Williams in Wimbledon:Gespenstischer Sieg

Lesezeit: 3 min

Zeig' doch mal: Garbiñe Muguruza, r., erhascht einen Blick auf den Siegerteller von Serena Williams. (Foto: AFP)
  • Außenseiterin Garbiñe Muguruza spielt mutig und gut.
  • Doch im Wimbledon-Finale siegen die Power und der Wille von Serena Williams.
  • Nach dem Matchball herrscht plötzlich Stille auf dem Centre Court. "Ich wusste gar nicht, dass ich gewonnen hatte", sagt Williams.
  • Hier geht's zu allen Ergebnisse in Wimbledon

Von Lisa Sonnabend, Wimbledon

Es war der vielleicht merkwürdigste Matchball in der langen Geschichte der Lawn Tennis Championships. Garbiñe Muguruza spielte eine mutige Vorhand longline, der Linienrichter rief Aus - allerdings sehr zaghaft. Statt Jubel machte sich eine gespenstige Stille auf dem Centre Court breit. Serena Williams verharrte regungslos, sie verstand nicht: Hatte sie nun Wimbledon gewonnen? Da sprach die Schiedsrichterin endlich ins Mikrophon: "Spiel, Satz und Sieg."

Die Weltranglistenerste lachte, sie schrie, sie hüpfte. Die verwirrten Zuschauer klatschten zunächst nur verhalten. Doch als Williams noch einmal von ihrem Stuhl aufstand, ein Tänzchen auf dem Platz aufführte, erhob sich endlich das Publikum. "Ich wusste gar nicht, dass ich gewonnen hatte", schilderte Williams bei der Siegerehrung diesen ungewöhnlichen Moment. Die 33-Jährige gluckste, als habe sie gerade ein Gläschen Pimm's zu viel getrunken.

6:4 und 6:4 gewann Williams am Samstagnachmittag das Finale, eine Stunde und 23 Minuten benötigte sie dafür. Er war für mehr als nur ein weiterer Titel in ihrer großen Sammlung. Denn zum zweiten Mal nach 2003 holte die Amerikanerin den "Serena Slam", also alle vier großen Tennisturniere hintereinander. Nur ein Sieg bei den US Open fehlt ihr, dann hat sie den richtigen Grand Slam sicher. Seit Steffi Graf ist das keiner Spielerin mehr gelungen.

Williams demonstrierte im Endspiel einmal mehr eindrucksvoll, wie sehr sie ihre Sportart dominiert. Es gibt keine Spielerin, die ihrer Power, ihrer Kraft und ihrem Willen etwas entgegensetzen kann. So stand schon vor dem Finale fest: Die einzige, die sie an diesem Sonntagnachmittag hätte schlagen können, wäre sie selbst gewesen. Zunächst sah es aber genau danach aus.

Sie eröffnete das Match mit einem Doppelfehler. Da zwei weitere folgten, gelang Muguruza sofort ein Break. Von den Rängen dröhnte ein gespenstisches Raunen, das Unheil ankündigte. Muguruza tänzelte selbstbewusst, ihr weißer Faltenrock hüpfte wie der Tutu einer Balletttänzerin. Williams fand nicht in ihren Rhythmus, sie stand oft falsch, traf den Ball schlecht. Es hatte den Anschein, als stünde die Amerikanerin erstmals in einem Grand-Slam-Finale - und nicht ihrer Gegnerin.

Fashion in Wimbledon
:Schwarzer BH? No!

So streng wie in Wimbledon sind die Kleider-Vorschriften nirgends sonst: Alles muss weiß sein, auch die Unterwäsche. Wer trotzdem auffallen will, fragt am besten Venus Williams oder Genie Bouchard.

Mit 4:2 ging Muguruza in Führung. Ihr Aufschlag kam sicher, die langen Grundlinienduelle gewann sie fast alle, weil Williams irgendwann den Ball ins Aus oder ins Netz spielte. Doch dann fand sie zu sich selbst. Unerzwungene Fehler passierten ihre fortan kaum mehr, sie knallte Returns unerreichbar über das Netz. Sie drehte die Partie.

Nun unterlief Muguruza ein fataler Doppelfehler, beim Stand von 4:5 war die Folge ein Satzball. Williams verwandelte ihn mit einem Vorhand-Winner.

Im zweiten Satz zog die Williams schnell davon. Erst beim Stand von 5:1 meldete sich wieder ihr größter Gegner: das eigene Ich. Die Zuschauer trieben Muguruza an, sie kam heran, wehrte mutig einen Matchball ab, plötzlich hieß es nur noch 5:4. Doch dann war es die Spanierin, die in diesem wilden Finale erneut einen Doppelfehler servierte. Williams hatte drei weitere Matchbälle. Es folgte der zaghafte Ruf des Linienrichters, diese unangenehme Stille und schließlich der ausgelassene Jubel von Williams.

Bei der Siegerehrung kamen Muguruza die Tränen, sie weinte vor Enttäuschung, aber auch vor Rührung. Einige Male brach sie ab, als sie etwas ins Mikrofon sagen sollte. "Ich kann kaum sprechen", sagte die 21-Jährige und musste nun doch wieder lachen. In der Weltrangliste rückt sie auf Platz neun vor.

Wimbledon-Finale der Herren
:Wiedersehen der Giganten

Wieder stehen sich Roger Federer und Novak Djokovic im Finale von Wimbledon gegenüber, vergangenes Jahr siegte der Serbe. Doch Federer spielt in diesem Jahr brilliant und sagt: "Ich weiß wie ich ihn schlagen kann".

Von Lisa Sonnabend

Williams dagegen war die Erfahrung bei Siegerehrungen anzumerken. Mit forschen Schritten ging sie zum Herzog von Kent, lobte die Gegnerin und hielt zum sechsten Mal in ihrer Karriere die Schale in den Himmel von London. Mit 33 Jahren und 289 Tagen ist sie nun die älteste Grand-Slam-Gewinnerin der Geschichte, ihr erster Triumph in Wimbledon liegt bereits 13 Jahre zurück.

"Ich kann es nicht glauben, dass ich den Serena-Slam geschafft habe", sagte sie. "Es fühlt sich so gut an." Doch sie gab auch zu: "Ich habe den Druck gefühlt." Als sie gefragt wurde, ob sie nun auch den richtige Grand Slam hole, drehte sie sich weg und hielt sich die Ohren zu. Doch sie grinste verschmitzt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ballkinder im Tennis
:Das Ballett der Ballkinder

Jeder Wurf sitzt, jeder Wutausbruch der Spieler wird stoisch ertragen: Ohne Ballkinder wäre das Tennisspiel nicht dasselbe. Manchmal entscheiden sie Matches.

Von Lisa Sonnabend

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: