Politiker kontrollieren Konzerne:Die Merkel AG

Lesezeit: 2 min

Ausgerechnet unter einer CDU-Kanzlerin greift der Staat immer stärker in die Wirtschaft ein. Wenn Merkel nicht schnell ihren Kurs korrigiert, wird sie grandios scheitern.

Marc Beise

Die Deutschland AG ist wieder da. Bis in die neunziger Jahre waren die großen Unternehmen von der Eigentümerstruktur her und personell miteinander verflochten, und über allem thronten die Bankchefs, die im Geheimen und unter Beteiligung der Politik ihre Fäden zogen.

Angela Merkel könnte wirtschaftlich und politisch grandios scheitern (Foto: Foto: AP)

Unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder lösten sich diese Bande auf, initiiert durch die Unternehmensteuerreform.

Fehler erkennbar

Die Banken verloren an Einfluss und der Staat auch. Die neue Freiheit allerdings dauerte keine zwei Legislaturperioden. Heute, unter einer CDU-Kanzlerin, ist die Deutschland AG wiederauferstanden - als Merkel AG: Nicht mehr die Banker, sondern die Politiker kontrollieren die Konzerne, und wichtige unternehmerische Entscheidungen werden immer häufiger im Kanzleramt getroffen.

Das kann nach allen Regeln der Plausibilität nicht gutgehen - es sei denn, man hielte die Kanzlerin für die Über-Frau schlechthin. Bleibt man nüchtern und sortiert die Rettungsaktionen der Politik, so sind die Fehler bereits heute deutlich zu erkennen.

Es mag ja noch notwendig sein, wichtige Banken zu retten, wenn ihr Kollaps das Finanzsystem insgesamt ruinieren würde. Dieses "systemische Risiko" kann niemand guten Gewissens ignorieren, auch wenn es dem Prinzip von Schuld und Verantwortung dramatisch widerspricht.

Insoweit muss auch der überzeugte Marktwirtschaftler und Ordnungspolitiker den Bankenrettungsschirm von bis zu 500 Milliarden Euro und die ersten Zahlungen hieraus zähneknirschend akzeptieren.

Subvention von Fehlentscheidungen

Am Beispiel der Hypo Real Estate zeigt sich jedoch, dass es kaum noch ein Zurück gibt, wenn der Weg der Intervention erst einmal eingeschlagen ist. Nach den bisher vergeblichen Milliarden-Spritzen für die Krisenbank ist ein weiter Staatseinfluss unausweichlich - aber eher nicht, um neue Geschäfte zu machen, sondern um die Bank im Laufe der Zeit geordnet zurechtzustutzen bis hin zu einer möglichen Abwicklung.

Überhaupt nicht mehr sinnvoll ist aber, dass die Steuerzahler dem mächtigen und reichen Versicherungskonzern Allianz eine unternehmerische Fehlentscheidung subventionieren. Weil die Dresdner Bank im Finanzstrudel zu versinken droht, finanziert der Staat der Allianz den Verkauf - warum muss die Allianz, die sich das leisten kann, ihre selbstverschuldeten Probleme nicht selbst lösen?

Besser macht es da die Deutsche Bank, die ihre Probleme beim Kauf der Postbank mit Hilfe von deren bisheriger Mutter, der Post, zu lösen versucht. Zwar ist der Staat bei der Post (noch) Minderheitseigentümer, dennoch handelt es sich faktisch um eine privatwirtschaftliche Lösung. Gar nicht erst nachdenken sollten Politiker darüber, weitere Firmen zu retten.

Heute Opel, morgen BMW, dann BASF und am Ende die ganze Wirtschaft? Dass das nicht gehen kann, spürt jedermann intuitiv, und trotzdem schürt die Politik solche Allmachtsphantasien. Wenn die Ludwig-Erhard-Nachfolgerin Angela Merkel nicht ganz schnell ihren Kurs korrigiert, wird sie wirtschaftlich und politisch grandios scheitern.

Schon das Konjunkturpaket II weckt Hoffnungen, die nicht erfüllt werden können. Die meisten Maßnahmen sind vor allem teuer, aber sie helfen nicht wirklich gegen die Krise. Die bittere Wahrheit ist, dass auch der Staat die Bereinigung, die gerade stattfindet, nicht dauerhaft aufhalten kann. Umso wichtiger wäre es, jetzt die Bedingungen für einen Neustart nach der Krise zu schaffen. Dazu müsste sich der Gesetzgeber auf den Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft und Jobmaschine des Landes konzentrieren. Dieser aber ist Merkel ebenso aus dem Blick geraten wie seinerzeit Vorgänger Schröder.

Die Macht der Wirtschafts-Oberkanzlerin Merkel ist trügerisch. Irgendwann wird auch dieser Rausch vorbei sein, so wie jetzt der Rausch der unkontrollierten Finanzmärkte. Und erneut wird dann das Aufwachen fürchterlich sein.

© SZ vom 15.01.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: