Wein:Cuvée ist der Inbegriff von Luxus

Wein: Viel besser als ihr Ruf: Cuvée-Weine.

Viel besser als ihr Ruf: Cuvée-Weine.

Cuvée ist viel besser als sein Ruf. Aus dem Verschnitt unterschiedlicher Rebsorten entstehen Spitzen-Weine. Die bekannteste Mischung: Champagner.

Von Herbert Stiglmaier

Restaurantgäste inhalieren sein Bouquet mit bedeutungsvoller Miene, Formel -1-Sieger verspritzen ihn mit triumphantem Lachen und Sommeliers füllen seine bedeutenderen Jahrgänge mit Andacht in große Burgunder-Gläser. Keine Frage, Champagner gilt so sehr als Inbegriff von Feinheit und Luxus, dass man ihn selten ohne Attitüde trinkt. Sein Anbaugebiet, die Champagne, ist nicht nur klar definiert, sondern auch den meisten Nichtweintrinkern ein Begriff und sein Image seit Jahrhunderten hervorragend.

Doch aus welcher Rebsorte ist er gemacht? Das ist viel weniger bekannt. Drei sind erlaubt: Der weiße Chardonnay und die roten Rebsorten Pinot Noir (Spätburgunder) und Pinot Meunier (Schwarzriesling). Damit ist Champagner die berühmteste Cuvée der Welt. Chardonnay bringt die appetitanregende Mineralität, Pinot Noir die Fülle und Pinot Meunier die fruchtige Note. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Champagner auch aus einer einzigen Rebsorte entstehen darf, aus Chardonnay ("Blanc de Blancs") oder Spätburgunder ("Blanc de Noirs"). In den meisten Fällen wird er aber nicht nur aus drei verschiedenen Rebsorten gekeltert, sondern auch aus weißen und roten Trauben. Warum? Ganz einfach: weil es schmeckt.

Spitzen-Weine aus dem Bordelais? Perfekte Verschnitte

Im Grunde hätte dieses Beispiel für die Ewigkeit reichen müssen, um den guten Ruf der Cuvée zu sichern. Leider aber ist das nicht der Fall. Obwohl Spitzen-Cuvées bei vielen Winzern eher Regel als Ausnahme sind und das Verschneiden von Weinen geschmacklich oft schlicht notwendig ist, habe der Begriff bis heute "bei vielen Weinliebhabern keinen guten Klang", heißt es etwa im "Oxford Weinlexikon" von Jancis Robinson, und "das ihm entgegengebrachte Misstrauen beruht vielfach auf unzulänglichem Verständnis der Zusammenhänge".

Schade. Denn was die Cuvée vermag, ist natürlich auch abseits der Champagne und ihrem Marketing zu begutachten. Etwa in Röttingen im Taubertal, wo der stille Jürgen Hofmann an Weinen arbeitet, die Aufmerksamkeit verdienen. Die fast ausgestorbene rote Rebsorte "Tauberschwarz" hat er zum fränkischen "Barolo" wiederbelebt. Seine Silvaner, Rieslinge und Spätburgunder überzeugen mit Filigranität.

So gesehen hätte es also die Cuvée "Sophie Marie" nicht unbedingt gebraucht im Leben von Jürgen Hofmann. Aber da war dieser Schüleraustausch in der zwölften Klasse. Damals kam Hofmann nach Saint-Émilion im Bordelais, sozusagen ins Epizentrum der Cuvée. Winzersohn zu Winzerfamilie. Neun Jahre später, 2004, kaufte Hofmann dann seine ersten Stöcke der Bordeaux-Rebsorten Merlot und Cabernet Franc. Und "nach dem zehnten Ertragsjahr wurden meine Weine dann besser", erzählt Hofmann lakonisch. Er spricht ein zartes Fränkisch, bei dem man die Endungen der Verben einfach weglässt. Der höchste Adelstitel, den er Wein angedeihen lässt, heißt: "Ka ma trink."

Den erfolgreichsten Wein seines Gutes aber hat er mit seiner weißen Cuvée "Flint" geschaffen. Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau bilden die Basis. Den Kick liefert eine Rebsorte, deren Ruf nicht gerade einen Donnerhall auslöst: Vom Bacchus gibt Hofmann je nach Jahrgang nur zwischen fünf und zehn Prozent zu und damit die plakative Aromatik, die an Sauvignon blanc erinnert.

Als er anfangs alle Weine aus den beteiligten Rebsorten zu gleichen Teilen vermählt hatte, zahlte er aber Lehrgeld, denn die Aromarebsorte Bacchus dominierte den Wein über die Maßen. Heute glänzt die Cuvée mit Frische, Saftigkeit. "Ist trotzdem nicht so ein leichtes Persönchen", sagt Hofmann und schiebt noch das Dogma der Winzer hinterher, die sich dem Verschnitt widmen: "Wenn man eine Cuvée richtig macht, dann ergibt sie einen komplexeren Wein als im reinsortigen Ausbau."

