TSV 1860 München:"Wir hätten solche Vorteile nie bekommen"

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Die DFL prüft das geplante Investment von Hasan Ismaik beim TSV 1860 München: Die Ligakonkurrenten kritisieren indes den Rettungsplan und sprechen von Wettbewerbsverzerrung.

Boris Herrmann

Das Maskottchen von Rot-Weiß Oberhausen sieht grundsätzlich einem Hund nicht unähnlich, es heißt "Underdog", was prima zur aktuellen Tabellensituation des Zweitligisten passt. Oberhausen ist Vorletzter und steigt nach Lage der Dinge ab. Am Samstag beim Spiel gegen Düsseldorf war der Hund indes nicht als Hund zu erkennen. Er stand als Scheich verkleidet am Spielfeldrand. Und neben dem Scheichhund stand ein Ölfass. Das war einerseits witzig gemeint. Andererseits hatte die kleine Kostüm-Performance auch einen sehr ernsten Hintergrund. Hajo Sommers, Theaterchef und Präsident von RWO, sagt mit wohlgewählter Vulgärsprache: "Ich fühle mich durchaus verarscht."

Helfer in der Not: Der mögliche neue Investor Hasan Abdullah Ismaik 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer beim Spiel gegen Energie Cottbus. (Foto: dpa)

Vielleicht sollte man sagen: Er fühlt sich ungerecht behandelt. Bis vor wenigen Tagen sah es so aus, als könne sich Oberhausen womöglich doch in der Liga halten, weil dem in der Tabelle wesentlich besser platzierten TSV 1860 München die Insolvenz und damit der Zwangsabstieg drohte. "Zu Recht", wie Sommers meint, "weil die bei der Lizenzierung offensichtlich falsche Angaben gemacht haben."

Und weil die Münchner in dieser Spielzeit zwar zwei Punkte abgezogen bekommen haben, sich aber gleichzeitig mit einem Kader, den sie sich gar nicht hätten leisten dürfen, wesentlich mehr Punkte erspielt haben. So sieht es Sommers. Und jetzt hat also der Geschäftsmann Hasan Ismaik aus Jordanien, der nicht nur in Oberhausen irrtümlich für einen Scheich gehalten wird, angekündigt, den TSV 1860 spontan über die Saison zu retten und mittelfristig 33 Millionen Euro in den Klub zu investieren.

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) prüft das Angebot gerade. Der DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus versichert: "Wir gehen mit der gebotenen Objektivität an das Thema heran." Genau das wird allerdings in Oberhausen bezweifelt. Sommers spricht von Wettbewerbsverzerrung.

Der RWO-Präsident will gar nicht verhehlen, dass sich auch ein wenig Neid in seinen Ärger mischt: "Glückwunsch 1860! Fünf Spieltage vor Saisonende einen Scheich aus dem Hut zu zaubern, ist ja nicht so einfach." Sommers fragt sich allerdings auch: "Welcher Geschäftsmann kauft eigentlich 49 Prozent von einer Firma, die nichts mehr besitzt außer Schulden? Das muss schon ein großer München-Freund sein."

Sein Eindruck ist nun, dass es auch an den entscheidenden Stellen des Ligaverbandes den einen oder anderen Freund des Fußball-Standortes München gibt. Vereine wie Oberhausen, Paderborn oder Osnabrück, glaubt Sommers, hätten sich das Finanzgebaren von 1860 bestimmt nicht leisten dürfen. "Wir bringen keine Einschaltquoten. Kommerziell ist es völlig egal, ob wir in der zweiten Liga spielen oder nicht."

Nun gibt es auch Manager wie Andreas Rettig vom FC Augsburg, die das für Populismus halten und das geplanten Investment in den TSV 1860 eher als Zeichen der weltweiten Attraktivität des deutschen Profifußballs werten. Wenn man sich in den Führungszirkeln der Zweitligisten aber so umhört, wird schnell deutlich, dass Sommers keineswegs eine exotische Einzelmeinung vertritt. Es wollen bloß nicht alle damit zitiert werden. Im Gespräch mit einem Funktionär fällt der Satz: "Wenn man beim DFB und der DFL sagt, was man wirklich denkt, steht man auf der schwarzen Liste."

Einer, der praktisch immer sagt, was er denkt, ist Ulrich Lepsch, der Präsident von Energie Cottbus. Der stänkert angesichts der Notfallhilfe aus Jordanien: "Ich dachte immer, vor der Saison müsse bei jedem Verein die Saison durchkalkuliert sein." Auch er spricht von einer Ungleichbehandlung seitens der DFL: "Wir hätten solche Vorteile wie 1860 nie bekommen."

Lepsch, der als Banker arbeitet, erinnert die Investitions-Blase an einigen Fußballstandorten an die Finanzwelt kurz vor der Finanzkrise. Auch in Schalke, Kaiserslautern oder Berlin sei Geld ausgegeben worden, das gar nicht da sei. Die DFL verweist in diesem Kontext auf die allgemeingültigen Lizenzierungsregeln. Lepsch und Sommers halten diese Regeln für lückenhaft, weil sie die Bilanzierungstricks einiger Klubs außer Acht ließen.

"Da werden die Schulden zwischen den angeschlossenen GmbHs hin- und herschoben", schimpft Sommers. Es gebe eben ein paar, die die Gesetze überdehnten, ergänzt Lepsch. Und er findet: "Im Zweifelsfall müssen dann halt auch mal Vereine wie 1860 und Hertha runter."

© SZ vom 13.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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