Easyjet:Endlich tritt ein großer Billigflieger gegen die Lufthansa an

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Easyjet agiert effizient und gnadenlos - anders als einst Air Berlin. (Foto: dpa)

Der Einstieg von Easyjet in Tegel ist eine Zäsur: Der Konkurrenzkampf in Deutschland wird härter.

Kommentar von Jens Flottau

Bis vor Kurzem sah die Zukunft im innerdeutschen Luftverkehr für preissensible Passagiere düster aus. Lufthansa stand mit ihrem Ableger Eurowings kurz davor, eine Monopolstellung zu erreichen, denn gerade war der letzte Air-Berlin-Linienflug am Flughafen Berlin-Tegel gelandet und es war nicht sicher, ob in letzter Minute doch noch ein Konkurrent auftaucht.

Dass Easyjet nun einsteigt, ist eine gute Nachricht - für die Kunden und irgendwie auch für die Lufthansa. Es wird weiter Wettbewerb im innerdeutschen Luftverkehr geben und damit günstige Preise für die Kunden. Der Einstieg von Easyjet in Tegel ist eine Zäsur. Endlich traut sich eine der beiden großen europäischen Billigfluggesellschaften, in großem Stil im deutschen Markt gegen die Lufthansa anzutreten. Allen Sprüchen vor allem von Ryanair-Chef Michael O'Leary zum Trotz, haben die Billigflieger Deutschland bislang eher äußerst vorsichtig ausgebaut, und manchmal Standorte sogar wieder abgebaut.

Die Passagiere müssen sich allerdings umstellen. Bei Air Berlin ging es eher gemütlich zu. Easyjet agiert effizienter und gnadenloser, wenn es zum Beispiel um das Handgepäck geht. Es gibt klare Regeln, die eingehalten werden. Bei Air Berlin hat niemand wirklich darauf geachtet, ob die Passagiere nun zusätzlich zu dem einen erlaubten Stück noch ein zweites dabei hatten. Easyjet ist da in der Regel nicht so tolerant, denn Ein- und Ausstieg dürfen nicht lange dauern. Reibereien sind zu erwarten.

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Für Lufthansa ist der Auftritt von Easyjet ambivalent. Einerseits könnte er die Genehmigung des Geschäfts erleichtern. Man mag sich die Auflagen nicht vorstellen, die die EU-Kommission womöglich verlangt hätte für die Übernahme der 80 Air-Berlin-Jets durch die Lufthansa. Nicht ausgeschlossen, dass das Geschäft an Auflagen hätte scheitern können. Anderseits bekommt Lufthansa einen scharfen Konkurrenten. Bislang verhinderte die Präsenz von Air Berlin ein starkes Wachstum der paneuropäischen Billiganbieter.

Easyjet ist für Lufthansa noch unangenehmer als Ryanair, weil sich die Briten seit Jahren auf europäische Geschäftsreisende und große Flughäfen konzentrieren, da wo auch die Lufthansa stark ist. Für die Verbraucher ist die Einigung mit Easyjet positiv, doch sie darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Gewichte im deutschen Luftverkehr erst einmal stark zugunsten der Lufthansa verschoben haben. Dies mag auf innerdeutschen Strecken nicht auffallen, aber im europäischen Ferienverkehr dominiert nun plötzlich Eurowings. Gemeinsam mit der Lufthansa wird ihr Ableger künftig einen sehr großen Teil des Marktes abdecken und an Flughäfen wie München und Düsseldorf einen bedenklich hohen Marktanteil haben.

Verlierer ist vor allem der Ferienflieger Condor

Neben Air Berlin gibt es in diesem Segment einen zweiten großen Verlierer: Condor. Die Ferienfluggesellschaft hatte sich Hoffnungen gemacht, mehr als 40 Air-Berlin-Jets übernehmen zu können. Sie bekommt nun keinen einzigen. Sie sieht sich nun der Konkurrenz der riesigen Lufthansa/Eurowings gegenüber und muss gleichzeitig dem Aufstieg von Easyjet im deutschen Markt zusehen. Die wirtschaftliche Lage der Condor ist sowieso schon angespannt, sie durchläuft derzeit ein strammes Sanierungsprogramm und baut Arbeitsplätze ab.

Die neuen Kräfteverhältnisse machen die Lage noch viel schwerer und werfen die Frage auf, wie es überhaupt mit Condor weitergehen soll. Die aus Unternehmenssicht offensichtliche Lösung - eine Übernahme durch Eurowings - ist auf Jahre hinaus aus wettbewerbsrechtlicher Sicht undenkbar geworden. Eine Chance dürfte es erst dann wieder geben, wenn Ryanair und Easy-Jet hierzulande noch viel stärker geworden sind.

Doch das ist ferne Zukunft. Die nächsten Monate, bis Eurowings und Easyjet die Air-Berlin-Integration bewältigt haben, werden "strubbelig," wie es Eurowings-Chef Thorsten Dirks formulierte. Vorerst fliegen etwa 80 Maschinen weniger als sonst im deutschen Luftverkehr - die Passagiere werden es merken und viel Geduld benötigen.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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