Gemeinschaftswährung:Auch in der Krise wollen die Deutschen den Euro behalten

Lesezeit: 2 min

Viele halten hierzulande die Einführung der Gemeinschaftswährung zwar für einen Fehler. Doch mit rechtspopulistischer Euroskepsis kann man in Deutschland keine Wahlen gewinnen.

Niklas Schenck

Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik werden die Zukunft Europas entscheiden. Was treibt Spaniens protestierende Jugend an? Wie können Bildungssysteme voneinander lernen? Was wird aus dem Bologna-Prozess? Die Süddeutsche Zeitung widmet diesen Fragen ein Dossier, das in Zusammenarbeit mit El País , The Guardian , Gazeta Wyborcza , La Stampa und Le Monde entstanden ist. Das Dossier finden Sie auf dieser Seite.

Es gibt sie auch hierzulande. Jene Skeptiker, die sich offen dafür aussprechen, Deutschland müsse den Euro verlassen, müsse ein "Ende mit Schrecken" herbeiführen, anstatt um jeden Preis die Gemeinschaftswährung abzustützen. Hans-Olaf Henkel, früherer Vorsitzender des Bundes der Industriellen, sprach sich schon 2010 dafür aus, einen Nord- und einen Süd-Euro einzuführen.

Einen kompletten Ausstieg fordert der SPD-Politiker Thilo Sarrazin. "Europa braucht den Euro nicht", heißt das neue Buch des früheren Bundesbank-Vorstands, der 2010 mit Beiträgen zur Immigration provozierte.

In anderen Ländern kommen rechtspopulistische Euro-Gegner gut an, wie in den Niederlanden die Erfolge von Geert Wilders und seiner Partei der Freiheit zeigen. In Deutschland lassen sich bisher mit rechtspopulistischer Euroskepsis anscheinend keine Wahlen gewinnen - noch nicht einmal parteiintern. Diese Erfahrung musste auch der eurokritische Flügel der FDP machen: Die von ihm erzwungene parteiinterne Abstimmung über die Eurorettung scheiterte, weil weniger als ein Drittel der Mitglieder teilnahm. Und diejenigen 20.000 Mitglieder, die abstimmten, sprachen sich mehrheitlich für den Rettungsschirm aus.

Deutschland hat wie kein anderes Land vom Euro profitiert

Was aber heißt es dann, wenn das Umfrageinstitut Allensbach berichtet, mehr als 70 Prozent der Deutschen habe "wenig oder kein Vertrauen in den Euro"? Der Brüsseler Thinktank CEPS hat das genauer untersucht. So meinen die Befragten zwar, der Euro könne bald weniger wert sein. Aber sie glauben nicht, dass das mit dem Euro schneller geht als mit der D-Mark. Denn diese wünschen sich Jahr für Jahr weniger Bürger zurück, das zeigen andere Allensbach-Umfragen.

Selbst in der Krise sinkt die Zahl der Bürger, die die Mark zurück wollen; 44 Prozent waren es zuletzt, das ist der niedrigste Wert seit der Geburt des Euro. Und dass einer weiteren Umfrage zufolge jeder zweite Deutsche die Einführung des Euro für einen Fehler hält, heißt längst nicht, dass sie dafür sind, ihn heute aufzugeben.

Die Deutschen schätzen es, für ihren Urlaub keine Lira und Francs mehr horten zu müssen. Und Unternehmer haben immer wieder klar gemacht, dass sich für sie der Euro lohnt. Scheiterte er, würde die deutsche Exportwirtschaft einbrechen, weil die deutsche Währung bis zu 30 Prozent teurer würde. Unternehmen müssten ihre Buchführung wieder auf Einzelstandorte aufteilen, statt als europäische Konzerne zu agieren, was ihnen viel Geld spart. Und sie müssten sich plötzlich teuer gegen Schwankungen beim Umtausch in 17 europäische Währungen absichern. Das könnte hunderttausende Arbeitsplätze kosten.

Deutschland habe "vom Euro profitiert wie kaum ein anderes Land", sagt Kanzlerin Angela Merkel. Der Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, stimmt ihr zu: "Der Euro benötigt keinen Nachruf, sondern einen Weckruf."

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: