Google:Gemeinsam gegen den Giganten

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Die Milliardenstrafe der EU-Kommission wird den Internet-Konzern zwar ärgern, aber nicht aufhalten. Wenn Europa wirklich etwas erreichen will, muss es vor allem einig handeln.

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Einst war das Wissen der Welt in den großen Bibliotheken gespeichert. Bezahlt und betrieben wurden die in aller Regel nicht von Privatleuten, sondern vom Staat. Heute überlässt man es Google, das Wissen der Welt zu erschließen. Einer Firma, die das als Geschäftsmodell entdeckt hat und von der man deshalb auch nicht erwarten darf, dass sie überwiegend aus altruistischen Motiven und zum Wohle aller handelt. Glücklicherweise war es bisher so, dass Googles märchenhafter Aufstieg und der immer bessere Zugang der Menschen zu einer davor ungeahnten Informationsfülle weitgehend Hand in Hand gingen. Googles Erfolg beruhte auch nicht auf grundsätzlich unsauberen Methoden, sondern auf einer überlegenen Technologie und deren smarter Umsetzung.

Doch immer häufiger kam in den vergangenen Jahren der Verdacht auf, Google missbrauche die Macht, die sich aus seiner marktbeherrschenden Stellung ergibt. Nun hat die EU-Kommission dem Technologiekonzern Alphabet, zu dem die Tochter Google gehört, eine hohe Strafe auferlegt. Es ist die höchste überhaupt, die sie je gegen ein einzelnes Unternehmen verhängt hat: 2,42 Milliarden Euro soll Alphabet dafür zahlen, dass Google den eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen gegenüber solchen der Konkurrenz bevorzugt habe.

Wenige Konzerne dominieren heute das Internet

Kartellrechtlich gesehen geht die Entscheidung in Ordnung, zumal es sich die Kommission nicht leicht gemacht hat. Die Ermittlungen dauerten Jahre, unter anderem wurden dabei 1,7 Milliarden Suchanfragen ausgewertet. Die Kommission hat am Ende mit ziemlicher Wucht das einzig wirksame Mittel eingesetzt, das sie gegen internationale Konzerne in der Hand hat.

Das eigentliche Problem aber liegt woanders: In weiten Teilen der westlichen Welt dominieren wenige Firmen eine Technologie, die für die Menschheit schon heute unverzichtbar ist und deren Bedeutung künftig noch erheblich wachsen wird. Die Suche im Internet ist nur ein Teil davon, wenn auch ein wichtiger. Letztlich geht es um das Sammeln von Daten und deren Auswertung.

Rekord-Kartellstrafe
:Google muss 2,42 Milliarden Euro Strafe an die EU zahlen

Die EU-Kommission ist der Ansicht, der Konzern habe seine Macht im Werbegeschäft missbraucht.

Von Vivien Timmler

Dass sich mit der heute verfügbaren Technik aus unfassbar großen Datenhaufen sehr schnell wertvolle Erkenntnisse gewinnen lassen, ist für viele noch immer etwas, das sie sich kaum vorstellen können. Und doch wird es mehr und mehr eingesetzt - wie jede Technik zum Nutzen, aber auch zum Schaden der Menschen.

Die Milliardenbuße wird die Google-Mutter ärgern, aber nicht aufhalten

In der Zeit seit 2010, als die EU ihre Untersuchung gegen Google einleitete, hat der Konzern Umsatz und Gewinn vervielfacht. Die Milliarden, die Alphabet fast ausschließlich mit Internetwerbung verdient, erlauben es dem Unternehmen, auf nahezu allen Feldern tätig zu sein, in denen Daten eine Rolle spielen. Und derjenige ist dabei im Vorteil, der wie Alphabet/Google viele Daten hat und dazu die Kapazität, sie auszuwerten. Die Brüsseler Milliardenbuße wird Alphabet ärgern, aber nicht aufhalten. Bis der Fall endgültig entschieden ist und Geld fließt, kann es ohnehin noch Jahre dauern. Gleiches gilt für die beiden anderen, noch laufenden EU-Untersuchungen gegen Alphabet. Dabei geht es um Googles Mobil-Software Android und um Suchfenster auf Seiten von Drittanbietern.

Was aber könnten die Europäer mittel- und langfristig gegen die Datensammler tun? Nicht viel. Eine EU-Initiative für öffentliche Konkurrenten wäre teuer und schwierig, die Erfolgsaussichten mau - die Menschen nutzen ja Google, Facebook und Amazon, weil sie gut funktionieren. Wenn Europa wenigstens etwas gegen die mächtigen US-Konzerne erreichen will, muss es einig handeln. Das Wettbewerbsrecht ist ein Hebel, Datenschutz ist ein zweiter. Und: Konzerne sollten nicht auch noch innerhalb der Gemeinschaft Schlupflöcher zum Steuersparen nutzen dürfen.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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