Verletzte beim FC Bayern:Die Ungeduld des Pep Guardiola

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Schock nach 16 Minuten Spielzeit: Arjen Robben (Mitte) verlässt den Platz mit einer Wadenverletzung. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Verletzte Spieler sollen schnellstmöglich auf den Platz zurück: So offensiv wie Pep Guardiola reduziert kaum jemand den Fußball auf die Materialfrage. Die Verletzungen von Arjen Robben und Holger Badstuber werfen Fragen auf.

Kommentar von Claudio Catuogno

So ein Fußballspiel ist ein Mosaik aus Bildern. Aus brutalen Bildern: BVB-Torwart springt Bayern-Stürmer ins Gesicht - Kieferbruch. Aus ungerechten Bildern: BVB-Verteidiger kriegt Ball gegen den Arm - kein Strafstoß. Und aus Bildern von slapstickhafter Komik: vier Bayern-Elfmeter, drüber, daneben, gehalten, Latte.

So ein Fußballspiel, das ist eben immer auch: Pech, Glück und Zufall. Aber ein Bild weist im Pokalmosaik vom Dienstag über die Tragik des Augenblicks hinaus: Arjen Robben, fünfeinhalb Wochen nach seinem Bauchmuskelriss erstmals wieder eingewechselt, krümmt sich, muss runter vom Rasen - Saison vorbei.

Pech? Zufall? Vielleicht.

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Und doch kann man das Bild vom nächsten gerissenen Robben-Muskel, diesmal ist es die linke Wade, kaum trennen von jener Debatte, die den FC Bayern weiterhin substanziell beschäftigt - allen Friedenstelefonaten des Klubchefs Rummenigge mit dem im Zorn zurückgetretenen Klubarzt Müller-Wohlfahrt zum Trotz. Im Kern dreht sich die Debatte darum, wer alles Einfluss nimmt auf die Entscheidung, wann ein Spieler nach einer Verletzung wieder fit ist. Nur der Arzt? Auch der Trainer?

Oder stellt sich der Spieler gar selber auf? Trainer Pep Guardiola hat dazu am Samstag im ZDF eine bemerkenswert offene Parole ausgegeben: "Ich möchte nur, dass meine Spieler möglichst schnell wieder zurückkehren", sagte er, "wenn sie acht Wochen verletzt sind, am liebsten schon nach sieben Wochen. Bei vier Wochen Pause vielleicht nach drei. Das ist alles, was ich will."

So offensiv hat noch selten ein Coach den Fußball auf die Materialfrage reduziert. Fast wie in der Kfz-Werkstatt: Wenn der Mechaniker eine Nachtschicht einlegt, müsste das Auto doch morgen repariert sein . . .

Man kann das ja sogar verstehen: Kein Trainer verzichtet freiwillig länger als nötig auf seine besten Leute. Ist Robbens Muskelbündelriss also eine klassische Folgeverletzung - wenn man, noch nicht ganz auskuriert, schon wieder Vollgas gibt? Die Kausalität liegt nahe, zu beweisen ist sie kaum. Sportmedizin ist in diesem Verschleißgeschäft eine Gratwanderung: Wer verletzt sich warum? Was ist Pech? Was ist Leichtsinn? Was hat der Gegner zu verantworten?

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Als externer Diagnostiker bleibt Müller-Wohlfahrt den Bayern auch für solche Fragen erhalten. Und womöglich überweist er ja auch weiterhin Kicker zu Dieter Waibler, einem Elektroingenieur, der behauptet, einen Muskelfaserriss "in wenigen Stunden wieder zusammenflicken" zu können, mit Magnetresonanztherapie. Man wird das kaum erfahren, über medizinische Details erfährt die Öffentlichkeit im Fußball ja nie besonders viel. Wie konnte es sein, dass Holger Badstuber seinen kürzlich im Spiel erlittenen schweren Muskelriss nicht gespürt hat? Bleibt ein Mysterium.

Als Gegengewicht zum ungeduldigen Trainer fällt die Ikone Müller-Wohlfahrt jedenfalls aus - und was das für die Bayern bedeutet, muss sich noch zeigen.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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