Deutsche Bank:Das D im Namen

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Gegründet wurde die Deutsche Bank 1870 - ein Jahr vor dem Deutschen Reich. (Foto: Bloomberg)

Der neue Chef John Cryan muss das Wesen der Deutschen Bank verstehen: Sie ist eng mit der deutschen Nation verwoben.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Als Identität trägt die CDU das C, das Christliche, in ihrem Namen; und daraus erwächst der Partei eine besondere Verantwortung. Auch Angela Merkel, die Pfarrerstochter, hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Union für sie eine christliche Partei ist; selbst wenn sie das Christliche ein wenig anders interpretiert, als es einst Helmut Kohl, Norbert Blüm oder Alfred Dregger getan haben.

Die Deutsche Bank trägt vor allem das D als Identität im Namen: die Nation. Sie ist damit nicht allein, auch die Telekom, die Post oder die Lufthansa führen das Deutsche vorweg - allesamt ehemalige Staatsbetriebe. Die Deutsche Bank, geschaffen 1870, ein Jahr vor der Gründung des Deutschen Reichs, war nie ein staatliches Geldinstitut; private Aktionäre haben seit jeher über ihr Schicksal bestimmt. Und doch fühlte sich diese Bank lange, sehr lange auch dem Land verpflichtet. Oder wie es die Banker, Politiker und Industriellen festhielten, die 1870 die Bank schufen: "Hier wäre ein weiterer Schritt getan, dem deutschen Namen in ferneren Gegenden Ehre zu machen und endlich Deutschland auf dem Felde der finanziellen Vermittelung eine Stellung zu erobern - angemessen derjenigen, die unser Vaterland bereits auf dem Gebiete der Civilisation, des Wissens und der Kunst einnimmt."

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Der Vorgänger fremdelte mit der Heimat seiner Bank

Die meisten Deutschen zählen die Deutsche Bank bis heute zu den Kerneinrichtungen des Landes; weil sie eben mehr ist als eine normale Bank, sondern stets auch Teil der Gesellschaft und Teil der deutschen Politik. Ihre Chefs waren jahrzehntelang im Auftrag der Bundesregierung unterwegs, waren Berater im Innern und Unterhändler im Äußern - von Hermann Josef Abs über Alfred Herrhausen bis zu Josef Ackermann, der sich in Athen um eine Lösung der Griechenland-Krise mühte.

Man weiß nicht genau, ob der Brite John Cryan, der designierte Vorstandsvorsitzende, sich dessen in all seinen Verästelungen bewusst ist; Anshu Jain, der zurückgetretene Bank-Chef, war es ganz sicher nicht - er ist auch deshalb gescheitert, weil er erkennbar mit jenem Land (und dessen Sprache) fremdelte, dessen Namen die Bank trägt; und in dem die Bank, bei aller Bedeutung von deren Investmentbankern in London oder New York, immer noch zu Hause ist.

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Die Geschichte des Landes und der Bank sind zu eng verwoben

Natürlich könnte man im Zeitalter der Globalisierung, in dem alle Grenzen zu fallen scheinen, auch einfach sagen: Wen interessiert es, welchen Namen ein Unternehmen trägt? Ja, man könnte sogar die Frage stellen (und sie wurde bei der Deutschen Bank intern immer wieder gestellt), ob man eine große Bank nicht besser von London als von Frankfurt aus führen kann?

Aber aus einer Institution mit einer solchen, auch durch das Land geprägten, Geschichte lässt sich ganz gewiss kein "deutsches Goldman Sachs" formen, so wie es Jain und Fitschen zeitweise erwogen haben: eine international tätige Investmentbank ohne große nationale Bindung. Ob Cryan erfolgreich sein wird, hängt daher nicht bloß von Gewinn und Rendite ab; sondern auch davon, dass er das D im Namen der Bank auch lebt - und es versteht.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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