Dieselskandal:Audi-Chef Stadler steht im Wolfsburger Feuer

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Zu lachen gibt es eigentlich wenig. VW-Chef Matthias Müller (links) und Audi-Chef Rupert Stadler. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der Konflikt zwischen VW-Chef Matthias Müller und Audi-Manager Rupert Stadler spitzt sich zu. Angeblich hat die Suche nach einem Nachfolger für den Posten in Ingolstadt schon begonnen.

Von Max Hägler, München

Der Kampf um die Deutungshoheit beim neuesten Kapitel des Diesel-Skandals geht weiter - und hat sich offenbar zu einem Konflikt zwischen VW-Konzernchef Matthias Müller und Rupert Stadler ausgewachsen, dem Chef des Tochterunternehmens Audi. "Der ganze Fall hat Stadler nicht genutzt", heißt es aus der Konzernzentrale in Wolfsburg, wo sie mit der Kommunikationsstrategie Stadlers und einigen seiner Topmanager hadern. Und wieder wird nun über Ablösung des Top-Managers spekuliert.

Die Entstehung der Streitigkeiten: Nachdem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Audi-Konzern am Donnerstagabend den Einsatz einer "illegalen Abschalteinrichtung" vorgeworfen hatte, wehrte sich Vorstandschef Stadler mit Vehemenz: "Die Politik stellt da gerade manches anders dar und hat uns mit ihrem Alleingang an die Medien überrascht." Er sei persönlich enttäuscht von Dobrindt, sagte Stadler am Freitag. Und: da werfe womöglich der Wahlkampf schon seine ersten Schatten - im Sinne von: Dobrindt geriert sich als übereifriger Aufklärer bei einer Sache, die so schlimm nicht sei.

Stadler hatte das Öffentlichmachen wohl erst ein bisschen später erwartet

Nach den Pfingsttagen steht nun allerdings wieder der Chef der Premiummarke aus Ingolstadt selbst im Feuer. Stadler sei "etwas übers Ziel hinausgeschossen", erklärte am Wochenende ein Sprecher der Konzernmutter Volkswagen. Es scheint wohl doch so gewesen zu sein - entgegen anfänglich anderer Lesart im Konzern -, dass der Minister den VW-Chef am Donnerstag vorab persönlich von dem drohenden Rückruf informierte, der dann rasch verkündet wurde.

Stadler hatte das Öffentlichmachen wohl erst ein bisschen später erwartet und wollte das selbst mitsteuern - woraus offensichtlich nichts wurde. Von Volkswagen hieß es, Stadler und Dobrindt hätten am Samstag telefoniert und sich ausgesprochen: "Das Thema ist aus der Welt." Historie, quasi. Es gehe nun nur noch darum, die Sache abzuarbeiten - also die Wagen in die Werkstätten zu holen und ihnen eine neue Software zu verpassen.

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Müllers Interesse ist, dass im Konzern nichts Anrüchiges mehr passiert

Allerdings: Aus der Welt geschaffen ist nach diesem Rüffel gar nichts. Aus der Konzernzentrale aus Wolfsburg, aber auch aus der Audi-Zentrale in Ingolstadt hört man wieder zunehmend Kritik an Stadler. VW-Chef Müller sei "natürlich nicht erfreut", heißt es aus dessen Umfeld, eine andere Quelle berichtet gar, Müller sei "fuchsteufelswild".

Dabei darf man nicht vergessen: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen Müller wegen möglicher falscher Infos an die Börse im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Sein Interesse ist, dass im Konzern nichts Anrüchiges mehr passiert. Kompromisslose Rückendeckung kann deshalb wohl kein Mitarbeiter erwarten, der sich in diesem Gestrüpp verfangen hat.

Betriebsratschef Peter Mosch fasste die Gemengelage am Wochenende so zusammen: Das ungestüme Vorgehen von Dobrindt sei irritierend und unsachlich. "Auf der anderen Seite ist unsere Belegschaft aber auch enttäuscht und unzufrieden über die Kommunikationsstrategie des Unternehmens." Noch ein Ordnungsruf.

Die Folgen für Stadler sind ungewiss

Schon einmal war Stadler kalt überrascht worden von möglichen Manipulationen bei Audi-Dieseln, nachdem er zuvor die völlige Unschuld beteuert hatte. Er hätte mit dieser Erfahrung die Erkenntnisse schneller vorlegen müssen, sensibler mit der Behörde kommunzieren müssen und zudem die Kollegen schneller warnen müssen, sagen Kollegen.

Die Folge für ihn? Einige spekulieren, dass Stadler bei seiner Vertragsverlängerung jüngst zugesagt hätte, vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist seinen Posten zu räumen. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen. Allerdings dürfte das kaum festgeschrieben sein, hätte das doch wohl den Aktionären mitgeteilt werden müssen bei der Vertragsverlängerung. Und aus seinem Umfeld heißt es: Er selbst will die Sache gemeinsam mit Müller durchstehen.

Und gezwungenermaßen steht auch kein Rückzug an. Aktuell wird es keine Konsequenzen geben, heißt es aus dem vielgliedrigen Konzern und seinen verschiedenen Machtzentralen in Wolfsburg, Ingolstadt und Stuttgart. Jedoch ist kaum noch Rückhalt zu vernehmen. Ein Plan könnte vorsehen, dass Stadler die kommenden Wochen und Monate noch seinen Laden aufräumt und dann, bereinigt, ohne Diesel-Altlasten, an einen Nachfolger übergibt.

Aus dem Aufsichtsrat heißt es jedenfalls, man sichte derzeit mögliche neue Manager, um schnell Nachfolger präsentieren zu können. Egal ob einer im Konzern in Kalamitäten gerät oder bei einer Tochtermarke wie Audi.

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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