Automobilindustrie:Mitarbeiter empören sich über Daimler

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Aufgebracht protestiert die Daimler-Belegschaft in Sindelfingen gegen die Verlagerung der C-Klassenproduktion nach Bremen und in die USA. Das Unternehmen wiegelt ab.

Daimler zieht die Produktion der neuen C-Klasse von Mercedes-Benz ab dem Jahr 2014 aus Sindelfingen ab und fertigt sie zukünftig vor allem in Bremen und den USA.

Daimler lässt die Mercedes C-Klasse künftig nicht mehr in Sindelfingen fertigen, sondern in Bremen. (Foto: Foto: dpa)

Im Gegenzug bekomme Sindelfingen dann die Montage des Premium-Roadsters SL aus dem norddeutschen Werk, wie Vorstandschef Dieter Zetsche am Mittwoch in Stuttgart mitteilte.

Der Schritt sei aus strategisch-wirtschaftlicher Sicht unabdingbar. Bislang wird das Volumenmodell in Sindelfingen, Bremen, Südafrika und China gefertigt. Betriebsrat und Gewerkschaften kritisierten die Standortplanungen als "krasse Fehlentscheidung".

Tagelang schon hatte die Belegschaft protestiert und will in den kommenden Wochen den Bau des Kassenschlagers Mercedes-Benz E-Klasse drosseln, der Daimler aus der Absatzkrise helfen soll.

In dem größten Daimler-Werk in der Nähe von Stuttgart sollen indes keine Stellen gestrichen werden, wie Personalvorstand Wilfried Porth sagte. In der gesamten Produktion in Sindelfingen arbeiten seinen Angaben zufolge zurzeit 20.000 Beschäftigte, davon weniger als 4000 im Bereich der C-Klasse.

Mehr als 1000 neue Stellen

In Bremen werde die Fertigung der C-Klasse-Limousine für die Märkte in Europa sowie der weiteren Modellvarianten gebündelt.

Dadurch sei die Beschäftigung für die Mitarbeiter gesichert, sagte Porth. Am Standort Bremen arbeiten zurzeit fast 13.000 Beschäftigte. Die für den nordamerikanischen Markt bestimmten C-Klasse-Limousinen sollen im Werk Tuscaloosa im US-Staat Alabama gebaut werden.

In den USA sollen nach Angaben von Mercedes-Produktionschef Rainer Schmückle ab dem Jahr 2014 zwischen 1000 und 1200 neue Stellen geschaffen werden.

In Sindelfingen läuft die Produktion der C-Klasse dann mit dem Modellwechsel aus. Im Rahmen verschiedener Maßnahmen würden den verbleibenden rund 1800 betroffenen Mitarbeitern auch zukünftig attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten, kündigte Porth an.

Er sprach von einem schlüssigen Personalkonzept. Sindelfingen werde als zentraler Technologie- und Forschungsstandort sowie als weiteres Kompetenzzentrum für die Produktion von Fahrzeugen der Ober- und Luxusklasse gestärkt.

Schmückle sagte, da der Bedarf an alternativen Antrieben zunehmen werde sollte dieser Bereich dort gebündelt werden. Die Beschäftigung der Sindelfinger C-Klasse Mitarbeiter könne erhalten werden, ergänze Porth.

Betriebsrat kündigt Widerstand an

Betriebsratschef Erich Klemm kritisierte die Vorstandsentscheidung. Die Belegschaft verlange jetzt eine Antwort darauf, wie die Arbeitsplätze in Sindelfingen auch in Zukunft gesichert werden könnten. "Die Menschen brauchen Sicherheit und Perspektiven hier am Standort."

Der Betriebsrat kündigte Widerstand gegen die Neuordnung der Produktion an. Erste Maßnahmen würden die Streichung aller angekündigten Samstag-Schichten bis Weihnachten sowie Abteilungsversammlungen in allen Produktionsbereichen des Werks sein, berichtete Klemm.

Vorstandschef Zetsche hingegen sagte: "Unsere Entscheidung hilft auch, die Beschäftigung an unseren deutschen Standorten nachhaltig zu sichern."

Die geplante Produktion in dem US-Werk entspreche aus heutiger Sicht weniger als einem Fünftel der weltweiten C-Klasse-Baureihe, teilte der Autohersteller mit. Daimler wolle mit der teilweisen Produktionsverlagerung auch bei einem starken Euro noch stärker von den dortigen Wachstumschancen und der Marktentwicklung profitieren.

In Tuscaloosa wird zurzeit die R- ,M- und GL-Klasse gebaut. Ab dem Jahr 2014 werden dann 60 Prozent der C-Klasse in Bremen gefertigt, weniger als 20 Prozent in den USA und jeweils über zehn Prozent in Südafrika und China.

Bei Branchenexperten findet Daimler mit der jüngsten Standortentscheidung Anklang: "Das ist die richtige Entscheidung", sagte ein Daimler-Analyst. Ein Fünftel der C-Klasse werde derzeit schon in den USA verkauft. Da viele Beschäftigte Daimler bis 2014 freiwillig oder aus Altersgründen verließen, könne der Autobauer die "wenigen tausend überflüssig werdenden Stellen" voraussichtlich mit Abfindungen abbauen.

Scharfe Kritik kam hingegen von Teilen der Privatanleger. Die geplante Fahrzeugmontage in den USA führe durch "Billigproduktion" zu "Qualitätsminderung" und einem weiteren Verlust der Konkurrenzfähigkeit, urteilte die Aktionärsvereinigung Kritische Daimler Aktionäre.

Auch Konkurrent BMW baut Pkw in den USA, Audi strebt dort wegen des Dollar-Verfalls eine eigene Produktion an.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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