Daimler:Muss die C-Klasse aus Deutschland auswandern?

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Daimler erwägt, die Produktion der C-Klasse aus Sindelfingen abzuziehen. Die Belegschaft ist alarmiert - doch Experten sehen dafür gute Gründe.

D. Deckstein

Der Konflikt zwischen der Mercedes-Belegschaft und dem Vorstand des Daimler-Konzerns gewinnt an Schärfe. Tausende Beschäftigte im größten Werk Sindelfingen machten der Furcht vor drohendem Arbeitsplatzabbau am Montag in einer Betriebsversammlung Luft. Seit Monaten bereits trägt sich der Konzernvorstand mit Plänen, die Produktion des meistverkauften Autos aus der Mercedes-Palette, der C-Klasse, von Sindelfingen abzuziehen.

Bislang wird die Mercedes C-Klasse noch im schwäbischen Sindelfingen produziert - das könnte sich jedoch bald ändern. (Foto: Foto: dpa)

Drei Szenarien

Am späten Dienstagabend will das Daimler-Management entscheiden, welches der beiden vorliegenden Szenarien umgesetzt werden soll. Das eine sieht vor, die Produktion der täglich 660 C-Klassen-Autos, die in Sindelfingen vom Band laufen, von 2014 an auf die Werke Bremen, China, Südafrika und das US-Werk Tuscaloosa zu verlagern. Betroffen davon wären 4500 der insgesamt 20.000 Jobs im Sindelfinger Werk, dazu kämen noch einmal 2000 Arbeitsplätze bei den Zulieferern in Baden-Württemberg hinzu, wie die IG Metall errechnet hat. Mindestens aber stehen 3000 Sindelfinger Arbeitsplätze im Feuer.

Überlegt wird nämlich auch, die Produktion des 2011 neu anlaufenden Edelroadsters SL zur Kompensation vom Werk Bremen nach Sindelfingen zu verlagern. Ein weiteres Szenario, das dem Vorstand zur Abstimmung vorliegt, sieht vor, die derzeitigen Produktionsstätten unverändert zu lassen, dafür aber erhebliche Fortschritte bei der Effizienzsteigerung zu erzielen.

Im Gegensatz zu früheren Jahren argumentiert die Daimler-Geschäftsführung diesmal nicht mit Kostenproblemen heimischer Produktion und versucht, der Belegschaft Zugeständnisse beim Einkommen abzuringen. Der Daimler-Vorstand blickt vielmehr mit Sorge auf den anhaltend niedrigen Dollarkurs, der beim Export zu schaffen macht. Von den insgesamt 1,27 Millionen verkauften Pkw setzte Mercedes letztes Jahr 440.000 Modelle der C-Klasse ab, davon allein 80.000 in den USA.

Dort, in Tuscaloosa, wo derzeit Geländewagen und die R-Klasse gebaut werden, kostet die Arbeitsstunde derzeit umgerechnet 30 Euro, während sie in Deutschland mit etwa 50 Euro zu Buche schlägt. Derzeit baut Daimler 80 Prozent seiner Autos in Westeuropa, wo aber weniger als 60 Prozent verkauft werden. Aus Sicht des Duisburger Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer ist klar: "Daimler hat zu viel Wertschöpfung in Deutschland sitzen."

Etikett "Made in Germany" in Gefahr

Für Daimler-Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm sind die Vorstandsargumente nicht hinreichend. Erstens wisse man nicht, wie sich der Dollar bis 2014 entwickele, und außerdem sei das Etikett "Made in Germany" für die Mercedes-Kunden in aller Welt ein imageträchtiges Kaufargument, das man nicht so ohne weiteres verlagern könne. Außerdem: "Ob ein Vorstand etwas taugt, zeigt sich daran, ob er die Beschäftigung sichert", wetterte Klemm. Die Arbeitnehmer in Sindelfingen hätten bereits 1996 und 2004 Zugeständnisse gemacht, um die Produktion in Sindelfingen zu halten.

"Die Produktion der C-Klasse ist für die Beschäftigung am Standort Sindelfingen von zentraler Bedeutung. Wir fordern den Vorstand auf, jetzt auf Basis eines klaren Konzepts zu zeigen, dass hier keiner Angst um seinen Arbeitsplatz haben muss. Dazu brauchen wir die Fertigung der C-Klasse", sagte Klemm vor der Betriebsversammlung, zu der 10.000 Werker gekommen waren.

Ein gewichtiges Argument für ihren Standort gab ihnen unlängst auch das renommierte US-Marktforschungsinstitut J.D. Power & Associates an die Hand: Es zeichnete im vergangenen Jahr das Mercedes-Benz-Werk Sindelfingen als Auto-Fabrik mit der besten gelieferten Qualität weltweit aus. Es erhielt den "Platinum Plant Quality Award" für die Herstellung von Fahrzeugen mit den wenigsten Defekten und technischen Fehlern. In Sindelfingen werden neben der C-Klasse auch die Luxuslimousinen der E- und der S- Klasse sowie der Maybach hergestellt.

© SZ vom 01.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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