Windsurfer Philip Köster:Wie ein fliegender Bär

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20-Meter-Sprünge, Loopings und Vorwärtssalti: Ein junger Deutscher namens Philip Köster wirbelt mit seinen waghalsigen Surf-Manövern eine ganze Sportart durcheinander. Jetzt wurde der athletische Draufgänger Windsurf-Weltmeister und gilt damit als Hoffnungsträger einer ganzen Branche - dabei ist er noch nicht einmal volljährig.

Marc Baumann

Wenn ein junger Mann mit so viel Lob überschüttet wird wie Philip Köster, dann beginnt man eine Geschichte über ihn am besten mit Kritik: Philip Köster ist nämlich erst mit 17 Jahren Weltmeister geworden - und nicht schon mit 13 Jahren, wie einst Robby Naish, sein Wunderkind-Vorgänger im Jahr 1976. Alle anderen Rekorde des Windsurfens dürften Köster bald gehören.

Junger Kerl mit Leidenschaft: Philip Köster liebt den Wind und das Surfen.  (Foto: dapd)

Noch nie ist jemand so hoch mit einem Surfbrett gesprungen (20 Meter, das Beweisvideo müsste man für eine Fälschung halten, wenn es nicht echt wäre.) Noch nie hat jemand vor ihm einen dreifachen Looping gestanden (nur er selbst findet, die Landung war nicht sauber, darum zählt er den Versuch nicht). Noch nie war ein Deutscher Windsurf-Weltmeister. Das ist erst der Anfang, aber seiner Mutter Linda sagt man das besser nicht.

"Bloß nicht!", sagt sie am Telefon daheim auf Gran Canaria, wo die Eltern, die aus Hamburg kommen, eine Surfschule betreiben, "schreiben Sie bitte nicht, dass Philip die nächsten zehn Jahre unbesiegbar sei!" Genau das aber befürchtet die Konkurrenz am Strand von Klitmöller in Dänemark - gerade nach Kösters erstem Finallauf am Mittwoch. Der Deutsche war bereits nach dem Sieg im Halbfinale Weltmeister im Wellenreiten, der beliebtesten Disziplin im Windsurfen, doch im Finale des vorletzten Weltcups übertraf er sich selbst.

Am besten erzählt das Andreas Erbe, Chefredakteur von Europas größtem Windsurfmagazin Surfer, der Köster seit Jahren beobachtet: "Man hat gemerkt, wie der Druck nach dem WM-Titel von ihm abgefallen ist, Köster ist Manöver gefahren, die man sonst nie im Wettkampf sieht: perfekte doppelte Vorwärtssalti, ohne Geschwindigkeit zu verlieren, 360-Graddrehungen in der brechenden Welle. Das geht bei solchen Bedingungen eigentlich gar nicht."

Selbst einheimische Surfer konnten sich nicht an so hohe Wellen in Klitmöller erinnern wie in dieser Woche. "Dienstag hatten wir Wind bis 60 Knoten, elf Windstärken", sagt Erbe. Während des Wettbewerbs waren die Wellen fast sechs Meter hoch, "wenn die zusammenbrechen, wirkten die Surfer wie Spielzeug dazwischen."

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Zwei Fahrer mussten mit gebrochenem Material mit dem Jetski gerettet werden, aber zu den vielen Stärken von Köster gehört auch, dass er nicht an Verletzungen denkt, obwohl es in letzter Zeit auffallend viele gab, weil die Tricks immer extremer wurden. "Aber Philip, der will einfach nur spielen", sagt Andreas Erbe, "der probiert alles aus, was er sich vorstellen kann."

Als Chefredakteur Erbe in seinem Heft das erste Mal über Köster schrieb, war der zwölf Jahre alt, ein schmächtiger Junge. Jetzt, fünf Jahre später am Strand von Klitmöller, umarmte er nach dem Finale einen kräftigen jungen Mann: Köster ist jetzt 1,83 Meter groß, wiegt 79 Kilo und hat einen mächtigen Oberkörper. Andreas Erbe überlegt kurz, dann fällt ihm ein Vergleich ein: "Der ist breit wie ein Bär."

Der Bär namens Köster muss den deutschen Windsurfern wie ein Messias erscheinen, ein Heilsbringer in schweren Zeiten. In den Achtzigern und Anfang der Neunziger war Windsurfen der Funsport schlechthin, etwa 110.000 neue Surfbretter wurden im Jahr in Deutschland verkauft, Surfweltmeister Björn Dunkerbeck machte TV-Werbung für Nutella, Schauspieler Ralf Bauer spielte einen Windsurfer im ARD-Vorabendprogramm.

Doch dann kamen neue Trendsportarten auf, Rollerbladen, Mountainbiken, Snowboarden, Kite-Surfen. "Windsurfen ist gewaltig geschrumpft", sagt Andreas Erbe.

Deutschand ist der größte Markt weltweit, obwohl es hier eher wenig gute Surfreviere gibt: den Ammersee etwa, und natürlich Sylt. Dort findet jetzt der letzte Weltcup statt, vor 200.000 Fans. Ein Triumphzug für Philip Köster. Sicher nicht sein letzter.

© SZ vom 16.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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