Anhaltende Rezession:Spaniens Schrumpfkurs wird chronisch

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Die Wirtschaftsleistung schwindet seit fünf Quartalen, die Rezession vernichtet Arbeitsplätze, die Probleme im Finanzsektor sind lange nicht gelöst: Spaniens Situation ist unsicherer denn je. Auf positive Nachrichten folgt meist schnell ein Dämpfer.

Die Freude von Mariano Rajoy währte nur kurz. Am Wochenende hatte der spanische Premier noch den deutlichen Erfolg seiner konservativen Partei bei den Regionalwahlen in Galicien bejubelt. Doch schon Anfang der Woche überdeckte der wirtschaftliche Niedergang seines Landes den politischen Sieg wieder: Die spanische Wirtschaft ist das fünfte Quartal in Folge geschrumpft.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,4 Prozent gesunken. Das geht aus dem jüngsten Monatsbericht der spanischen Zentralbank hervor. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beziffert die Notenbank den Rückgang auf 1,7 Prozent.

Bereits im zweiten Quartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung der viertgrößten Euro-Volkswirtschaft um 0,4 Prozent zum Vorquartal. Im ersten Vierteljahr fiel ein Minus von 0,3 Prozent an. Für das gesamte Jahr 2012 erwarten die Währungshüter einen Rückgang des BIPs um 1,5 Prozent.

Und auch der Ausblick auf das kommende Jahr kann Rajoy nicht beruhigen: Nach Schätzungen der Zentralbank wird die Wirtschaft in Spanien erneut um 0,5 Prozent schrumpfen.

Spanien droht, Defizitziele zu vefehlen

Die anhaltende Rezession wirkt sich auch negativ auf die Neuverschuldung des Landes aus: Wie die spanische Tageszeitung El Confidencial berichtete, hat die Regierung in Madrid die Europäische Union (EU) informiert, dass das Defizit 2012 bei 7,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegen werde. Das mit den europäischen Partnern vereinbarte Maximalziel von 6,3 Prozent würde damit deutlich verfehlt.

Laut dem Bericht soll der Schuldenstand Spaniens in diesem Jahr auf 85,3 Prozent des BIP klettern. Ende 2011 hatten die öffentlichen Schulden laut Eurostat noch bei 69,3 Prozent gelegen. Die spanische Zentralbank bezeichnete es in ihrem Monatsbericht als "sehr ambitioniert", die Budgetziele im kommenden Jahr zu erreichen. Weitere Haushaltseinschnitte könnten notwendig werden.

Die spanische Regierung will die Neuverschuldung 2013 auf 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Die meisten Experten rechnen jedoch nicht damit, dass das funktionieren wird. So erwartet beispielsweise der Internationale Währungsfonds (IWF), dass das Budgetdefizit im kommenden Jahr bei 5,7 Prozent liegen wird und die Staatsschulden auf 90,7 Prozent steigen.

Vor allem die Situation auf dem Arbeitsmarkt bereitet Premier Rajoy Sorgen. Die Arbeitslosenquote liegt bei fast 25 Prozent - unter den Jugendlichen findet jeder zweite keinen Job. Wie die aktuelle Studie einer EU-Stiftung zeigt, hat die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa dramatische Folgen.

"Fortschritte nicht nachhaltig"

Hinzu kommen massive Finanzprobleme: Die spanischen Banken sitzen auf Milliarden fauler Kredite - Madrid hat bereits Hilfen aus dem Rettungsfonds EFSF beantragt. Die Regierung selbst kämpft um das Vertrauen der Anleger. Aktuell zeigen sich die Investoren in Kauflaune: Bei einer Versteigerung kurzfristiger Staatsanleihen nahm die spanische Regierung am Dienstag 3,5 Milliarden Euro ein. Das Positive: Die Nachfrage war so groß, dass Spanien auch die doppelte Menge von Papieren losgeworden wäre.

Dennoch seien die "Fortschritte nicht nachhaltig", sagte ein Ökonom der Citigroup der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Die Unsicherheit ist immer noch sehr groß." Die Ratingagentur Moody's hat am Dienstag gleich fünf spanische Regionen herabgestuft, darunter Katalonien und Andalusien.

Wohl auch wegen der unsicheren Lage in Spanien hält Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Euro-Krise noch nicht für überwunden. "Ich bin nicht sicher, ob der Höhepunkt der Krise überschritten ist", sagte Schäuble auf einem Branchentreffen in Berlin.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/Reuters/hgn/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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