Euro-Krise:Troika soll längere Arbeitszeit für Griechen fordern

Kurz bevor die Finanzinspektoren am Freitag in Athen eintreffen, dringen Details zu neuen Forderungen der Troika an die Öffentlichkeit: Demnach soll das Land seinen Arbeitsmarkt radikal liberalisieren. Auch Finanzminister Schäuble signalisiert seinem Athener Amtskollegen: Mit Nachsicht kann Griechenland nicht rechnen.

Christiane Schlötzer

Die Griechen sollen künftig nicht nur noch weniger verdienen, sondern auch länger arbeiten und von ihren Arbeitgebern leichter gefeuert werden können. All dies steht angeblich in einer E-Mail der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem-Währungsfonds.

Das Schreiben sei am 31. August im Athener Arbeitsministerium eingegangen, berichtet die griechische Wirtschaftszeitung Imerisia. Eine Bestätigung aus Brüssel gab es dafür vor dem noch für diese Woche erwarteten Besuch der Troika-Experten in Athen nicht. Die Forderungen liegen aber auf der Linie der internationalen Geldgeber. Kathimerini berichtete zudem, das Arbeitsministerium in Athen lehne die vorgeschlagenen Änderungen ab.

Finanzminister Ioannis Stournaras erfuhr am Dienstag auch von seinem Kollegen Wolfgang Schäuble, dass Griechenland kaum mit Nachsicht seiner Geldgeber rechnen kann. "Am wichtigsten ist es, dass Griechenland seine Verpflichtungen voll erfüllt", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums nach dem Treffen der beiden in Berlin. Entscheidend für die weitere Finanzierung Griechenlands sei der für Oktober erwartete Bericht der Troika, teilte Schäuble mit.

Regierungskoalition ringt um Details

Stournaras präsentierte dem deutschen Finanzminister sein geplantes neues Sparprogramm, das Kürzungen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre vorsieht. Athen würde die neuen Abstriche bei Renten und Gehältern gern auf vier Jahre verteilen. Dafür fand Stournaras aber jetzt in Berlin genauso wenig Zustimmung wie zuvor schon Premier Antonis Samaras bei seinem Besuch bei Kanzlerin Angela Merkel vor zehn Tagen.

Während Stournaras die neuen Maßnahmen in Berlin erläuterte, rangen Vertreter der Regierungskoalition in Athen auch am Dienstag noch um Details. Wenn die Troika-Chefs am Freitag eintreffen, muss das Paket geschnürt sein. Die Gewerkschaften haben schon neue Proteste angekündigt.

Den Auftakt dazu machten am Dienstag etwa 40 wütende Senioren, die in das Büro von Gesundheitsminister Andreas Lykourentzos eindrangen. Es kam zu Tumulten. Verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand. Der Minister weigerte sich, mit den Eindringlingen zu sprechen und nannte sie "Schufte". "Wir haben das Büro nur kurz besetzt, weil er uns nicht sehen wollte. Er hat uns als Schufte beschimpft", sagte ein Demonstrant im Fernsehen.

Später erklärte Lykourentzos, er habe nicht die Rentner im Allgemeinen gemeint, sondern nur das Benehmen einzelner kritisiert. Inzwischen hatten sich vor dem Ministerium Hunderte Rentner versammelt. Die Senioren sind aufgebracht, weil gut neun Millionen Versicherte der größten Krankenkasse nun ihre Medikamente in den Apotheken zunächst selbst bezahlen müssen. Auch viele Ärzte behandeln Kassenpatienten seit Wochenbeginn nur gegen Vorkasse. Der Grund: Viele Krankenkassen zahlen seit Monaten ihre Rechnungen nicht. Wegen der Rezession sind die Einnahmen der Kassen eingebrochen.

Steuerabkommen mit der Schweiz

Neue Einnahmen erhofft sich Athen aus einem Steuerabkommen mit der Schweiz. Darüber verhandelte Vize-Finanzminister Giorgos Mavraganis am Montag in Bern mit dem Schweizer Finanzstaatssekretär Michael Ambühl und sprach auch mit Bankvertretern. Nach Informationen aus Athen erhofft sich die griechische Regierung Einnahmen von vier bis neun Milliarden Euro aus dem Abkommen.

Wie hoch die unversteuerten Einlagen von Griechen auf Schweizer Konten sind, ist unklar. Offen ist auch, wie viel Geld schon weitertransferiert wurde, etwa nach Asien. Nach deutschem Vorbild sollen die griechischen Kontenbesitzer in der Schweiz anonym bleiben und zwischen 21 und 41 Prozent Steuern auf ihre Guthaben zahlen. Nach jüngsten Angaben des griechischen Finanzministeriums wurden zwischen 2009 und 2011 von Griechenland über 24 Milliarden Euro in die Schweiz transferiert.

Der unermüdliche griechische Bürokratie-Kontrolleur Leandros Rakintzis zieht in seinem jüngsten Bericht eine positive Bilanz: "Wir sind auf dem richtigen Weg." Rakintzis beschwerte sich bei der Präsentation seines Reports beim Staatspräsidenten aber darüber, dass seine Kompetenzen durch ein neues Gesetz eingeschränkt werden.

So soll der Kontrolleur die Entscheidungen von Disziplinargerichten gegen Beamte nicht mehr überprüfen können. Immerhin jedoch: Die Korruption in Griechenland sei deutlich zurückgegangen, sagte Rakintzis. Der Grund dafür: Die Leute können es sich nicht mehr leisten, Beamte zu bestechen.

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