Volkswagen:Neuer alter Ärger für VW-Chef Müller

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Auftritt im Wolfsburger Werk: Matthias Müller Ende Oktober (Foto: Odd Andersen/AFP)
  • Wurde bei Porsche auch betrogen? Eine schwierige Frage für Volkswagen-Chef Müller - denn er war fünf Jahre Chef bei Porsche.
  • Die Aufklärung lahmt. Manche VW-Führungskräfte halten technische Lösungen für die betroffenen Autos für dringlicher als die internen Ermittlungen.

Von Max Hägler und Klaus Ott

Schonungslose Aufklärung und maximale Transparenz, das waren die ersten Ankündigungen von Matthias Müller, als er am 25. September zum neuen VW-Chef bestimmt wurde. Es gelte, so der vormalige Porsche-Chef, die "richtigen Lehren" aus der Abgas-Affäre zu ziehen. Und jetzt das: Es sieht so aus, als werde weiter getrickst und getäuscht. Die neuen Vorwürfe aus den USA treffen neben der Ingolstädter Tochter Audi auch Porsche in Stuttgart. In Nordamerika hat Porsche nun sogar den Verkauf des Cayenne-Modells mit Diesel gestoppt - freiwillig, betont der Autohersteller.

Wurde dort, wo Müller fünf Jahre Chef war, ebenfalls manipuliert? Eine Antwort gibt es noch nicht. Die US-Umweltbehörden und VW widersprechen einander. Es besteht aber die Gefahr, dass Müller wegen seines alten Jobs in Stuttgart bei seinem neuen in Wolfsburg schon bald in Schwierigkeiten kommen könnte.

Doch selbst wenn Porsche sauber wäre, bliebe noch ein weiteres Problem, das Müllers neuen Job am Konzernsitz Wolfsburg betrifft: Was ist seit dem 8. Oktober versäumt worden, seit der Anhörung des US-Chefs von VW, Michael Horn, im Kongress in Washington? Horn hatte sich nicht nur wortreich für die manipulierten Abgastests entschuldigt, sondern auch eingeräumt, dass man den US-Behörden noch Informationen schulde zum Auxiliary Emissions Control Device (AECD). Jene Software, um die es bei den neuen Vorwürfen geht.

Wolfsburg hätte sich ein Warnblinken gewünscht

In der Konzernzentrale in Wolfsburg wird eingeräumt, seit Horns Auftritt im Kongress sei klar gewesen, dass das Thema AECD mit den US-Behörden geklärt werden müsse. Man hätte sich aus heutiger Sicht gewünscht, dass "rote Lampen" aufblinken. Man wisse in der Konzernzentrale nicht, ob das verdrängt worden oder "unter dem Radar geblieben" sei. Es ist zwar ein Gespräch für diesen Donnerstag anberaumt, aber das war anscheinend für die US-Seite nicht genügend.

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Ein Gespräch eines VW-Vertreters in Washington, vier Wochen nach Horns Auftritt im Kongress - maximale Transparenz sieht anders aus. Es ist in Wolfsburg kein Geheimnis, dass es in dieser Hinsicht hapert. Manche Führungskräfte halten es für dringlicher, technische Lösungen für die betroffenen Fahrzeuge zu finden, als die internen Ermittlungen voranzutreiben, auch wenn Müller beides für gleich wichtig hält. "Die Aufklärung stockt", sagt einer aus der Konzernspitze. Es gebe offenbar etliche Manager, die "Dreck am Stecken" hätten und irgendwie durchkommen wollten.

VW-Chef Müller ist den Familien Porsche und Piëch sehr verbunden

In der Konzernzentrale und im Aufsichtsrat wird Müller in Schutz genommen. An ihm liege es nicht, dass vieles noch im Dunkeln liege, sondern an seinem Umfeld. Dazu gehören auch die Hauptaktionäre, die Familien Porsche und Piëch. Sie gelten nicht gerade als Freunde der Aufklärung. Müller ist als langjähriger Konzernmanager den beiden Clans sehr verbunden und sitzt auch im Vorstand der Porsche Holding SE, in denen die Familien ihre VW-Anteile gebündelt haben. Mehr Nähe geht fast nicht.

Das könnte für Müller zum Problem werden beim Versuch, rigoros aufzuräumen. Auch wenn VW betont, für den Konzernchef habe die "rückhaltlose Aufklärung höchste Priorität", ohne Rücksichtnahme auf Ansehen oder Rang betroffener Personen. Viel Zeit bleibt jedenfalls nicht mehr. "Wenn wir jetzt unsere Aufgaben nicht erledigen", sagt einer, der mittendrin ist im Geschehen, "dann holt uns der Teufel."

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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