Griechenland:Merkel lobt "konstruktives" Treffen mit Tsipras

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Gute Gespräche? Immerhin unterhielten sich Bundeskanzlerin Merkel und der griechische Premier Tsipras deutlich länger als geplant. (Foto: Andrea Bonetti/dpa)
  • Kanzlerin Merkel und Griechenlands Premier Tsipras treffen sich in Brüssel, das Gespräch dauert viel länger als geplant.
  • Merkel lobt die Unterhaltung anschließend als "konstruktiv", über Details ist aber Stillschweigen vereinbart worden.
  • EU-Diplomaten nehmen die deutsch-griechische Harmonie überrascht zur Kenntnis.

Von Cerstin Gammelin

Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras ist am Donnerstagnachmittag einige Minuten vor Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel angekommen. Dies ließ ihm genug Zeit, die Deutsche im Brüssler Ratsgebäude zu empfangen. Beide hatten sich vor dem Sondertreffen zu einem Gespräch über Auswege aus der dramatischen Schuldenkrise in Griechenland verabredet. Zehn Minuten sollte es dauern, am Ende saßen beide knapp eine Stunde zusammen.

Merkel bezeichnete das Treffen am Donnerstagabend als "konstruktiv". Man habe aber Vertraulichkeit über das Gespräch vereinbart. In jedem Fall müsse, so Merkel, alles getan werden, um eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands vor einer Einigung mit den internationalen Geldgebern zu verhindern. Aus der griechischen Delegation hieß es, für den 30. April sei jetzt noch ein Sondertreffen der Euro-Finanzminister vorgesehen - womöglich, um einen Teil der noch im laufenden Rettungsprogramm verbliebenen Finanzhilfen freizugeben. Die dafür nötigen Reformvorschläge könnten auf dem für diesen Freitag geplanten Treffen der Euro-Finanzminister in Riga besprochen werden.

Griechenland will offenbar, dass der ESM der EZB griechische Staatsanleihen abkauft

Wie am Donnerstagabend aus Athen verlautete, bereiteten auch die Experten der internationalen Kreditgeber Griechenlands, die sogenannte Troika, einen Vorschlag für eine Reformagenda vor, die sie Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis am Freitag präsentieren wollen. Eine Bestätigung der Euro-Gruppe gab es zunächst nicht. Die griechische Zeitung Kathimerini hatte berichtet, Athen wolle den Euro-Rettungsfonds ESM bitten, der Europäischen Zentralbank griechische Staatsanleihen abzukaufen. Athen müsste dann fällige Tilgungen an den ESM zahlen - diese wiederum könnten bei einstimmigem Beschluss der Euro-Finanzminister verschoben werden. Aus dem ESM hieß es, eine solche Anfrage sei nicht bekannt.

EU-Diplomaten nehmen die deutsch-griechische Harmonie auf höchster politischer Ebene überrascht zur Kenntnis. Noch im März hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beinahe täglich mit Tsipras telefoniert. Inzwischen heißt es in seinem Stab, er werde erst wieder zum Hörer greifen, wenn es politisch etwas zu entscheiden gebe.

Was steckt hinter der neuen Harmonie zwischen Deutschland und Griechenland?

Die Stille in Brüssel kann nur bedeuten, so heißt es bei der EU, dass die Telefone weiter östlich, in Berlin klingeln. Auffällig ist, dass auch die Geräuschkulisse aus Athen verstummt ist. Varoufakis tritt kaum noch in Erscheinung. Die Forderungen nach deutschen Reparationszahlungen sind verschwunden aus der öffentlichen Wahrnehmung. Als Tsipras am Donnerstag in Brüssel eintraf, sagte er einen Satz zur dramatischen Flüchtlingskatastrophe - sonst nichts. Ähnlich Merkel. Sie sagte Erwartbares zu den Flüchtlingen im Mittelmeer. Dass sie sich gleich mit Tsipras beraten werde, sagte sie nicht. Euro-Partner rätseln, was in Berlin und Athen besprochen wird. Einige glauben, dass die Treffen auch dazu dienen zu zeigen, dass man alles versucht habe, um Griechenland entgegenzukommen.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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