Miserable Wachstumszahlen:Griechenlands Wirtschaft im freien Fall

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Wenn die Troika der Geldgeber nach Griechenland zurückkehrt, besucht sie ein Land im Niedergang: In drei Monaten ist die Wirtschaft erneut um mehr als sechs Prozent eingebrochen. Die Arbeitslosigkeit steigt und steigt. Um an Geld zu kommen, verkauft die griechische Regierung fast zwei Dutzend Häfen.

Ein Land ohne Geld ist ein Land am Abgrund: Investoren fliehen, die Reichen bringen ihr Vermögen ins Ausland, die Regierung muss radikal kürzen. Griechenland kommt nicht aus der tiefen Rezession heraus. Die griechische Wirtschaft schrumpfte zwischen April und Juni um 6,2 Prozent zum Vorjahresquartal, teilt das Statistikamt in Piräus mit.

Insgesamt schrumpft die Wirtschaft etwas langsamer. Bereits im ersten Quartal war die Konjunktur um 6,5 Prozent eingebrochen. In den letzten drei Monaten 2011 waren es noch 7,5 Prozent.

Der jetzige Einbruch um 6,2 Prozent fiel dennoch geringer aus als von vielen Analysten erwartet - sie waren von sieben Prozent ausgegangen. Manche Beobachter schrieben diesem kleinen Aufwärtstrend die leichte Erholung des Dax am Montag zu. Allerdings könnte auch das deutliche Plus des Aktienkurses von Eon eine Rolle dabei spielen. Der Energiekonzern hatte am Morgen sehr gute Zahlen vorgelegt.

Regierungschef Antonis Samaras hatte jüngst angekündigt, die Wirtschaft könnte 2012 insgesamt um mehr als sieben Prozent schrumpfen. Parallel dazu erreicht auch die Zahl der Arbeitslosen in Griechenland immer neue Rekordmarken: Im Mai lag die Arbeitslosenquote bei 23,1 Prozent.

Auch eine besonders traurige Statistik führt Griechenland inzwischen an: Mehr als die Hälfte der jungen Griechen unter 25 Jahren ist ohne Job. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 54,9 Prozent - und damit nun sogar höher als in Spanien, das lange an der Spitze der Rangliste stand.

Um an frisches Geld zu kommen, treibt die Regierung in Athen die von den Geldgebern geforderten Privatisierungen voran. 23 griechische Häfen wurden nun an den Privatisierungsfonds Taiped übertragen. Zum Verkauf stehen unter anderem die Häfen der Jetset-Insel Mykonos und der Yacht- und der Fährhafen der großen Touristeninsel Rhodos.

Troika entscheidet über weitere Hilfsgelder

Über den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone wird wohl noch diesen Herbst entschieden. Die Finanzexperten der sogenannten Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank kehren im September nach Athen zurück, um zu prüfen, ob der Staat seine Reformzusagen als Gegenleistung für die Finanzhilfen einhält. Davon hängt ab, ob die nächste Hilfstranche aus dem zweiten Rettungspaket in Höhe von 30 Milliarden Euro ausgezahlt wird.

Ohne das Geld kann Athen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen - ein Ausscheiden aus dem Euro wäre wohl alternativlos. Aus der deutschen Regierung kommen weiter Forderungen, vor allem von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP): Er sagte dem Focus, er sei wegen der vermeintlichen Tatenlosigkeit der griechsichen Regierung "ernüchtert". Sie habe kein Interesse an Reformen zur Bewältigung der Krise.

Da Griechenland hinter den Sparplänen zurückliegt, bleiben für die Geldgeber nur zwei wahrscheinliche Szenarien. Die Troika kann aufhören zu zahlen, die Rettungsbemühungen einstellen. Oder die Geldgeber legen noch einmal nach: Sie könnten Griechenland einen Teil seiner Schulden erlassen, wie es der Internationale Währungsfonds (IWF) jüngst gefordert hatte. Alternativ bräuchte Athen ein weiteres Hilfspaket. Für beide Schritte fehlt aber bislang die Zustimmung der Gläubiger.

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