TSV 1860 München:Drei Fragezeichen zum Neustart

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Ein seltenes Bild: Maximilian Wittek (r.) freut sich mit Julian Weigl über die 1:0-Führung der Sechziger im Spiel gegen den Karlsruher SC. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Beim TSV 1860 München sind neben dem Trainer auch der Sport-Geschäftsführer und der Präsident schwer in die Kritik geraten. Nun soll auf dem Spielfeld der Neustart gelingen - ausgerechnet gegen Aufstiegsfavorit Kaiserslautern.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Der TSV 1860 München hat unlängst den Verbleib in der zweiten Liga als neues Ziel ausgegeben, was angesichts des Tabellenplatzes und der Leistungen kaum überrascht, und so ein Abstiegskampf erfordert bekanntlich manchmal auch bodenständige Maßnahmen. Trainer Markus von Ahlen wurde vor dem Rückrundenauftakt gegen den 1. FC Kaiserslautern an diesem Mittwoch (17.30 Uhr, Arena Fröttmaning) also gefragt, ob er angesichts der vielen Gegentore in Erwägung ziehe, mal einen schönen Beton anzurühren, eine Sechserabwehrkette hinzustellen mit drei Sechsern davor, so etwas in der Art. Von Ahlen antwortete vielsagend: "Wir müssen uns daran orientieren, welche Spielertypen wir haben."

In der Tat ist es im Kader der Löwen ja offenbar schon schwierig, genügend taugliche Defensivspieler für ein 4-3-3-System zu finden. "Ich will unsere Stärken ins Spiel einbringen: Wir können nach vorne immer sehr gefährlich sein und zu jedem Zeitpunkt zuschlagen", sagte der Trainer. Allerdings kann gegen Sechzig auch und vor allem der Gegner jederzeit zuschlagen.

Abstiegskampf hin oder her, von Ahlen hat keine Zerstörertruppe, die Planungen wurden ja vom Traum bestimmt, schönen Offensivfußball zu zelebrieren. Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner hatte "eine Mischung aus dem dominanten Ballbesitz-Fußball von Barcelona und dem schnellen vertikalen Spiel von Real Madrid" geplant und keine Mischung aus dem Sechziger-Jahre-Catenaccio von Inter Mailand und dem Zweitligagerumpel des SV Sandhausen.

Von Poschners zehn hoffnungsvollen Zugängen haben bislang allerdings nur Rubin Okotie und Valdet Rama bewiesen, dass sie eine wichtige Rolle spielen können; Stefan Ortega macht seine Sache solide, Martin Angha hat Talent, Gary Kagelmacher und Ilie Sanchez bleiben weit hinter den Erwartungen zurück, Edu Bedia und Rodri sind dauerverletzt, Leonardo ist schon wieder weg und Daylon Claasen hat eine lustige Frisur. Dazu kommen zwei Trainerentscheidungen, von denen die erste gescheitert ist und die zweite auch schon wieder auf dem Weg dorthin ist.

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Eine unerfreuliche Transferbilanz ist das insgesamt, und als die Stimmung schlagartig kippte am Samstag beim 2:3 gegen den Karlsruher SC mit drei Gegentoren in neun Minuten, stand sofort der Sport-Geschäftsführer im Mittelpunkt der wütenden Rufe und nicht, wie sonst oft üblich, der Trainer.

Auch Präsident Gerhard Mayrhofer, der am Dienstag das Abschlusstraining beobachtete, sagte auf die Frage, ob er von Poschners Wirken enttäuscht sei: "Wie könnte ich nicht enttäuscht sein angesichts der sportlichen Lage?" Aber: "Auch Gerhard Poschner ist ja enttäuscht. Es ist ja nicht so, dass er die Probleme nicht sehen und die Situation nicht hinterfragen würde."

Nachdem Investoren-Statthalter Noor Basha Poschner den Rücken schon gestärkt hatte, darf man davon ausgehen, dass der Sportchef bleiben wird. Und der Trainer? Mayrhofer sagte: "Bis zur Winterpause wollen wir Punkte sammeln. Wir setzen uns alle zusammen und hinterfragen die Situation." Er selbst, sagte Mayrhofer, denke "natürlich nicht" an Rücktritt.

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Das kann man in diesen Tagen schon einmal betonen, denn in den einschlägigen Internetforen lesen die aufgebrachten Fans nicht nur von Ahlen und Poschner, sondern auch Mayrhofer dermaßen die Leviten, dass die drei mit Beleidigungsklagen gar nicht mehr hinterherkämen und die Gerichte bis 2025 beschäftigen könnten.

Neustart in die Rückrunde gegen Kaiserslautern

"Ich kann sagen, dass mich das nicht freut", sagte von Ahlen zur Stimmungslage, "das hat nichts mit mir zu tun, es freut mich nicht für den Verein, für das Umfeld. Wenn ich von mir sprechen kann, macht mir meine Arbeit weiter viel Spaß, ich bin voller Zuversicht und sage: Als Profi musst du damit umgehen können."

Wie seine Profis mit der Stimmungslage umgehen, wird sich an diesem Mittwoch zeigen. Julian Weigl ist gegen Kaiserslautern nach seiner fünften gelben Karte gesperrt, für ihn dürfte Yannick Stark ins zentrale Mittelfeld zurückkehren. Nach abgelaufener Sperre ersetzt Angha wohl Grzegorz Wojtkowiak auf der rechten Abwehrseite. "Es ist für uns wichtig, dass wir ein Stück weit die Hinrunde gedanklich abschließen und das als einen Neustart betrachten", sagte von Ahlen. Nur wenn dieser Neustart auf dem Spielfeld gelingt, werden die Rufe nach einem Neustart auf der Führungsebene leiser werden.

© SZ vom 17.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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