Griechenland:Die Troika ist zurück

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Alexis Tsipras, 40, kann sich der Gefolgschaft seines Parteienbündnisses nicht mehr sicher sein. (Foto: Thanassis Stavrakis/AP)

Der griechische Finanzminister Tsakalotos will jetzt in Athen mit den Gläubigern verhandeln. Es passiert das, was Regierungschef Tsipras immer verhindern wollte.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Geht es nach dem neuen griechischen Finanzminister, dann landet die Troika an diesem Freitag in Athen. Euklid Tsakalotos will so schnell wie möglich mit den Institutionen verhandeln. Bis spätestens 20. August soll das dritte Hilfspaket stehen - an diesem Tag muss Griechenland knapp 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen. Doch bis es so weit ist, muss sich der Minister mit den Unterhändlern von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) an einen Tisch setzen. Es passiert also das, was Athens Regierungschef Alexis Tsipras mit aller Macht verhindern wollte, aber nicht konnte: Die Troika, die ja nicht mehr so heißen soll, kehrt faktisch zurück nach Griechenland.

In der Nacht zum Donnerstag stimmten 230 Abgeordnete des griechischen Parlaments für weitere Verhandlungen mit den Gläubigern. 63 waren dagegen, darunter 31 von Tsipras' Partei Syriza. "Der Spalt ist klar sichtbar", sagte Regierungssprecherin Olga Gerovasili. Und Staatsminister Nikos Pappas sagte, der Riss durch die Partei sei bedauerlicherweise bestätigt worden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Tsipras die Regierungsmehrheit verliert. Bereits bei der Abstimmung zur Billigung von Reformmaßnahmen in der vergangenen Woche gab es Abweichler in der eigenen Partei. Damals zählte auch Yanis Varoufakis dazu, der ehemalige Finanzminister. Nach seinem Nein stimmte er aber nun mit Ja. Er wolle Tsipras in diesen schwierigen Zeiten helfen, so Varoufakis, an einen Erfolg des Programms glaube er aber nicht.

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Premier Tsipras erhält aus der eigenen Fraktion mehr Unterstützung als zuletzt. Die Zahl der Abweichler im Syriza-Lager bleibt aber beachtlich.

Wie es aussieht, droht Syriza die Spaltung. Der linke Parteiflügel liebäugelt nach wie vor mit einer Rückkehr zur Drachme. Kein Wunder also, dass die Athener Zeitung Ta Nea die Abweichler "Drachmisten" nennt. Um sie will sich Tsipras aber erst nach einer Einigung mit der Troika kümmern. Erst gehe es um eine solide Basis für Griechenlands Zukunft, sagte er in der Parlamentsdebatte, danach werde er das innerparteiliche Problem angehen. Bis es so weit ist, muss der Athener Regierungschef eine von der Opposition geduldete Minderheitsregierung führen. Eines werde er aber auf keinen Fall, so Regierungschef Tsipras: Die "Bastion" seiner linken Regierung werde er nicht freiwillig aufgeben. Fragt sich, was schwieriger ist: die Abweichler überzeugen oder mit der Troika verhandeln?

Fest steht jedenfalls, was Tsipras will: 82 bis 86 Milliarden Euro. So steht es im Beschluss des Euro-Gipfels, so groß ist der Finanzierungsbedarf Griechenlands. Wobei in Brüssel bereits höhere Summen genannt werden, von 100 Milliarden Euro ist die Rede. Die Verhandlungen mit der Troika haben zunächst zwei Ziele: einmal den Darlehensvertrag mit dem Euro-Rettungsfonds ESM und ein sogenanntes Memorandum of Understanding, in dem die Bedingungen für die finanzielle Hilfe und Überprüfungstermine festgehalten sind.

Sollten sich die Unterhändler bis Mitte August nicht einigen, bräuchte Athen eine weitere Brückenfinanzierung. Bereits am Montag hatte Griechenland eine solche bekommen: sieben Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds EFSM. Eine erneute Zwischenhilfe wäre ohne Probleme machbar, denn im Beschluss des Euro-Gipfels ist der Finanzierungsbedarf in Höhe von zusätzlich fünf Milliarden Euro bereits aufgeführt. Und die liegen noch im EFSM.

Die Debatte über einen möglichen Schuldenschnitt erregt noch immer die Gemüter. In einem Interview mit der belgischen Zeitung Le Soir hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Irland, Spanien und Portugal kritisiert. Diese Länder hätten ein von ihm vorgeschlagenes Datum abgelehnt. "Ich habe Tsipras vor Monaten gesagt, dass man die Schuldenfrage lösen wird, wenn er die ersten Reformmaßnahmen durchgeführt hat", sagte Juncker, "in einem ersten Text, den die Griechen ablehnten, habe ich Oktober gesagt." Schließlich habe man das Datum gestrichen, weil einige Länder das nicht vor ihren Wahlen wollten.

© SZ vom 24.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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