Baumwolle:Preisrally im Kleiderschrank

Die Lager sind leer, die Nachfrage steigt: Die weltweite Baumwoll-Knappheit schlägt auch auf die deutsche Modebranche durch. Jeans könnten bald teurer werden.

Sonja Peteranderl

Vielleicht eine neue Levi's-Jeans, vielleicht darf es auch ein T-Shirt sein: Wer sich auf die nächste Modesaison freut, hat selten den globalen Rohstoffmarkt im Blick. Doch die Entwicklungen bei Agrarrohstoffen betreffen den eigenen Kleiderschrank - denn Stücke aus Baumwolle könnten bald teurer werden.

Die Modebranche könnte die steigenden Baumwollpreise bald auf Jeans und Co. aufschlagen.

Die Modebranche könnte die steigenden Baumwollpreise bald auf Jeans und Co. aufschlagen.

(Foto: ddp)

Die wichtige Naturfaser ist auf dem Weltmarkt äußerst knapp. Die Preise schießen in die Höhe und haben sich in den vergangenen zwölf Monaten verdoppelt. Händler zahlten kürzlich an den Terminbörsen fast 97 Cent pro Pfund, um sich Lieferungen im Dezember zu sichern - und damit so viel wie seit 15 Jahren nicht mehr. Länder wie China und Indien verschärfen den Engpass, indem sie Baumwolle bunkern.

Die Rohstoff-Rally hat inzwischen auch die deutsche Modebranche erreicht. Die aktuellen Beschaffungsschwierigkeiten seien "ein Grund zur Besorgnis", sagte Felix Ebner, Referatsleiter Außenhandelspolitik beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, zu sueddeutsche.de. Die starken Preiszuwächse würden die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen.

Leere Lager

Das Überangebot an Baumwolle hatte in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass die Preise fielen - vor einem Jahr notierten sie zwischen 40 und 50 Cent. Auch die Zurückhaltung der Verbraucher in der Wirtschaftskrise wirkte sich negativ auf die Nachfrageentwicklung aus.

Die Überkapazitäten und der niedrige Preis führten dazu, dass Farmer sich zunehmend auf lukrativere Produkte wie Getreide oder Pflanzen zur Bioenergiegewinnung konzentrierten. In den USA, die neben China, Indien und Pakistan zu den größten Baumwolllieferanten zählen, hatten sich die Anbauflächen für Baumwolle sogar halbiert.

Diese Ausweichstrategie ist der Grund für den aktuellen Boom: "Während die weltweiten Lagerbestände sinken, haben die Nachfragemengen mit der Weltkonjunktur allen voran in China stark zugenommen", erklärte Felix Ebner. Nach Überschwemmungen und schlechten Baumwollernten kauft China nun die Bestände anderer Länder leer.

Auch Börsenspekulationen sowie Exportbeschränkungen der wichtigen Baumwollerzeuger Indien und Pakistan treiben den Preis nach oben. Indien hatte sogar zeitweise ein Ausfuhrverbot verhängt - dieses dann aber wieder aufgehoben.

Der Verband der indischen Textilindustrie, Citi, hat kürzlich nachgelegt und in einem offenen Brief an Premierminister Manmohan Singh gefordert, dass die Vorteile indischer Baumwolle der heimischen Textilindustrie zugutekommen sollten - und nicht den Fabrikanten in China, Pakistan oder Bangladesch. Die indische Regierung hatte zuvor schon angekündigt, den Baumwollexport bis September 2011 auf eine Million Tonnen und damit ein Fünftel der erwarteten Ernte zu reduzieren.

Schlechte Aussichten für die Käufer

Die Bremer Baumwollbörse sieht noch kein Ende des Booms und geht davon aus, dass die Preise "fest bis steigend" bleiben. "Zwar wird die künftige Ernte voraussichtlich größer ausfallen, doch der Verbrauch von Baumwolle steigt ebenfalls weiter", sagte die Sprecherin der Bremer Baumwollbörse.

Auch das Welt-Baumwollkomitee ICAC rechnet damit, dass sich die Produktion in der Saison 2010/2011 um 15 Prozent auf gut 25 Millionen Tonnen steigern lässt. Dem US-Landwirtschaftsministerium zufolge wird die weltweite Nachfrage in diesem Zeitraum auf mehr als 26 Millionen Tonnen anwachsen.

Die deutsche Textil- und Modebranche würde derzeit noch zögern, die Preissteigerungen an industrielle Kunden und die Verbraucher weiterzugeben, sagte Felix Ebner vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie. Die Konkurrenz zwingt die Anbieter zwar zu günstigen Angeboten. Dennoch sind die Aussichten für Fans von 100-prozentiger Baumwollkleidung schlecht.

Rohstoffe und Vormaterialien wie Fasern und Garne machen einen Großteil der Produktionskosten von Textilien aus, zudem sind die Gewinnmargen durch den starken Wettbewerb gering. Den Unternehmen fehlt der Spielraum, um steigende Preise aufzufangen.

Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modebranche erwartet, dass neue Kollektionen mit hohem Baumwollanteil um bis zu fünf Prozent teurer werden könnten. Amerikanische Unternehmen wie der Jeansproduzent Levi Strauss oder der Wonderbra-Hersteller Hanesbrands hatten bereits im Juli kapituliert - und eine Anpassung ihrer Preise angekündigt.

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