Vettel gewinnt GP von Singapur:Unterwegs in einer eigenen Liga

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Wie soll das noch schiefgehen? Sebastian Vettel dominiert auch in Singapur und braucht dank seines erneuten Sieges nur noch ein Pünktchen zur Titelverteidigung - einzig der zweitplatzierte Jenson Button verhindert die verfrühte WM-Feier des Heppenheimers. Ärger gibt es um Lewis Hamilton und auch Michael Schumacher hat einen unglücklichen Moment.

René Hofmann

Es war wie am Wahlabend: Die Hochrechnung kam in dem Moment, als das Ergebnis feststand. "Glückwunsch! Jetzt fehlt dir nur noch ein Punkt zur Titelverteidigung", funkte Red-Bull-Teamchef Christian Horner Sebastian Vettel ins Cockpit, als der nach fast zwei Stunden in der schwülwarmen Nacht von Singapur vor McLaren-Fahrer Jenson Button und Teamkollege Mark Webber als Erster an der schwarz-weiß karierten Flagge vorbeischoss.

Glücklich mit Champagner: Sebastian Vettel gewann überlegen den Grand Prix von Singapur.  (Foto: dpa)

Für Vettel war es der neunte Erfolg in dieser Saison, kein Wunder, dass er sagte: "Ich bin sehr, sehr entzückt. Wann immer ich Gas geben konnte, konnte ich mir einen Vorsprung herausfahren."

Schielen nach dem Rekord

So war es gewesen, was Vettel viele Komplimente einbrachte. "Wir hatten jederzeit alles im Griff. Ein typischer Vettel. Er macht das optimalst", lobte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. "Das war beeindruckend. Bei ihm sieht alles so leicht aus. Er fährt superb, voller Selbstvertrauen", meinte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, bevor er versprach: "Wir versuchen, so gut zu sein, wie wir können. Und natürlich wollen wir die letzten fünf Rennen gewinnen."

Das wäre nötig, um Vettels Titelverteidigung noch zu verhindern. Allerdings müsste der 24-Jährige dafür auch fünfmal punktlos bleiben. Vor den Auftritten in Japan (9. Oktober), Südkorea (16. Oktober), Indien (30. Oktober), Abu Dhabi (13. November) und Brasilien (27. November) kommt er auf 309 Punkte. Jenson Button folgt mit 185. So einen Vorsprung hat noch keiner verspielt.

Um den Titel alleine geht es Vettel schon gar nicht mehr. Er schielt auch nach dem Rekord von Michael Schumacher, dem einst 13 Triumphe in einer Saison glückten. Noch kann Vettel den übertreffen. Und er weiß: "Wir haben einen Lauf." Zu welch zuverlässiger Überlegenheit Red Bull gefunden hat, belegen viele Zahlen. Eine ist die Anzahl der Pole Positions, die der Rennstall jetzt nacheinander verbuchte. Vettels Spurt auf den besten Startplatz ließ die Liste in Singapur - saisonübergreifend - auf 15 wachsen. Lediglich Williams und McLaren waren je besser, mit 24 und 17.

Doch es liegt nicht nur am Auto, das offenbarten gleich die ersten Meter des Rennens: In der Qualifikation am Samstag war Vettel dreieinhalb Zehntelsekunden schneller gewesen als sein Teamkollege Webber. Am Sonntag, als die Startampel erlosch, distanzierte er den Australier um Längen. Während der auf den vierten Platz zurückfiel, eilte Vettel an der Spitze spielerisch davon. In den ersten fünf Runden war er mindestens 0,8 Sekunden schneller als alle anderen. Allein in Runde fünf distanzierte er den Zweiten, Button, sage und schreibe um 1,5 Sekunden! Nach neun Runden betrug Vettels Vorsprung 9,9 Sekunden. Er fuhr kein Rennen. Er fuhr in einer eigenen Liga.

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Der Große Preis von Monza bringt selbst die gnadenlosesten Fahrer zum Weinen, diesmal Sebastian Vettel. Michael Schumacher nennt seine kritisierte Fahrweise "einfach Racing", Niki Lauda trägt das teuerste Ersatzteil der Formel 1 und Fernando Alonso hat ein Problem mit seinem Ego.

Elmar Brümmer, Monza

Vettels Stärke - das ist das eine große Thema dieses Jahres. Ein anderes sind die wechselhaften Leistungen seiner Verfolger. Auch dafür bot Singapur ein gutes Beispiel. In Runde 13 steuerte Lewis Hamilton seinen McLaren beim Bemühen, Platz vier zu ergattern, gegen den rechten Hinterreifen des Ferraris von Felipe Massa. Die Aktion war denkbar dämlich. Massa musste sich mit einem Platten an die Box schleppen, Hamilton trat mit einem ramponierten Frontflügel den gleichen Weg an.

Unglücklich im Reifenstapel: Michael Schumacher fuhr auf Sergio Perez auf und baute einen Unfall.  (Foto: AFP)

Die Chance auf ein gutes Ergebnis war für den Weltmeister des Jahres 2008 dahin. Am Ende wurde Hamilton hinter dem dieses Mal ebenfalls glanzlosen Ferrari-Lenker Fernando Alonso Fünfter, und Massa schimpfte stinksauer über den Briten: "Er versucht immer, Superman zu spielen." Die Nervosität und die Unsicherheit im Verfolgerpulk - sie waren deutlich zu spüren.

Das Stadtrennen in Singapur gibt es seit 2008. Auch die vierte Aufführung setzte eine Tradition fort: Wieder spielte das Safety Car eine Rolle. Es kam, nachdem Michael Schumacher seinen Mercedes genau zur Halbzeit des Rennens im Kampf um Platz acht gegen das rechte Hinterrad des Saubers von Sergio Perez gelenkt hatte. Schumacher hob daraufhin mächtig ab, und die Spitze seines Rennwagens bohrte sich im 90-Grad-Winkel in die Streckenbegrenzung.

Das sah spektakulär aus, doch Schumacher beruhigte umgehend: "Der Aufprall war halbwegs akzeptabel. Mir ist nichts passiert." Die Schuld für den Unfall sah der Routinier, wenig überraschend, bei Perez: "Er geht da wirklich früh vom Gas." Der 21 Jahre alte Mexikaner dürfte das anders sehen. Bis die Spuren ihrer Begegnung von der Strecke gekehrt waren, gab das Safety Car das Tempo vor.

Für Vettel bedeutete dies, dass sein schöner Vorsprung auf Button, der zuvor immerhin 23 Sekunden betrugen hatte, erst einmal dahin war. Kaum durfte er die Gangart aber wieder selbst wählen, zog er erneut davon. In Umlauf 35 war er Button schon wieder zehn Sekunden voraus. Ob in der Qualifikation, am Start, beim Zwischen- oder im Endspurt: In jeder Phase des Renn-Wochenendes dominierte er dieses Mal.

© SZ vom 26.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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