Fusion von PSA und Opel:Französischer Blitz

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Opel wird künftig gemeinsam mit dem PSA-Konzern agieren. Was das konkret bedeutet, soll an diesem Montag bekannt gegeben werden. (Foto: REUTERS)
  • Der Aufsichtsrat von PSA hat der Übernahme von Opel schon am Freitag zugestimmt, am Montagvormittag will PSA-Chef Carlos Tavares Eckpunkte der Einigung bekanntgeben.
  • Bis Jahresende soll der Zusammenschluss vollzogen sein. Aber es gibt Unklarheiten bezüglich der Jobzusagen für deutsche Opel-Mitarbeiter.
  • Ungewiss ist auch, was mit dem Entwicklungszentrum in Rüsselsheim passiert.

Von Max Hägler und Leo Klimm, München/Paris

Carlos Tavares hat dieses einprägsame deutsche Wort zuletzt immer häufiger benutzt: "Blitz"; ein Wort, das nicht nur gute Assoziationen auslöst, an den Zweiten Weltkrieg erinnert. Tavares, der Chef des französischen Autoherstellers PSA (Peugeot, Citroën), spricht gern vom "Product Blitz", eine Jargon-Vokabel der Autoindustrie, die so viel heißen soll wie "Produktoffensive". Aber Tavares weiß, dass der Blitz in Deutschland vor allem das Markenzeichen von Opel meint. Auf dieses hat es Tavares abgesehen.

An diesem Montagvormittag will sich Tavares den Zugriff auf den Opel-Blitz sichern. Gemeinsam mit Mary Barra, der Chefin des bisherigen Opel-Eigners General Motors (GM), hat er die Medien nach Paris geladen in seine Konzernzentrale, um über den Kauf von Opel zu berichten.

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Allerdings wird der 155 Jahre alte Hersteller aus Deutschland nicht sofort französisch. Es geht zunächst um Eckpunkte für den Zusammenschluss, die Arbeitsgruppen von GM und PSA in Telefonkonferenzen geklärt haben. Der Aufsichtsrat von PSA hatte bereits am Freitag grünes Licht für die Übernahme gegeben, durch die der mit dann weit mehr als 200 000 Beschäftigten zweitgrößte Autohersteller Europas hinter Volkswagen entstehen soll.

Bis Jahresende soll der Zusammenschluss vollzogen sein. Welche Folgen die Fusion für die 38 000 Beschäftigten von Opel und der britischen Tochter Vauxhall haben wird, ist noch ein Geheimnis. Wird Tavares die bis zum Jahr 2018 geltenden Jobzusagen für die 18 000 deutschen Mitarbeiter verlängern? Bisher weicht er einer Antwort aus. Ein anderes wichtiges Thema dürfte weitgehend geklärt sein: die Pensionslasten für die Mitarbeiter. Die Opelaner haben in den vergangenen Jahren Ansprüche von sieben Milliarden Euro erarbeitet, für die Noch-Eigner GM auch nach dem Verkauf zum Großteil einstehen wird.

Im Gegenzug musste PSA französischen Medien zufolge Zugeständnisse bei der Nutzung von GM-Patenten machen, zu denen Opel heute Zugang hat. So sollen PSA und Opel die GM-Patente nur für begrenzte Zeit nutzen dürfen, und dies auch nicht weltweit. Dieser Punkt ist heikel. General Motors kann mit dieser Regelung auch weiterhin Opel von bestimmten ausländischen Märkten fernhalten.

Die Patente betreffen nicht zuletzt die wichtige Zukunftstechnologie der Elektroantriebe, die teils schon im Opel-Modell Ampera-e eingesetzt wird. Tavares hatte mit Blick auf die eigene E-Auto-Entwicklung gesagt, er könne zur Not auch auf die GM-Technik verzichten.

Unklar schien am Wochenende noch zu sein, was mit dem Entwicklungszentrum in Rüsselsheim passiert. Außenstehende nennen es "Opel"-Forschungszentrum, aber das trifft es nicht genau: Dort forschen 7700 Techniker für den gesamten GM-Konzern. Die Details - etwa Lizenzgebühren oder gar eine gemeinsame Nutzung durch GM und PSA und damit auch durch Opel - könnten in den kommenden Wochen geklärt werden. Der mehrere hundert Seiten umfassende Vorvertrag sieht verschiedene Themen vor, die weiter abgearbeitet werden von den Verhandlungsgruppen. Bis am Ende das "Closing" steht, wie sie das nennen: Bis ein endgültiger Vertrag unterzeichnet wird.

Dem Vernehmen nach ist auch schon geregelt, wer gegebenenfalls für Strafzahlungen wegen Dieselmanipulationen gerade steht. Opel steht auch im Ruch, die Motorsteuer-Software mancher Modelle derart manipuliert zu haben, dass diese auf dem Prüfstand besser abschneiden und bessert deshalb auf Verlangen des Kraftfahrtbundesamtes nach.

Die linksradikale Gewerkschaft CGT warnte die deutschen Kollegen

Die Gesamtkosten des Geschäfts für PSA sollen sich auf etwa zwei Milliarden Euro belaufen. Im Preis enthalten ist die Opel-Bank. Offen ist, welche Rolle Opel-Chef Karl-Thomas Neumann in Zukunft spielen wird. Und ob er später den Sparplan mitentwickeln und umsetzen wird, den der neue Eigner unter Tavares bald verlangen wird. In den Verkauf des von ihm geführten Unternehmens soll er erst spät eingebunden gewesen sein.

Neumann hatte es nicht wie angekündigt geschafft, den Autobauer nach 17 Jahren der Verluste zurück in die Gewinnzone zu führen. Die Dauermisere waren auch Anlass für GM, die deutsche Tochter wegzugeben. Verluste aber will Tavares keine mehr sehen. Stattdessen will er jährlich zwei Milliarden Euro durch die Verzahnung von Opel und PSA sparen.

Die französischen Arbeitnehmervertreter hatten anfangs kaum Bedenken gegen den erst vor drei Wochen bekannt gewordenen Kaufplan. Sie haben Tavares als effizienzorientiert, aber auch gesprächsbereit erlebt bei der Sanierung von PSA vor wenigen Jahren. Inzwischen zeigen sich vorsichtiger. Die linksradikale Gewerkschaft CGT warnte die deutschen Kollegen: "Wenn die Wahlen in Deutschland erst einmal vorbei sind, ist ganz klar, dass Carlos Tavares' erstes Ziel sein wird, Jobs anzugreifen." Am Montag sind an den Opel-Standorten in Europa Betriebsversammlungen anberaumt.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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