Fall Zumwinkel:Auf Bewährung

Lesezeit: 2 min

Auch wenn Ex-Postchef Zumwinkel wohl nicht ins Gefängnis muss: Deutschlands Top-Manager werden kritisch beäugt - es ist die Chance für einen Neuanfang.

Karl-Heinz Büschemann

In Bochum beginnt soeben ein seltenes Schauspiel: Der Chef eines Dax-Konzerns steht vor Gericht. Klaus Zumwinkel, 65, der frühere Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post, ist der Steuerhinterziehung angeklagt, er muss aber wahrscheinlich nicht ins Gefängnis. Er dürfte mit Bewährung und einer Geldstrafe davonkommen.

Ex-Postchef Zumwinkel: Katastrophenjahr für die Kaste in den Vorstandsetagen. (Foto: Foto: AP)

Aber Zumwinkel hat spätestens bei seiner Verhaftung im Februar 2008, die vor Fernsehkameras öffentlich zelebriert wurde, zu spüren bekommen, dass sich in diesem Land etwas geändert hat. Manager werden heute kritischer gesehen als je zuvor, sie werden nicht mehr als Teil einer Elite betrachtet, für die angeblich andere Gesetze gelten als für Normalsterbliche. Der Steuerhinterzieher Zumwinkel steht nicht nur als Zumwinkel vor Gericht, sondern auch als Prototyp des heute übel beleumundeten Managerwesens.

Mit der spektakulären Festnahme eines prominenten Wirtschaftsführers vor laufenden Fernsehkameras wollten Justizbehörden und Finanzministerium offenbar demonstrieren, dass Gesetz und Rechte auch für Manager Geltung haben. Für die Kaste in den Vorstandsetagen war damit ein Katastrophenjahr eingeleitet. Als im weiteren Verlauf von 2008 die Finanzkrise ihre zerstörerische Wucht zeigte, als die Gewinne schrumpften und die Aktienkurse abstürzten, wurden die Führungskräfte unsanft daran erinnert, dass sie nichts Besonderes sind und sie keineswegs eine neue Zauberwirtschaft mit Wunderrenditen erfunden hatten, in der die alten ökonomischen Regeln nicht mehr gelten.

Sie mussten einsehen, dass hohe Gewinne nur mit großem Risiko zu haben sind. Sie wurden an die schlichte Wahrheit erinnert, dass in einer auf Pump gegründeten Wirtschaft eines Tages der Kredit zurückbezahlt werden muss. Das Kurzfristdenken mit einem Horizont von drei Monaten wurde entzaubert wie der Glaube an den Garten Eden der Finanzmärkte. Ernüchternder konnte ein Jahr für die Manager kaum sein als das Jahr 2008.

Heerscharen von Managern glaubten zuletzt, in den modernen Zeiten seien dauerhafte Kapitalrenditen von 25 Prozent möglich, wer sie nicht schaffe, sei ein Versager. Diese Vorstellung ist vom angelsächsischen Investment-Banker-Denken geprägt und wurde in Deutschland vom Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, verbreitet. Der aber backt inzwischen viel kleinere Brötchen, die Deutsche Bank ist von der Finanzkrise eingeholt worden und in die Verlustzone gerutscht. Sie steht auch nicht so krisensicher da, wie ihr Chef behauptet. Wenn aber nicht einmal die Deutsche Bank ein Hort der Sicherheit ist, darf man sich nicht wundern, wenn das Wort von Managern bei den Bürgern nur noch wenig gilt.

Wo sich die Finanzelite durch eine Mischung aus Leichtsinn, Skrupellosigkeit und Gier ins gesellschaftliche Abseits manövriert, schlägt die Stunde der Politiker, die den Staat als letzten Hort des Vertrauens empfehlen. Man kann es den Politikern nicht einmal übelnehmen, dass sie sich selbst zu feiern beginnen, nur weil die einst großen Chefs von Banken und Konzernen inzwischen um Hilfe vom Staat betteln, um Folgen abzufedern, die sie selbst heraufbeschworen haben. Die Politiker sollten aber nicht vergessen, dass auch sie den Beleg dafür schuldig blieben, dass sie die besseren Unternehmer sind. Ausgerechnet die Banken, die in der Hand des Staates liegen, stehen in dieser Finanzkrise am schlechtesten da.

Die Chefs von Konzernen und Banken müssen einen Neuanfang wagen, wenn sie wieder zu Ansehen kommen wollen. Sie müssen Vertrauen und Anstand, die alten Werte, wieder zu ihren neuen Werten machen. Vor allem aber muss ihnen klar sein, dass sie in die nächste Katastrophe rennen, wenn sie glauben, dass ihnen die Regeln und Gesetze egal sein können, weil sie diese selber machen können. Zumwinkel wird Bewährung erhalten. Nicht nur er muss sich bewähren.

© SZ vom 22.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Manager Zumwinkel
:Seine Höhen, seine Tiefen

Klaus Zumwinkel - Ein Veteran der deutschen Wirtschaft. 13 Jahre lang war er Vorstandschef der Deutschen Post, zuvor vier Jahre lang Geschäftsführer der Bundespost. 2008 häuften sich jedoch die Hässlichkeiten: nach dem Verkauf von eigenen Aktienoptionen im Dezember 2007 stürmten am 14. Februar 2008 Ermittler die Zumwinkelsche Villa und die Post-Zentrale. Verdacht: Steuerhinterziehung.

Jetzt entdecken

Gutscheine: