WM-Kolumne: Die Vorstopperin:Schick kickt gut

Die grauen Fifa-Herren haben es ja nicht anders gewollt: Die "schönste Seite" des Fußballs wollten sie uns bei der Frauen-WM präsentieren. Jetzt müssen sie sich fragen lassen, ob sie ihr Versprechen eingehalten haben.

Lena Jakat

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(Foto: dpa)

In Südafrika feierte die Fifa 2010 die Menschlichkeit Afrikas. Vor fünf Jahren war die "Welt zu Gast bei Freunden", hier in Deutschland. Und wenn die Slogans der Männerturniere schon so hehre innere Werte wie Gastfreundschaft und Humanität hochhalten, kann sich das Motto der Frauen-WM 2011 auch mal ganz der Optik widmen, dachte wohl der Weltfußballverband: "20Elf von seiner schönsten Seite!", lautet der offizielle Werbespruch. Viel Richtiges ist schon gesagt über diesen Slogan und über das wenig emanzipierte Frauenbild, das die Kommunikation über diese WM, gerade zu Beginn, beherrschte. Sogar Bayerns Frauenministerin Christine Haderthauer - nicht eben für militanten Feminismus bekannt - hat sich kritisch dazu geäußert. Ohnehin ist mindestens fraglich, was davon bei den grauen Herren von der Fifa und dem WM-Organisationskomitee ankommt. Also nehmen wir sie - das muss an dieser Stelle erlaubt sein - bei ihrem ganz und gar daneben geratenen Wort: Die "schönste Seite" haben sie versprochen und was haben wir bekommen? Eine Stilkritik.

WM-Kolumne: Die Vorstopperin

Silvia Neid

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(Foto: dpa)

Der Hosenanzug ist das neue Blau: Silvia Neids Trainer-Leistungen bei diesem Turnier waren diskutabel - aber bleiben wir an der Oberfläche. Die war bei ihr stets makellos, Neid fügte sich in der Ästhetik-Offensive der Fifa bereitwillig in die Rolle des weiblichen Löw. Die Haare fielen ihr - wie ihm - stets locker in die Stirn, die Schläppchen trug sie farblich fein abgestimmt. Und vor allem: Der Hosenanzug saß - am Ende leider sogar besser als die Pässe ihrer Spielerinnen. Ein neues must have ist vom Chic am Spielfeldrand allerdings nicht so einfach abzuleiten wie bei Jogis Pulli. Anders als ihr Kollege aus der Männermannschaft wechselte Neid die Oberbekleidung zu jedem Spiel.

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Pia Sundhage

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(Foto: dapd)

Diese Frau dagegen verkörpert statt seriösen Sportmanager-Looks eher die (wäre man böse, stünde hier Nach-)Lässigkeit des Kabinenkumpels: Pia Sundhage, Trainerin der US-Amerikanerinnen, war stets nur in Sportklamotten zu sehen. Garderobe also? Naja. Schmuck? Höchstens das rote Bändchen mit der Vip-Karte. Make-Up? Fehlanzeige, nicht mal ein bisschen Farbe fürs Haar. Obwohl sie damit vielleicht endlich aussähe wie 51 (ihr wahres Alter) und nicht wie die Oma von Torhüterin Hope Solo. Ein Schuft, der flüstert: Sie hat es immerhin ins Finale geschafft. Es geht hier schließlich um die "schönste Seite", nicht um die beste.

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Lotta Schelin

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(Foto: AP)

Von ihr träumen die Männer, die als Jungs gerne selbst in der Krachmacherstraße gekickt hätten. Zwar ist Lotta Schelin, die Stürmerin der Schweden, inzwischen erwachsen geworden. Aber noch immer ist sie das Mädchen vom Bolzplatz nebenan (jaja, auch wenn sie schon lange weggezogen ist, nach Lyon). Stupsnase, Sommersprossen, Pferdeschwanz: Die "süßeste Seite" wäre in ihrem Fall vielleicht passender.

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Josefine Öqvist

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(Foto: AP)

Überhaupt, diese schwedischen Stürmerinnen: Sie können nicht nur süß, sondern auch sexy. Josefine Öqvist kam schon lange vor der WM ins Gerede - als sie sich nämlich 2004 für ein schwedisches Herrenblatt auszog, dessen Name für deutsche Ohren ganz fürcherlich versaut klingt. Im Spiel gegen die Nordkoreanerinnen in Augsburg zog sich Öqvist wieder aus - diesmal jedoch nur, um mit einem Fan am Spielfeldrand Trikots zu tauschen. Was nicht nur diesen männlichen Fan erfreute, sondern auch all die 845.905 - soviel Mutmaßung sei erlaubt: männlichen - Internetnutzer, die den entsprechenden Clip bis Freitag auf Youtube anklickten. Wäre es verwegen zu denken, so mögen sich das manche bei der Fifa vorgestellt haben mit der Schönheit?

