Videobeweis in Mainz:Einen richtigen Pfiff muss man auch richtig umsetzen

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Schiedsrichter Guido Winkmann (Mitte) spricht nach seiner Elfmeter-Entscheidung mit Freiburgs Nils Petersen. (Foto: REUTERS)

Das Chaos in Mainz ist kein Argument gegen den Videobeweis. Aber es dient als dringende Mahnung, das Prozedere zügig zu professionalisieren.

Kommentar von Claudio Catuogno

Der Videobeweis, das kann man nach diesem turbulenten Abend in Mainz ohne Wenn und Aber festhalten: Er hat sich bewährt. Die Bilder waren scharf, die Audiomitschnitte klar zu vernehmen, und so konnte die entscheidende Frage schnell und eindeutig geklärt werden: Hat Bibiana Steinhaus Guido Winkmann angefunkt, bevor oder nachdem er den Rasen verlassen hatte?

Da kann man mal sehen, wie weitsichtig die Vertreter des deutschen Schiedsrichterwesens sind: Sie überwachen von ihrem Videokeller in Köln aus nicht nur die Bundesligaspielfelder, sondern auch sich selbst. Deshalb konnte zweifelsfrei geklärt werden, ob der Schiedsrichter Winkmann in der Halbzeitpause der Partie zwischen Mainz und Freiburg korrekt gehandelt hat, als er die Spieler noch mal aus dem Kabinentrakt bat, um einen Elfmeter ausführen zu lassen, nachdem ihn die Videoassistentin Steinhaus auf ein übersehenes Handspiel hingewiesen hatte. Ja, alles regelkonform. Kurios, abenteuerlich, irre. Und regelkonform.

Warum dauerte es am Ende fast sieben Minuten?

Es stimmt schon: Ohne Videobeweis würde man jetzt über das Unrecht diskutieren, dass Mainz - im vielleicht wichtigsten Saisonspiel, gegen einen direkten Konkurrenten - ein offensichtlicher Strafstoß verweigert worden wäre. Stand der Schiri nicht wenige Meter daneben? Nun, mit Videobeweis, diskutiert man über die Art und Weise, wie dieser Elfmeter zustande kam - und bemüht eine Art Videobeweis, um den Videobeweis zu rechtfertigen. Wäre Winkmann schon runter gewesen vom Platz bei der Kontaktaufnahme aus Köln, hätte er sich nicht mehr korrigieren dürfen. So durfte er noch.

Dass ein berechtigter Strafstoß auch gepfiffen wird, ist ein Fortschritt. Das Problem ist, dass sich Schiedsrichter nicht nur daran messen lassen müssen, ob sie die Regeln einhalten. Auch ein regelkonformer, aber in der Kommunikation kurios verhunzter Video-Elfer kann unzulässig in die Dynamik eines Spiels eingreifen; die Freiburger haben das zu Recht beklagt.

Deshalb müssen die Referees ihre formal richtigen Entscheidungen auch angemessen umsetzen. Warum hat Winkmann die Spieler gehen lassen, wenn er schon wusste, dass eine Überprüfung läuft? Warum dauerte es am Ende fast sieben Minuten? Warum war die Stadionregie so schlecht gebrieft, dass schon der Rasensprinkler lief? Nein, das Chaos von Mainz ist kein Argument gegen den Videobeweis, aber eine dringende Mahnung, ihn zügig zu professionalisieren.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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