Umstrittene Luxusunterkünfte für Haustiere:Leben wie ein Hund in Frankreich

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Eine Massage für den gestressten Großstadt-Hund oder ein Menu à la carte für das tierische Schleckermaul: Ein Luxus-Hotel für Vierbeiner in Paris empört angesichts der Wohnungsnot viele Zweibeiner. Mancher Systemkritiker argwöhnt hinter dem Edel-Etablissement eine Abart des Kapitalismus.

Michael Kläsgen, Paris

Ulysse sitzt auf einem Canapé und knabbert am Ohr seines Hippo-Stofftiers. Cleo verausgabt sich auf dem Laufband. Und im Schwimmbad mit regulierbarer Wassertemperatur planscht ein Golden Retriever. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Den Vierbeinern scheint es hier zu gefallen. Keiner kläfft, keiner knurrt.

Dösen im Designerbett: Das Tierhotel "Actuel Dogs" im Pariser Stadtteil Vincennes bietet neben luxuriösen Übernachtungsstätten für Vierbeiner auch Massagen für den gestressten Großstadt-Hund. (Foto: Getty Images)

"Das Wohlergehen der Hunde ist unser größtes Anliegen", sagt Dévi Burin. Die junge Dame mit dem Pferdeschwanz betreibt gemeinsam mit ihrem Mann das erste Luxus-Hotel für Hunde in Paris.

Hunde-Hotels gibt es einige in der Welt. Manche davon sind reine Stundenhotels für tagsüber. Das Actuel Dogs in Vincennes im Osten der Stadt ist eine Heimstatt für die ganze Nacht oder sogar einen Monat. Vor allem aber ist es ein Etablissement des gehobenen Geschmacks, ausstaffiert mit vier Pfoten, gemeint sind Sterne.

Auf Wunsch ein Menu à la carte

Verdient hat es diese Auszeichnung den Betreiber zufolge, weil es einige Verwöhn-Kriterien erfüllt. Massagen für den gestressten Großstadt-Hund, ein Spielsaal zum toben, auf Wunsch ein Menu à la carte. Und abends können sie vor dem Fernseher in ihrem Zimmer ausspannen.

Fernseher? Dévi Burin nickt. Die flackernden Bilder halten die Hunde im Bann. Das sei auch nicht anders als bei den Menschen. Gegen 22 Uhr ist Schluss. Nachtruhe. Dann wird die Glotze ausgemacht.

Die Türen bleiben offenstehen, damit sich die armen Hundeseelen nicht ausgesperrt fühlen. "Sie sollen ein Leben in Freiheit führen", betont Stan Burin. Deswegen können sie den Raum verlassen, wenn sie das Bedürfnis danach haben. Das "innere Gleichgewicht" der Vierbeiner, gerät leicht ins Wanken. Sie bräuchten ein fein austariertes Equilibrium aus Bewegung und Zuneigung. Deswegen bietet das Hotel verschiedene Wasch- und Frisier- Möglichkeiten sowie einen ganzen Katalog an Gassi-geh-Varianten im Park von Vincennes: längere Wanderungen, Spaziergänge oder mit joggendem beziehungsweise Rad fahrendem Betreuer.

Im Hotel erklingt zudem sanfte, beruhigende klassische Musik. "Wir tun alles, damit es den Hunden gut geht", versichert der Tierverhaltenstherapeut. Herrchen und Frauchen können sich davon über eine Webcam in den Hotelzimmern überzeugen.

Kritik an der Luxus-Absteige für Hunde

Manchen Zweibeinern geht die Fürsorge freilich zu weit. "Viele müssen auf der Straße leben, die Hunde aber logieren fürstlich im Hotel", moniert ein Bürger im Internet. "Beschämend", kommentiert ein anderer. "Das wahre Tier befindet sich manchmal am anderen Ende der Leine", ätzt Monsieur T. Systemkritiker argwöhnen über eine Abart des Kapitalismus. Zur Kritik wollen sich die Betreiber nicht äußern.

Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl sind die Wohnungsnot in Paris, die hohe Mieten und die sinkende Kaufkauft sensible Themen, über die die Kandidaten leidenschaftlich streiten. Da wirkt die Luxus-Absteige für Hunde dekadent. Allein die Tatsache, dass die Tiere in neun bis zwölf Quadratmeter großen Zimmern beziehungsweise Suiten residieren, lässt aufhorchen - das ist mehr als mancher Studenten hat. Mindestlohnempfänger finden sogar mitunter überhaupt keine bezahlbare Unterkunft und müssen in Notherbergen unterkommen.

Die Burins hingegen führen an, nur eine Marktlücke für geplagte Geschäftsleute gestopft zu haben, so wie es andere im Ausland vor ihnen getan haben. Zugegeben, vielleicht etwas luxuriöser. Dafür aber für international vergleichsweise erschwingliche Preise von bis zu 45 Euro die Nacht.

Wie dem Gästebuch zu entnehmen ist, danken es Herrchen und Frauchen.

© SZ vom 12.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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