Verletzter Mario Gomez:Fluch der Fiorentina

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Mario Gomez: Schmerzhafter Start in Florenz (Foto: Carlo Ferraro/dpa)

Die Leidenszeit des verletzten Mario Gomez beim AC Florenz wird immer länger, allmählich gefährdet sie seine WM-Pläne. Da auch sein Sturmpartner Giuseppe Rossi verletzt ist, plagen Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli ähnliche Sorgen wie den Kollegen Joachim Löw.

Von Birgit Schönau, Rom

Es hätte ein Triumphmarsch werden sollen für Mario Gomez in Florenz. Als er Mitte Juli ankam, schlug ihm eine Riesenwelle der Begeisterung entgegen, 25 000 feierten ihn bei glühender Hitze im Stadion, die ganze Stadt war erfasst von einem Enthusiasmus, wie ihn zuletzt der Argentinier Gabriel Batistuta entfacht hatte. Für Gomez hatte die Fiorentina weder Kosten noch Mühe gescheut, mindestens 16 Millionen Euro zahlte der Klub für den Stürmer an den FC Bayern, weitere vier Millionen sollten im Erfolgsfall folgen. Aber der lässt auf sich warten, aus dem Triumphmarsch wurde eine Leidensgeschichte. Für Gomez und für die Fiorentina.

Seit dem 15. September hat Gomez nicht mehr gespielt, er verletzte sich an jenem Tag in einem Match gegen Cagliari: Teilriss des Innenbandes im Knie. Acht Wochen sollte er ausfallen, jetzt sind vier Monate vergangen. Zur Verletzung kam eine Sehnenentzündung. "Ich weiß nicht, ob ich jemals in meiner Karriere so eine schwierige Phase hatte", schrieb Gomez gerade auf seiner Facebook-Seite.

Die lange Rekonvaleszenz zehre an seinen Nerven, er wolle endlich wieder spielen. Es sei für seine Betreuer sicher nicht einfach, "mit einem ungeduldigen Spieler wie mir zu arbeiten", genau diese Ungeduld hatte die Heilung zwischenzeitlich sogar gefährdet. "Weil ich so schnell wie möglich auf den Platz zurückkehren wollte, habe ich das Ziehen in der Sehne wahrscheinlich zu lange ignoriert", erklärt Gomez selbst.

Nun scheint das Schlimmste überstanden: Seit Anfang der Woche trainiert Gomez wieder, das lang ersehnte Comeback könnte im Februar Realität werden. Während der langen Verletzungspause, so betont der Spieler, sei er in Florenz heimisch geworden. Die Unterstützung durch Klub und Fans sei geradezu rührend, die Stadt "wunderschön" und Italienisch lerne er fleißig, "ein wenig plappern kann ich schon".

Schon früher hatte Gomez klargestellt, dass die medizinische Betreuung in der Toskana einwandfrei gewesen sei, nur zur Ergänzung habe er Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt herangezogen, den Arzt des FC Bayern und der Nationalmannschaft. Ansonsten gilt: Florenz ist jetzt Zuhause. Der Klub sei äußerst solide geführt - die Besitzer, die Gebrüder Della Valle, sind im Luxusgeschäft sehr erfolgreich und betreiben ihre Investitionen gezielt. Gerade finanziert Diego Della Valle mit 25 Millionen Euro die Restaurierung des Kolosseums in Rom - ein Unternehmer und Fußballpatron, der ernsthaft in die Erhaltung des gigantischen Kulturerbes investiert, ist für Italien immer noch ein Novum.

Der AC Florenz hat auch ohne Mario Gomez eine sehr gute Hinrunde gespielt; dass die Mannschaft von Trainer Vincenzo Montella auf Platz vier steht, verdankt sie vor allem den Toren von Gomez' Sturmpartner Giuseppe Rossi. Der Italo-Amerikaner führt mit 14 Treffern die italienische Torjägerliste an, doch beim letzten Hinrundenspiel am 5. Januar gegen Livorno erlitt Rossi eine ganz ähnliche Verletzung wie sein deutscher Teamgefährte.

Seither plagen Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli ähnliche Sorgen wie den Kollegen Joachim Löw. Gomez wird nach seiner Rückkehr noch länger brauchen, um die alte Form wieder zu finden - womöglich zu lange für die WM. Und Rossi, zurzeit Italiens bester Angreifer, riskiert sogar, das Turnier in Brasilien wegen der gleichen Verletzung zu verpassen, die ihm schon die EM 2012 vermasselt hatte. Das wäre tragisch, wie ein Fluch der Fiorentina.

Hektisch machte sich die Klubführung daran, Ersatz für die Offensivstars zu finden - und spielte tatsächlich mit dem Gedanken, einen zweiten Gomez zu verpflichten, den Argentinier Alejandro Gomez, der beim ukrainischen Klub Metallist Charkow unter Vertrag ist. Statt Gomez II. kam dann der Italiener Alessandro Matri vom AC Mailand leihweise nach Florenz, prompt gelangen Matri am Sonntag gegen Tabellenschlusslicht Catania zwei Treffer. Die Fiorentina siegte 3:0 und pirschte sich bis auf drei Punkte an den SSC Neapel und damit an die Champions-League-Zone heran. "Dieses Jahr klappt es nicht mit der Meisterschaft", weiß Gomez. Aber um den Titel zu holen, sei er nach Florenz gezogen.

Miroslav Klose, sein Partner in der Nationalelf, scheint hingegen in Rom auf gepackten Koffern zu sitzen. Zum Saisonende läuft sein Vertrag aus, "alles ist offen", sagt Klose, die USA wären interessant, aber auch England oder Spanien. Und der 1. FC Kaiserslautern sei für ihn immer noch eine "Herzensangelegenheit". Also etwas, das mit 35 durchaus von Belang sein kann. Klose ist viel zu zurückhaltend, um Kritik an Lazio zu üben. Rom gefällt ihm, und seiner Familie erst recht, aber der Zauber des Anfangs ist nach zweieinhalb Jahren verflogen. 15 Tore lieferte Klose in der ersten Saison, im Jahr darauf noch eins mehr - jetzt sind es, nach einer Verletzungspause wegen der Schulter, erst fünf.

Medien und Klubleitung sind mit Lob zurückhaltender geworden, Klose und Lazio spielen eine sehr durchwachsene Saison: Es reicht gerade für Platz neun, 20 Punkte hinter dem Lokalrivalen AS Rom. Dabei benötigte Miroslav Klose kurz vor der WM dringend einen Höhenflug. Genau wie Gomez, der andere Tiefflieger in der italienischen Provinz.

© SZ vom 22.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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