Hochtief: Übernahme:Bafin ebnet Spaniern den Weg

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Wer soll jetzt noch die Eigenständigkeit des Traditionsunternehmens Hochtief retten? Die Bafin gestattet dem spanischen Baukonzern ACS ein Übernahmeangebot für den deutschen Rivalen - trotz diverser Ungereimtheiten.

Stefan Weber

Der Baukonzern Hochtief kann kaum noch hoffen, die Eigenständigkeit zu behalten. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin genehmigte am späten Montagabend das Übernahmeangebot des spanischen Konkurrenten ACS. Die Offerte entspreche den Anforderungen des deutschen Übernahmerechts, teilte die Behörde mit. Damit sind dem Essener Konzern, der wochenlang nach Wegen gesucht hatte, die Übernahme zu verhindern, alle weiteren Abwehrmaßnahmen untersagt.

Die BaFin hat den Weg für die Übernahme frei gemacht - jetzt wird Hochtief wohl vom spanischen Konzern ACS geschluckt. (Foto: dpa)

Im Laufe ihrer Prüfung habe die Bafin von ACS erhebliche Nachbesserungen verlangt, teilte die Finanzaufsicht mit. So habe die Behörde unter anderem von den Spaniern eine Kapitalerhöhung verlangt, um sicherzustellen, das der Kaufpreis gezahlt werden könne, heißt es sinngemäß in der Bafin-Erklärung. Zudem habe die Bafin durch die Aufnahme von Bedingungen sichergestellt, dass Risiken für die annehmenden Aktionäre aus der Kapitalerhöhung soweit wie möglich reduziert werden. Mit der nun vorgelegten korrigierten Angebotsunterlage habe ACS alle verlangten Nachbesserungen erbracht. Daher habe die Bafin dem Antrag stattgegeben.

Der Tag der Entscheidung hatte schlecht begonnen für das Management des Hochtief-Konzerns, das sich seit Wochen gegen eine feindliche Übernahme des spanischen Konkurrenten und Mehrheitsaktionärs ACS stemmt. Denn am Montagmorgen erhielten Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter und sein Team zunächst unangenehme Post von der australischen Übernahmekommission. Darin teilte das Gremium mit, dass ACS beim Angriff auf Hochtief nicht verpflichtet sei, auch ein Übernahmeangebot für deren wertvolle australische Tochter Leigthon vorzulegen. Das wäre für den Angreifer aus Madrid voraussichtlich so teuer geworden, dass er seine Attacke auf den größten deutschen Baukonzern abgeblasen hätte. Aber die Übernahmekommission in Sydney schmetterte einen entsprechenden Antrag von Hochtief in zweiter Instanz und damit endgültig ab.

Das war kein gutes Omen für den Tag, an dem die Finanzaufsicht Bafin eine für das Essener Unternehmen noch weitreichendere Entscheidung treffen würde: Wie steht sie zu dem Übernahmeangebot für Hochtief, das ACS am 11. November eingereicht hatte? Für die Prüfung hatte die Finanzaufsicht bis Montag 24 Uhr Zeit. Lange galt es als sicher, dass die Kontrolleure keine Einwände gegen die Pläne der Spanier erheben würden. Aber bei genauem Studium der 700 Seiten umfassenden Unterlagen hatte die Bafin dann doch erheblichen Klärungsbedarf.

ACS ist mit etwa zehn Milliarden Euro verschuldet. Und gegen die Kapitalerhöhung, die der Konzern vor einigen Tagen zum Zwecke der Übernahme von Hochtief beschlossen hatte, hat die Interessenvertretung spanischer Kleinaktionäre Widerspruch eingelegt. Zudem ist der Konzern in Spanien wegen Bilanzfälschung verklagt worden. ACS bemühte sich, die Zweifel der Kontrolleure zu zerstreuen. Noch am Wochenende wurde intensiv verhandelt. Entsprechend groß war am Montag die Spannung in der Essener Hochtief-Zentrale.

Üblicherweise teilen die Kontrolleure das Ergebnis ihrer Prüfung zunächst den Verfahrensbeteiligten mit - also in diesem Fall ACS. Denen obliegt es dann, das Ergebnis zu veröffentlichen. Die Tatsache, dass die Bafin in diesem Fall eine öffentliche Erklärung ankündigte, hatte mancher bei Hochtief als Indiz für eine Entscheidung zugunsten der Essener gedeutet. "Das heißt gar nichts", meinten dagegen erfahrene Juristen. Angesichts des großen öffentlichen Interesses an diesem Fall sei es normal, dass die Behörde die Deutungshoheit nicht aus der Hand geben wolle und die Entscheidung selbst verkünde. Keineswegs sei dies ein Hinweis darauf, wie die Prüfung ausfalle.

Nachdem die Bafin die Übernahmeofferte nun genehmigt hat, ist ACS seinem Ziel, die Kontrolle über Hochtief zu gewinnen, sehr nah. Die Spanier werden ihr Angebot spätestens am Mittwoch veröffentlichen. Daraufhin müssen die Aktionäre entscheiden, ob sie die Offerte aus Madrid für so attraktiv halten, dass sie das Angebot zum Aktientausch annehmen. Dafür haben sie bis zu sechs Wochen Zeit. Die Offerte liegt zwar nur knapp über dem aktuellen Hochtief-Kurs. Das dürfte ACSD aber reichen, die Schwelle von 30 Prozent der Anteile zu überspringen. Damit könnten die Spanier nach und nach aufstocken, ohne ein voraussichtlich teureres Pflichtangebot abgeben zu müssen.

© SZ vom 30.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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