Griechenland-Kredite:Die Macht ist wieder dort, wo sie hingehört

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Verzocken Mario Draghi und Angela Merkel die Zukunft Europas? Das deutet diese Graffiti in Frankfurt an. (Foto: AFP)

Mit Notkrediten hat EZB-Chef Draghi Griechenland praktisch finanziert - ein gefährliches Spiel ohne Legitimation. Gut, dass er nun die Politik gezwungen hat, zu handeln.

Kommentar von Marc Beise

Nach so vielen schlechten Nachrichten aus Griechenland hier eine gute: Das Land, das jetzt drei Wochen am Rand des finanziellen Zusammenbruchs stand, meldete am Montag die Rückzahlung einiger Schulden. 4,2 Milliarden Euro bekommt die Europäische Zentralbank (EZB), 2,05 Milliarden Euro der Internationale Währungsfonds (IWF).

Allerdings ist das Geld nicht selbst verdient, sondern woanders geborgt. Zusammen 6,25 Milliarden Euro konnten deshalb an EZB und IWF fließen, weil Griechenland zuvor eine sogenannte Brückenfinanzierung in Höhe von 7,16 Milliarden Euro vom europäischen Rettungsfonds EFSM erhalten hat.

Zweifler kritisieren nun eine Finanzpolitik nach dem Motto "linke Tasche, rechte Tasche" und fragen, was eine Rückzahlung wert ist, wenn sie nur aus einem anderen Topf der Gläubiger kommt? Oh ja, sie ist eine Menge wert - weil sie Macht und Verantwortung wieder dorthin schiebt, wohin sie gehört: weg von der Notenbank, hin zur Politik. Das Geld aus dem EFSM ist staatliches Geld, bewilligt von den Mitgliedsländern, allen voran Deutschland, abgestützt durch einen Mehrheitsbeschluss des Deutschen Bundestages. Das kann man richtig oder falsch finden - es ist mehrheitlich so beschlossen worden und also sauber demokratisch legitimiert.

Hier die EZB, dort die Politik: Die Zuordnung stimmt wieder

Zuvor dagegen war Griechenland nur noch von der EZB am Leben gehalten worden, die über viele Monate immer höhere Zahlungen an die griechische Notenbank getätigt hat, die sogenannten Ela-Notkredite. Die Mehrheit im EZB-Rat hat, gegen die Stimmen deutscher Vertreter, den griechischen Staat praktisch finanziert. Am Ende, in der ganz kritischen Phase, als die Athener Regierung auf Konfrontationskurs zu den Euro-Partnern ging, wurde es selbst dem EZB-Präsidenten Mario Draghi zu mulmig, und er gab kein neues Geld mehr frei, Griechenland saß auf dem Trockenen.

Der Notenbanker spielte dabei ein gefährliches Spiel. Denn wäre Griechenland pleite gewesen, dann wäre Draghi die Ela-Politik um die Ohren geflogen. Dann hätte seine EZB gewaltige Geldsummen abschreiben müssen, mit allen Konsequenzen für die Steuerzahler der EZB-Staaten - und kein Parlamentarier hatte auf diese Entwicklung Einfluss.

Wenn amerikanische Ökonomen jetzt den Eindruck vermitteln, Griechenland werde von bösen Deutschen nach Lust und Laune kujoniert, verkennen sie nicht nur die sehr griechenlandkritische Position anderer europäischer Regierungen, sie offenbaren vor allem ihre Unkenntnis des Euro-Systems. Wer die Schließung der griechischen Banken und die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen eine Folge "des deutschen Drucks auf die Europäische Zentralbank" nennt, hat nichts begriffen. Von was auch immer die EZB-Ratsmehrheit getrieben worden ist, die Ela-Kredite erst hochzufahren und dann anzuhalten: Es war eine Entscheidung aus eigener Macht.

Diese Vorgehensweise hatte System: Wiederholt hat Draghi das Mandat der EZB bis an die Grenze des Zulässigen gedehnt, wahrscheinlich sogar darüber hinaus. Wenn am Ende alles gut geht, wird man daraus kein Drama machen dürfen, dann schlägt Pragmatismus Prinzipientreue.

Bisher kann sich Draghis Zwischenbilanz sehen lassen, zwei Runden hat er gewonnen. Sein anmaßendes Wort vom Euro, den man um jeden Preis retten werde, hat die Märkte auf Jahre beruhigt. Und nun hat er auch die Politik zurück aufs Spielfeld gezwungen. Wie immer dieses Ringen weitergeht, es basiert auf politischen Entscheidungen in Athen und in den Euro-Hauptstädten. Volkes Wille geschehe. Und die EZB kann sich hoffentlich bald wieder auf ihre eigentliche Rolle zurückziehen als Wächter des Geldes. Ein Anfang ist gemacht.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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