Trainingslager der Bundesligisten:Winterausflug zum Emir

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Oh wie schön ist Doha: Die Bayern-Profis Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger und Arjen Robben (v.r.) kennen Katar - aus dem Wintertrainingslager 2014. (Foto: FCB/dpa)

In Deutschland herrscht gemeine Kälte, da zieht es die Fußballklubs in den Süden: Die Bayern reisen trotz aller Kritik nach Katar, der BVB sammelt in Spanien Kräfte - in der Fremde nehmen die Vereine manche Unannehmlichkeit in Kauf.

Von Gregor Derichs

Auf den FC Bayern wartet der Luxus. Wenn die Münchner am Freitag ihr Winter-Vorbereitungsquartier in der Aspire Sports Academy in Doha aufschlagen, fehlt es Trainer Pep Guardiola und seinen Profis an nichts. Sieben Fußballplätze, diverse Sport- und Fitnesshallen, ein Schwimmzentrum und weitere moderne Einrichtungen auf 290 000 Quadratmetern stehen dem Bundesliga-Spitzenreiter nebst Fünf-Sterne-Hotel in dem 760-Millionen-Euro-Komplex zur Verfügung. Es ist eine sportive Traumwelt. Zum fünften Mal gönnen sich die Bayern im Emirat Katar bereits das Warmup zur Rückrunde.

Der FC Schalke 04 beginnt seine Vorbereitung an selber Stelle bereits am Dienstag. Er gastiert zum vierten Mal in Katar. Ob die Gelsenkirchener dann noch einmal wiederkommen, ist unklar. Der Vertrag mit dem Veranstalter läuft aus. Den Gastgebern kann es egal sein, an interessierten Vereinen mangelt es den Katarern nicht. In die Vereinigten Arabischen Emirate reisen zwei andere Bundesligisten: Der Hamburger SV hat sich für Dubai entschieden, Eintracht Frankfurt zieht es nach Abu Dhabi. Alle 18 Erstligisten werden in diesem Jahr einen Teil ihrer Vorbereitung auf die Ende Januar beginnende zweite Saisonhälfte im Ausland durchführen.

Rummenigge verteidigt Katar-Trip

Es geht in den Süden. Der Hotspot schlechthin ist Belek an der türkischen Riviera, wo Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach, FC Augsburg, Hannover 96, SC Paderborn und Hertha BSC um Zeiten für die Trainingsplätze konkurrieren. Belek muss nicht unbedingt die richtige Wahl sein, um schlechtem Wetter in der Heimat zu entgehen. In früheren Jahren erlebten einige Vereine dort schon mal sieben Regentage am Stück - dies dann aber wenigstens bei erträglichen Temperaturen. Die vielen Hotels der Region locken mit günstigen Preisen, um ihre Häuser in der Nebensaison halbwegs auszulasten. In der Lobby begegnen sich dann Rentner und Profi-Fußballer aus aller Welt.

Fast schon eine Sonnengarantie erhalten hingegen die Teams in Arabien. Dort würden die besten Voraussetzungen herrschen, die Trainingsplätze seien wunderbar und das Klima perfekt, schwärmte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern. Dass Katar - neben den massiven Korruptionsvorwürfen im Zuge der WM-Vergabe für 2022 - seit Monaten auch wegen menschenunwürdiger Zustände auf den WM-Baustellen in der Kritik steht, sei nicht die Sache des Klubs.

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"Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar. Natürlich lesen wir auch, dass dort gewisse Dinge passieren, die in Deutschland nicht allen gefallen. Aber ich glaube, das ist eine Aufgabe der Politik und nicht die des Sports beziehungsweise des Fußballs", sagte Rummenigge jüngst dem ZDF. Immerhin haben die Münchner länger gezögert, ehe sie sich erneut für die Sport-Märchenwelt in Doha entschieden und eine Option für Dubai verfallen ließen. Das freute den Hamburger SV, er nutzt dort das frei gewordene Quartier.

