschaft an. "Im Gegenzug für die Staatsbürgschaft geben wir dem Staat unser Aktienpaket als Sicherheit", zitierte der Tagesspiegel einen Sprecher der Privatbank. Wenn Arcandor die Bürgschaft nicht mehr brauche, solle die Bank ihre Anteile zurückbekommen. Oppenheim hält seit einer Kapitalerhöhung im Herbst vergangenen Jahres knapp 30 Prozent an Arcandor.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/ihe/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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