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Nordkorea

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(Foto: dapd)

Militärisch schnörkellos präsentierte sich die Frauschaft aus Nordkorea. Keine verirrte Locke störte das Bild, kein Zöpfchen und kein Spängchen: Der sozialistische Einheitsfriseur hatte vor dem Abflug in den Westen gnadenlos zugeschlagen. Wenn das Teil einer ausgeklügelten Verwirrungsstrategie sein sollte, hat es jedenfalls nicht funktioniert. Nur Torhüterin Hong Myong Hui war sogar so etwas wie ein Pony erlaubt. Aber die durfte ja schließlich auch in Blau kommen.

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Louisa Necib

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(Foto: AP)

So elegant und virtuos wie sie spielt, nennen französische Medien Louisa Necib die weibliche Version von Zinedine Zidane. Was sich - würde man sich hier nicht strikt aufs Oberflächliche beschränken - aus Frauenperspektive schon wieder vortrefflich diskutieren ließe. Vielleicht ist das aber auch einfach nett gemeint und soll eine Anerkennung ausdrücken, die über ihr Lächeln hinausgeht. Schließlich würden sich auch die meisten Männer nur zu gern mit Zidane vergleichen lassen.

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Hope Solo

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(Foto: Getty Images)

So schön fliegen nur Engel - und natürlich Hope Solo. Die US-amerikanische Torfrau mit dem breiten Grinsen wird so wohlwollend kommentiert wie wenige andere Spielerinnen dieser WM. Ein völlig hingerissener Fan machte der 29-Jährigen beim Halbfinale gegen Frankreich gar einen Heiratsantrag - er malte "Marry me, Hope - I'm Solo" auf ein Plakat. Derartige Begeisterungsstürme sind -  natürlich - zum einen auf die angenehme Optik und auf ihren lyrischen Namen  zurückzuführen. Aber wäre dem auch so, hätte sie nicht diese überragende Leistung gezeigt? Schönheit allein reicht halt doch nicht immer.

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Lira Bajramaj

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(Foto: dpa)

Wenigstens eine aus dem deutschen Kader (neben der bereits erwähnten Frau im Hosenanzug natürlich) hat alles verstanden und sich der Mottoparty angepasst: Lira Bajramaj posierte - die Nägel passend zum Ohrschmuck - auf einer Pressekonferenz der deutschen Frauen mit sanften Wallelocken so enthusiastisch, als befände sie sich in einem Casting für den TV-Spot eines Haarkur-Herstellers und nicht in einer Fußball-WM.  Hände gehören im Fußball ja bekanntlich nicht an den Ball, auch keine Frauenhände - was in dieser Weltmeisterschaft 30 Sekunden lang allerdings nicht zu gelten schien. Nämlich als die Äquatorialguineerin Bruna das Leder in die Arme schloss. Aber Stutzen zurecht zerren und auf den Rasen fallen, macht auch Kratzer im Lack. Wie oft Bajramaj wohl während des Turniers gepinselt hat? Zeit hatte sie dafür ja genügend - auf der deutschen Bank.

WM-Kolumne: Die Vorstopperin

Nia Künzer

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(Foto: HR/Benjamin Knabe)

Weil Fußball nicht nur jetzt schön ist, sondern eigentlich schon immer war, auch wenn diese Ignoranten das damals vielleicht noch nicht erkannt haben, steckte der Hessische Rundfunk seine Expertin Nia Künzer in einen Neidschen Hosenanzug und schickte die frühere Nationalspielerin in die Maske. Die meinte es allerdings ein wenig zu gut mit der Schönheit. Die arme Frau Künzer sah bisweilen aus, als hätte ein ganzes Dutzend Kosmetikerinnen ihre praktische Abschlussprüfung an ihr absolviert. Dann lieber Fußball ohne Schminke, wie bei Pia Sundhage. Funktioniert bei den Jungs doch auch. Und ist auch schön.

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Franziska van Almsick

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(Foto: dapd)

Was macht ein Fernsehsender, wenn ihm die ehemaligen Nationalspielerinnen als Expertinnen für die Halbzeitpausen nicht schön genug sind? Ganz einfach: Er lädt eine schöne, ehemalige Schwimmerin ein. Schließlich schreibt die ja auch in der Bild-Zeitung eine WM-Kolumne. Das sollte doch Qualifikation genug sein. Die Schwimmerin Franziska van Almsick kann über Fußball aber weniger sagen als eine Fußballerin? Egal. Hauptsache, sie tut es von ihrer schönsten Seite.

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