Unentschieden zwischen H96 und VfB:Feuerwerk - aber nicht auf dem Platz

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Niemand trifft ins Tor: Auch Hannovers Hiroki Sakai (rechts) und Stuttgarts Ibrahima Traore nicht. (Foto: dpa)

Hannover und Stuttgart starteten mit großen Ambitionen in die Saison, nun konnten sie den Klassenerhalt noch immer nicht sichern: Beim Duell in Hannover ist Stuttgart überlegen, doch ein Treffer gelingt auch den Schwaben nicht. Statt Toren bejubeln die Fans Böllerschüsse.

Von Carsten Eberts, Hannover

Im vergangenen Herbst war kaum vorstellbar, dass die Partie Hannover 96 gegen den VfB Stuttgart am drittletzten Spieltag das Duell zweier möglicher Absteiger sein würde. Vor allem in Hannover und Stuttgart. Beide Klubs waren mit großen Ambitionen in die Saison gestartet, die - nun ja - auffallend enttäuscht wurden. Unteres Tabellendrittel statt Träume vom Europacup. Überflügelt von Mannschaften wie Mainz, Augsburg oder Hertha BSC.

Nun weiß wenigstens Hannover, dass das missratene Fußballjahr aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit dem Absturz in die zweite Liga enden wird. Das 0:0 am Freitagabend war der vielleicht entscheidende Punkt Nummer 36 für das Team von Trainer Tayfun Korkut. Gewinnt Hamburg am Sonntag nicht, wäre der Klassenerhalt auch rechnerisch geschafft. Korkuts Kommentar nach dem Spiel: "Jetzt muss ich mich leider Gottes am Sonntag vor den Fernseher setzen."

Auch Stuttgart, nunmehr mit 32 Punkten ausgestattet, hat seine Ausgangslage zumindest leicht verbessert. Doch zufrieden waren die Schwaben nach dem Spiel nicht. "So wie der Spielverlauf war, können wir nur schwer mit dem Punkt leben", sagte Sportdirektor Fredi Bobic.

Es war auch das Duell zweiter Trainer, die ihren Klubs zuletzt neues Leben eingehaucht hatten. Zum einen Huub Stevens, der bereits dritte Stuttgarter Coach der Saison, der die Mannschaft stabilisiert und verjüngt hat. Gegen Hannover überraschte er erneut mit seiner Aufstellung: Vedad Ibisevic und Timo Werner blieben zu Beginn nur auf der Bank, Mo Abdellaoue befand sich nicht mal im Kader.

Stevens Kollege Korkut hat schon viel erlebt, seit er zu Jahresbeginn nach Hannover kam. Erst gab es branchenweit Lob für das Engagement des nur in Fachkreisen bekannten Übungsleiters. Die anfänglichen Siege endeten jedoch in einer Niederlagenserie. Spätestens mit der Pleite im Derby gegen Braunschweig war 96 zum Abstiegskandidaten mutiert. Eine weitere Niederlage hätte sich Korkut kaum erlauben dürfen. Doch seit zwei Spielen, mit Siegen gegen Hamburg und Frankfurt, läuft es wieder besser. Auch gegen Stuttgart begann Hannover passabel organisiert, emsig bemüht im Stopfen von Löchern, jedoch nur bis zum Strafraum.

Den Mut, die passable Organisation für gezielte Vorstöße aufs Spiel zu setzen, zeigte Hannover nicht. Lange Bälle auf Didier Ya Konan blieben zunächst das einzige Mittel. Daraus ergaben sich genau null Chancen.

Die Stuttgarter nutzten indes die rechte Seite über Ibrahima Traoré. Der zuletzt erstarkte Spielmacher Daniel Didavi dribbelte sich durch das komplette Mittelfeld, der Ball gelangte zu Traoré, der in bester Arjen-Robben-Manier mit links von der Strafraumkante abzog. Im Weg stand Cacau, der den Ball ins Tor ablenkte. Der frühere Nationalspieler weilte jedoch - wie drei weitere Teamkollegen - deutlich im Abseits (16.).

Insbesondere Hannover war anzumerken, dass das Team nicht unbedingt gewillt war, hohes Risiko für drei Punkte einzugehen. Ein Zähler wäre auch wichtig, das wussten Korkuts Männer genau. Nur wenn Stindl oder Ya Konan an den Ball kamen, erhielt eine gewisse Klasse Einzug. Für Ya Konan war das Spiel jedoch früh beendet: In der 38. Minute verletzte er sich an der Leiste. Damit könnte die Saison für den Ivorer bereits beendet sein.

Kurz vor der Pause dann Pech für die Stuttgarter, als Didavi im Strafraum von Marcelo zu Boden gerissen wurde. Der Elfmeterpfiff wäre durchaus berechtigt gewesen, blieb aber aus.

Eine lähmende Lethargie legte sich in der zweiten Halbzeit über die Partie. Niemand wollte in den Risikomodus schalten, am ehesten noch Cacau, der kurz nach Wiederanpfiff in eine Sakai-Flanke rutschte und fast für die Stuttgarter Führung gesorgt hätte (54.). Stevens brachte noch offensives Personal, namentlich Werner und Ibisevic. Reicher an Ereignissen wurde das Spiel dadurch aber nicht. "Das war eine zähe Veranstaltung und für die Zuschauer kein attraktives Spiel", gab Hannovers Christian Schulz nach Abfiff zu.

Also begannen die Fans beider Teams zu singen. Nicht so laut und so schön wie die Iren bei der Fußball-Europameisterschaft, jedoch in durchaus ähnlicher Intention: Das Spiel gab keinen Anlass für Begeisterung, also sangen die Zuschauer für sich selbst. Mit etwas Glück kam Hannover noch zu einer Chance durch Stindl, der knapp verzog. Doch da brach schon fast die Nachspielzeit an.

Dass nebenan auf dem Schützenplatz während des Spiels auch noch ein laut knallendes Feuerwerk losging, passte in die seltsame Stimmung. Die Fans johlten nach jedem Böllerschuss. In beiden Lagern dürfte auch Erleichterung dabei gewesen sein, dass diese Saison bald beendet ist.

Für Hannover dürfte sie in der ersten Liga enden. Auch Stuttgart hat seine Ausgangsposition an diesem Abend nicht verschlechtert.

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