Euro-Krise:Griechische Variationen

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Griechenlands Staatsbankrott rückt näher, doch noch immer ist nicht klar, wie die Löcher in der griechischen Finanzplanung geschlossen werden können. Nach SZ-Informationen ist im Gespräch, die Rückzahlung von Krediten und die Frist zur Senkung der Staatsschuldenquote um eineinhalb oder zwei Jahre zu strecken.

Claus Hulverscheidt, Berlin

Je näher die Entscheidung über einen Staatsbankrott Griechenlands rückt, desto verwirrender wird die Nachrichtenlage. Von Drei-, Fünf- und Zehn-Punkte-Programmen ist die Rede, von Telefonkonferenzen, von ordentlichen, außerordentlichen und wieder abgesagten Finanzministertreffen. Die Verwirrung hat einen profanen Grund: Wenige Tage, bevor der Regierung in Athen das Geld für die Bezahlung von Gehältern und Renten ausgeht, haben die Euro-Länder, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds immer noch keinen Weg gefunden, wie die Löcher in der griechischen Finanzplanung geschlossen werden können.

Dabei gäbe es ein Konzept, das - isoliert betrachtet - die Lösung aller anderen Probleme deutlich erleichtern würde: ein zweiter Teilschuldenerlass. In diesem Frühjahr hatten bereits die privaten Gläubiger des Landes, also Banken, Versicherer und Investmentfonds, auf die Rückzahlung von 100 Milliarden Euro verzichtet. Wegen der tiefen Rezession wächst die griechische Schuldenquote dennoch weiter, weshalb nun über einen zweiten Schnitt diskutiert wird, diesmal zulasten der staatlichen Gläubiger. Vor allem die Bundesregierung aber will dabei nicht mitmachen, müsste sie doch ausgerechnet im aufziehenden Bundestagswahlkampf eingestehen, dass erstmals Geld der deutschen Steuerzahler unwiederbringlich verloren wäre. Weil die große Lösung vorerst ausscheidet, werden zurzeit jede Menge kleinerer Alternativen geprüft, zu immer neuen Paketen zusammengeschnürt und wieder auseinandergefieselt.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist unter anderem im Gespräch, die Rückzahlung von Krediten sowie die Frist zur Senkung der Staatsschuldenquote um eineinhalb oder zwei Jahre zu strecken, Zinsen und Gebühren für bereits vergebene Darlehen weiter zu senken und die Ausgaben im griechischen Haushalt noch einmal zu kürzen. Außerdem soll Athen fällig werdende kurzfristige Staatsanleihen, die bei der EZB hinterlegt sind, vorerst nicht tilgen müssen, sondern durch die Ausgabe neuer sogenannter T-Bills "überrollen" können.

Auch könnten sich die EZB und die nationalen Notenbanken bereit erklären, Buchgewinne aus dem Kauf griechischer Staatsanleihen nach Athen zu überweisen. Darüber hinaus soll der Euro-Rettungsfonds ESM einen zweistelligen Milliardenbetrag zur Verfügung stellen, mit dem die Griechen eigene, weit unter Wert gehandelte Anleihen am Markt zurückkaufen können.

Über zwei weitere Ideen berichtete am Wochenende der Spiegel: Um fehlende Privatisierungserlöse auszugleichen, soll griechisches Staatsvermögen mithilfe sogenannter Verbriefungen zu Geld gemacht werden. Und: Die angeschlagenen Banken des Landes könnten direkte Kapitalspritzen aus dem ESM erhalten. Das hätte den Vorteil, dass die Bankenrettung nicht mehr über den öffentlichen Haushalt laufen und die Schuldenquote nach oben treiben würde. Das Problem ist jedoch, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) direkte ESM-Bankenhilfen für bereits bestehende Problemfälle strikt ablehnt.

Apropos Schäuble: Was der Minister vorhat und ob er und Merkel an einem Strang ziehen, darüber wird selbst regierungsintern gegrübelt. "Manchmal hat man das Gefühl", sinnierte dieser Tage ein hoher Beamter, "dass Schäuble in Wahrheit darauf hinarbeitet, die Griechen am Ende rauszuwerfen."

© SZ vom 05.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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