Handwerk:Wie sich ein Bäckermeister gegen die billige Konkurrenz durchsetzt

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Bäcker Thomas Hacker in seiner Backstube: "Hier riecht es ja wie früher", sagen Kunden. (Foto: Regina Schmeken)

Viele Traditionsbetriebe haben längst aufgegeben. Doch wer durchgehalten hat, wird jetzt belohnt - gutes Brot ist gefragt wie lange nicht.

Von Pia Ratzesberger

Es ist Nacht, kurz vor drei Uhr, doch die ersten Kunden klopfen bereits ans Fenster. Das ist oft so, Polizisten auf Streife kaufen dann Schrippen, Betrunkene auf dem Heimweg - jetzt zum Beispiel drei Mädchen, sie hätten gerne Splitterbrötchen. Die ersten Bleche hat Thomas Hacker fertig, noch warm vom Ofen. Er mischt heute mehr Butter in den Teig als vor der Wende, mehr Zucker, nur noch wenige in Berlin backen diese fettigen Brötchen. Er schon.

Erst hat Thomas Hacker, 48, in seiner Bäckerei im früheren Ostteil der Stadt nichts verändert, weil kein Geld da war, und jetzt verdient er genau deshalb Geld: weil er nichts verändert hat.

Der Gasofen ist immer noch der gleiche wie in der Zeit, als sein Vater noch in der Stargarder Straße backte, im Bezirk Prenzlauer Berg. Auch die Waage ist geblieben, die Eisengewichte. Die Rezepte sowieso. Keine einzige Notiz hängt an der Wand, Hacker muss nicht nachsehen, wenn er den Zucker unter die Apfelstücke rührt, wenn er den Puffreis zuschüttet. Wenn er die Kuchen in die Hitze schiebt. Er hat alles im Kopf. "Es ist ja gut, dass sich was verändert, aber es muss auch was bleiben. Und das sind wir", sagt Hacker.

Der Duft von frisch gebackenem Brot ist selten geworden

Tausende Geschäfte wie dieses haben in den vergangenen Jahren aufgegeben. Brot war plötzlich überall zu haben, an der Tankstelle, im Discounter, im Aufbackshop - "Bräunungsstudios" nennt Hacker solche Läden verächtlich. Sie verkaufen an der S-Bahn-Station weiter ihre billigen Schrippen, doch er merkt: Es kommen wieder mehr Menschen zu ihm. Sie bleiben vor dem Schaufenster stehen, blicken durch den Laden, hinter in die enge Backstube. "Hier riecht es ja wie früher", sagen sie dann. Der Duft von frisch gebackenem Brot ist selten geworden und das in einem Land, das mehr als 3200 Sorten kennt. Die Arbeit von Bäckermeistern ist deshalb so gefragt wie lange nicht mehr.

Thomas Hacker zieht das schwere Holzbrett mit den Kuchen aus dem Ofen, hievt es hinüber ins Regal, er und seine drei Männer haben nicht viel Zeit. Die Theke muss voll sein in ein paar Stunden, wenn der Laden öffnet, das immer gleiche Programm. "Bald haben wir's geschafft, wa Jungs", sagt Hacker. Neben ihm steht sein Sohn, Marvin, der bereitet schon den nächsten Teig vor - irgendwann wird er das Geschäft wahrscheinlich übernehmen. Marvin hat die Lehre bei seinem Vater gemacht. Wie Thomas Hacker vor ihm. Es hat sich nicht viel verändert, in der Stargarder Straße 69.

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