Gute Cuvées

2016 Bentz Roséwein Cuvée, VDP, Weingut Aldinger, 70734 Fellbach/Württemberg, T 07 11/58 14 17, www.weingut-aldinger.de, € 6,90

2016 Flint, Weingut Jürgen Hofmann, 97285 Röttingen/Franken, Geisels Weingalerie, 80335 München, geiselsweingalerie.de, € 9

2014 "TO" (Welschriesling, Chardonnay, Sauvignon blanc), Weingut Heinz Velich, A-7143 Apetlon/Neusiedlersee, eleganter Österreicher mit burgundischer Note, Dallmayr, 80331 München, dallmayr-versand.de, € 16,50

2014 Hemera, Weingut Römmert, 97332 Volkach/Franken, weingut-roemmert.de, T 093 81/23 66, aus Weißburgunder und Chardonnay sind die meisten weißen Cuvées in Deutschland gemacht, € 21

1997 Château Haut-Marbuzet Cru Bourgeois (Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot), feine kräuterige Noten mit Eleganz, Alpina, 86807 Buchloe, T 082 41/500 51 46, alpinawein.de, € 31,90

Thienot Brut Rosé, Champagne Thienot, Reims, Aromen nach Himbeeren und Sauerkirschen im Glas, sehr weinig, Champagne Characters Boutique, 80469 München, T01 77/490 05 19, champagne-characters.com, € 42,90

2013 Granat, Weingut Albrecht Schwegler, 71404 Korb/Württemberg, Weingut mit nur knapp sechs Hektar Fläche: fünf Cuvées, Granat ist der Topwein. Wein-Bastion, 89077 Ulm, wein-bastion.de, T 07 31/669 93, € 52,75

Aus Resten zusammengeschüttet

Cuvée. Das Wort mag lässig klingen, trotzdem beschleicht viele noch immer die unangenehme Vorstellung, dass der Winzer unter dieser Überschrift alles an Wein zusammenschüttet, was er übrig hatte. Ohne Zweifel - solche Weine gibt es im untersten Qualitäts-Segment. Und als es noch an entsprechenden Gesetzen fehlte, mag so mancher Winzer seine besseren Weine mit schlechteren gestreckt haben. Aber das ist Geschichte. Und einige der größten Tropfen der Welt sind eben Cuvées.

Man denke nur an die feinen Bordeaux-Weine, die meist nichts anderes sind als perfekte Verschnitte aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot. Auch die sogenannten Supertoskaner Tignanello und Sassicaia stammen nicht aus einer einzigen Traube. Überhaupt die Rebsorte: Nur im deutschsprachigen Raum kommt sie durchgehend aufs Etikett. Auf einem Chianti, Weißem oder Rotem aus Burgund oder von der Rhône findet man stattdessen eine Lage, den Wein-Namen oder den des Winzers.

Die Cuvée, deren Name aus dem Französischen kommt ("Cuve" ist der Gärbehälter), bietet dem Winzer Vorteile bei der Weinbereitung: Er kann mit dem Zusammenführen von Weinen Jahrgangsunterschiede bei den verschiedenen Rebsorten nivellieren, Charaktereigenschaften einer Sorte ausgleichen oder betonen und so eine Balance stiften, die den Wein erst interessant und wiedererkennbar macht. Die Mitspieler dabei sind Frucht, Säure, Extrakt, Gerbstoff, Alkohol und Restsüße. In den meisten Fällen baut der Winzer vorher die Weine getrennt im Stahltank oder im Holzfass aus. Bei der "Assemblage" werden dann die Grundweine nach vielen Vorversuchen endgültig zusammengebracht.

Die Rebsorten können aber auch früher vermählt werden. Möglich ist eine gemeinsame Gärung nach getrennter Lese. Und werden die Trauben zusammen gelesen, gepresst und vinifiziert, dann spricht man vom "Gemischten Satz". Früher war das die gängige Art, Wein zu machen. Heute erlebt der "Gemischte Satz" eine kleine Renaissance in Franken und große Anerkennung im Anbaugebiet Wien, wo er eine geschützte Ursprungsbezeichnung hat.

In Deutschland ist Württemberg ein Dorado für die Cuvée, vor allem die roten beeindrucken, ob nun Rainer Schnaitmanns "Simonroth" aus Merlot, Cabernet und Lemberger oder Albrecht Schweglers "Granat" aus Zweigelt, Cabernet Franc und Cabertin. Gleich vier verschiedene Cuvées, darunter den gerühmten roten "C", findet man in Fellbach beim Weingut Aldinger. Beim "Bentz Rosé" darf sogar der verrufene Trollinger mitspielen. "Der hat eine wichtige Rolle", sagt Matthias Aldinger. "Mit seiner Leichtigkeit und seinem geringen Alkoholgehalt bildet er das Gegengewicht zu den kräftigen Rotweinsorten."

Und die Diskussion, ob nun ein reinsortiger Wein oder eine Cuvée als höherwertiger anzusehen ist, darf man als unsinnig bezeichnen. Das EU-Recht liefert dazu ein süffiges Detail: Mit sehr wenigen Ausnahmen darf dem "reinsortigen" Wein nämlich bis zu 15 Prozent eines Weines aus einer anderen Rebsorte zugegeben werden. Ohne Deklaration versteht sich. Das heißt dann "Bezeichnungsunschädlich".

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