TSV 1860 München:Vollmann rettet Fröhling

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Bejubelt sein Tor: Münchens Korbinian Vollmann (l). (Foto: dpa)
  • Wieder kein Sieg, nur das nächste Unentschieden: Der TSV 1860 steckt nach dem 1:1 gegen Sandhausen weiter im Tabellenkeller.
  • Trainer Fröhling darf wohl trotzdem weitermachen.
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Torsten Fröhling sprang auf von seiner Bank, mit einem festen Ruck zog er seine Hosenbund zurecht, er brüllte ein paar Anweisungen aufs Feld. Und dann, für einen kurzen Moment, fuhr er sich mit der Zunge fast zärtlich über die Lippe. War das Genugtuung? Der Anflug eines Lächelns? Vor seinen Augen sauste Korbinian Vollmann über den Rasen, dem 21-Jährigen war gerade das kurz vor der Pause so wichtige 1:1 gelungen. Schnell ist er ja.

Vollmann hatte auch noch erstmals in dieser Partie einen schönen Pass in den Lauf gespielt bekommen von Daylon Claasen; und den Ball hatte er flach ins linke Toreck gedroschen. Schießen kann Vollmann nämlich auch. Und so kam es, dass für Fröhling, den Trainer des TSV 1860 München, das Spiel beim SV Sandhausen, das später mit 1:1 endete, schon in diesem Moment hätte abgepfiffen werden können.

Fröhling darf wohl weiterarbeiten

Sechzig könnte zwar mit nur vier Punkten aus acht Spielen an diesem Mittwoch auf den letzten Tabellenplatz abrutschen. Aber Fröhling darf wohl weiterarbeiten in dieser Saison mit den geringsten Erwartungen seit Gründung des TSV 1860. "Das war ein absolut leidenschaftliches Spiel gegen einen Gegner, der zu Hause eine Macht ist", sagte Fröhling: "Hochachtung davor, wie die Mannschaft nach Startschwierigkeiten aufgetreten ist." Der Trainer war begeistert, was daran liegen mochte, dass Vollmann getroffen hatte.

Vollmann oder Michael Liendl, wen Fröhling spielen lassen würde, das war ja die große Frage gewesen vor der Partie. Liendl, der neue Spielmacher, den Fröhling nicht das Spiel machen lässt bei Sechzig, war im Sommer aus Düsseldorf gewechselt und hatte in dieser Woche für eine kleine Rebellion gesorgt. Indem er sich öffentlich über seine wenigen Einsatzminuten beklagt und (wohl aus guten Gründen) infrage gestellt hatte, ob ihn Fröhling überhaupt verpflichten wollte.

So richtig überzeugt vom spielerischen Wert des Österreichers scheint der Trainer nicht zu sein; indirekt hat er Liendl sogar Faulheit vorgeworfen, indem er dessen 85-minütiges Reservistendasein beim 1:1 gegen Kaiserslautern damit begründete, dass "im Moment ein bisschen Kampf angesagt" sei. Auf der Busfahrt nach Sandhausen wollten sich Fröhling und Liendl aussprechen. Das Ergebnis der Aussprache war: Liendl saß wieder auf der Bank.

Grundsätzlich war das konsequent, schließlich hätte nach dem 1:1 eigentlich noch ein bisschen mehr Kampf angesagt sein müssen. "Ich denke, dass wir das gegen Lautern ordentlich gemacht haben, deswegen werde ich die Mannschaft so lassen", sagte Fröhling. An seiner Aufstellung änderte er also so viel wie ein Trainer, der in der Vorwoche 3:0 gewonnen hatte: Er änderte nichts. Und so war es wieder Vollmann, auf dem die Last ruhte, der einzigen Spitze Stefan Mugosa Pässe vor die Füße zu spielen.

Den ersten schönen Pass dieser Partie spielte aber Sandhausens Ranisav Jovanovic. Mit der Hacke legte er ab auf Denis Linsmayer. Der schoss drüber (4.). Drei Minuten später eroberte sich Jovanovic mit etwas Körpereinsatz und viel Kampf den Ball von Milos Degenek, passte flink weiter auf Jakub Kosecki, der aber setzte den am Ende einer durchaus guten Kontermöglichkeit in die Arme von Vitus Eicher. Der wenig überraschende Sturmlauf der torfreudigen Sandhausener (schon vor der Partie: 15 Treffer) zeigte psychologische Wirkung: Immer weiter zogen sich die Münchner in die eigene Hälfte zurück, fast schüchtern ließen sie den Gegner sein Spiel aufziehen, das auch aus verführerisch einschläfernden Momenten besteht. Nach einem Eckball zog Zillner mit erstaunlich viel Kraft einen Dropkick aufs Tor, Eicher fiel gerade noch rechtzeitig zu Boden, die Fingerspitzen am Ball (18.).

2. Fußball-Bundesliga
:1860 bleibt weiter sieglos

Der TSV 1860 München muss sich beim SV Sandhausen mit einem Unentschieden begnügen. Der 1. FC Nürnberg vergrößert die Krise von Kaiserslautern. Und Tabellenführer Bochum kassiert in Bielefeld spät den Ausgleich.

Weite, aber unpräzise Pässe in die Spitze

Ein bisschen Kampf hätte Sechzigs Spiel gut getan in diesem Moment. Oder ein bisschen Spielkultur. Stattdessen gab es: einen Freistoß von Vollmann (rechts daneben, 26.) und einen Distanzschuss in Ermangelung von mitgelaufenen Mitspielern von Daniel Adlung (27.). Wie aus dem Nichts nahm die Partie Schwung auf. Mit zwei Toren in zwei Minuten: Erst legte Eicher einen Schuss von Zillner direkt vor die Füße von Jovanovic ab - das 1:0. Im Gegenzug traf Vollmann. Kurz vor der Pause wechselte Fröhling erstmals den neuen brasilianischen Innenverteidiger Rodnei ein, der mit seiner Einsatzzeit (sieben Minuten in sieben Spielen) eigentlich längst mindestens ebenso unzufrieden sein müsste wie Liendl. Aber nur, weil Kai Bülow nach einem Zusammenprall nicht weiterspielen konnte.

Wer nun dachte, die Partie könne nur unterhaltsamer werden, der sah sich allerdings getäuscht. Beide Mannschaften stellten das Zentrum zu und verfielen auf denselben Lösungsansatz: Sie schlugen weite, aber unpräzise Pässe in die Spitze. Das Spiel trudelte vor sich hin, zu einer Chance kam Sechzig erst nach einem Fehlpass: Vollmann schickte Claasen, der setzte an zu einem Sprint über das halbe Feld, schoss dann aber, gänzlich unbedrängt, über das Tor (69.). Fröhling nahm den Südafrikaner aus dem Spiel - und wechselte Liendl ein. Aber, welch feine Pointe, erst nach 85 Minuten. Wie schon zuletzt. Mag gut sein, dass Spielmacher und Trainer auf der Rückfahrt aus Sandhausen wieder Redebedarf verspürten.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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