Stilkolumne "Ladies & Gentlemen":Astrochic

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"Rodarte" auf der Mercedes-Benz Fashion Week am 11. Februar 2014 in New York. (Foto: Getty Images)

Das Space Age feiert Geburtstag. Designer spielen diesen Herbst mit futuristischen Star-Wars-Referenzen und Nasa-Dekoration. Doch all das ist nur eine vage Annäherung.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

In diesem Jahr feiert eine großartige Stilepoche 50. Geburtstag: das Space Age. Designer wie Pierre Cardin und Rudi Gernreich stellten sich damals vor, wie Frauen im Jahr 2000 wohl aussehen würden, und dabei entstanden die bis heute coolsten Plastikhüte, -helme und -frisuren.

1957 hatten die UdSSR schließlich einen Sputnik ins All geschossen und damit den Wettlauf zum Mond offiziell für eröffnet erklärt! Wer den 1969 gewonnen hat, wissen wir. Fünf Jahre vorher aber hatte André Courrèges sich schon den Look dazu ausgedacht: Mini-Tuniken, transparente Chiffon-Tops, und das alles in futuristischem Silber und Weiß. Grandios sah das aus! Und was tragen wir heute?

Courrèges wäre enttäuscht gewesen

Nun, alles Mögliche, aber an Courrèges' sexy "Moongirls" kommen wir nicht heran. Nicht annähernd. Courrèges wäre sehr enttäuscht gewesen - vor allem, wenn er den aktuellen Space-Fashion-Vorschlag von Rodarte gesehen hätte! Die Mulleavy-Schwestern haben auf Abendroben Helden ihrer Kindheit gedruckt: Luke Skywalker, Yoda, R2-D2, C-3PO.

Man weiß gar nicht, wen aus der Star-Wars-Saga man hier zuerst zitieren soll, aber vielleicht den höflichen Protokoll-Druiden? "Vor lauter Aufregung hat mein Partner einen Schaltkreislaufkollaps erlitten." Oder lieber gleich den weisen Yoda? "Viel zu lernen du noch hast." Die Zukunft ist nämlich so viel trauriger, als es sich die Space-Age-Designer ausgemalt haben: Diese Kleider sind zwar dafür gemacht, nach einer Fashionshow in Lichtgeschwindigkeit um die Welt zu jagen. Allerdings auf Instagram & Co. und mit der aufmerksamkeitsheischenden Bemerkung, dass George Lucas in der Front Row saß.

(Julia Werner)

Eine alte und sehr weise Moderegel lautet: "Wenn's beim Model schon doof aussieht, dann unbedingt Hände weglassen!" Für Haute Couture gilt das natürlich nicht, aber das hier ist Prêt-à-porter von Raf Simons, das wäre schon tatsächlich so angedacht. Man sieht den neuen Mann im Herbst demnach als einen intergalaktischen Stallknecht mit Mondaufnäher, eine Trägerrakete auf zwei Beinen. Dabei ist der Reflex hinter diesen Entwürfen natürlich verständlich.

Der Astronaut als ewiges Role Model

Seit jeher wird so ziemlich alles Überflüssige, was sich an eine männliche Zielgruppe richtet, mit dem Beisatz "ursprünglich für den Weltraumeinsatz konzipiert" oder "zuerst von der Nasa entwickelt" versehen - Uhren, Kugelschreiber, Aufbaupräparate, alles wurde schon im Weltraum getestet. Der Astronaut ist eben ein ewiges role model für Knabe und Mann und ein Produkt, das nach Mondlandung aussieht, gleich noch mal begehrenswerter als was mit Militär- oder Dschungelaroma (das wären dann die nächsten Themenfelder in den Männlichkeits-Charts).

Als die Nasa vor einigen Monaten selbst dieses Interesse ausnützte und das Netzpublikum über die Designvarianten wirklicher Weltraumanzüge abstimmen ließ, waren tatsächlich auch so ähnliche Schuhe im Spiel, wie sie hier angetragen werden - schöne, klobige Marsrover, mit denen man vermutlich ausgezeichnet einen bemannten Spaziergang durch den Stadtpark absolvieren kann. Beim Andockmanöver im nächsten Club allerdings dürften die Insassen darin relativ umstandslos verglühen. Dann schon lieber klassische Moonboots - aus denen kommt man im Notfall schnell raus.

(Max Scharnigg)

© SZ vom 06.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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