Auf PR-Tour in Townships und Schulen

Einen zwölf Stunden dauernden Flug nach Südafrika muten sich der VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim 1899 zu. Der Tabellenzweite aus Niedersachsen geht nach Kapstadt, die Hoffenheimer lassen sich in Sandton in Johannesburg nieder. Solche Touren unterstützt die Deutsche Fußball Liga (DFL) in ihrem Programm zur Internationalisierung der Bundesliga. Im vorigen Winter hatte der VfB Stuttgart diese Möglichkeit wahrgenommen und ein von der DFL subventioniertes Wintertrainingslager in Kapstadt abgehalten.

Um den Bekanntheitsgrad der Marke Bundesliga zu steigern, werden PR-Termine in Schulen und Townships durchgeführt sowie Testspiele gegen südafrikanische Topteams bestritten. Wolfsburg tritt unter anderem gegen Ajax Kapstadt an, Hoffenheim testet die Form gegen Südafrikas Tabellenführer Kaizer Chiefs.

Bayer Leverkusen und der 1. FC Köln, normalerweise in unfreundlicher Nachbarschaft verbunden, fliegen nach Orlando im US-Bundesstaat Florida. Ein Testspiel gegeneinander war für keinen der Rivalen ein Thema. Beide spielen lieber gegen die Brasilianer von Fluminense und Corinthians.

Mit eigenen Schiedsrichtern nach Belek

In der Türkei treten die deutschen Erstligisten häufig auch gegen deutsche Zweitligisten an, von denen sich ebenfalls ein halbes Dutzend am Ort tummeln. Diese Ballung der Bundesligisten rief den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf den Plan. Wegen der Befürchtung, es könne zu Spielmanipulationen kommen, schickt der Verband in Absprache mit der DFL zwölf deutsche Nachwuchsschiedsrichter, die normalerweise in der dritten Liga eingesetzt werden, in die Urlaubsregion. In den vergangenen Jahren soll die Wettmafia einige der unzähligen Testspiele in der Belek-Region manipuliert haben. Die eigentlich bedeutungslosen Kicks stehen weltweit auf dem Zettel von Wettanbietern, weil viele Ligen im Januar pausieren.

Die auffälligen Spiele wurden in der Vergangenheit von türkischen Amateur-Schiedsrichtern oder nahezu unbekannten Referees aus aller Welt geleitet, die zuweilen seltsame Entscheidungen trafen. Als Werder Bremen im Januar 2012 gegen das niederländische Team von AZ Alkmaar antrat, pfiff ein Bulgare unter den Namen eines Landsmanns. Er fiel auf, weil er die Nachspielzeit grundlos auf zehn Minuten ausdehnte, womöglich gefiel ihm das 2:1-Ergebnis für die Bremer nicht.

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Ähnliches ist von Trainingslagern in Portugal und Spanien nicht bekannt geworden. Die südlichen Küstenregionen der Iberischen Halbinsel werden aber nicht mehr ganz so stark frequentiert wie früher. Die Stuttgarter haben sich für Lagos an der portugiesischen Algarve entschieden, im spanischen Andalusien in Cadiz halten sich der SC Freiburg und in Marbella der FSV Mainz 05 auf. La Manga in der Region Murcia ist zum vierten Mal hintereinander der Standort des Wintertrainingslagers von Borussia Dortmund.

Flucht vor russischen Schönheiten

Nach einer von Fehlleistungen, Pech und Verletzungen geprägten Hinrunde bereitet die auf Platz 17 abgestürzte Borussia dort ihren Neustart vor. 320 Sonnentage im Jahr mit etwa 3000 Sonnenstunden lautet die Wetterstatistik für die Region. Beim Training der Dortmunder im vorigen Jahr in La Manga kam die Sonne allerdings nur selten zum Vorschein.

Aber die Alternative, zu Hause eventuell bei Schnee und Eis trainieren zu müssen, macht die Entscheidung für einen Trip nach dem Motto "Ab in den Süden!" auch beim BVB leicht. Einen Effekt wie bei einer Kur erhofft sich Trainer Jürgen Klopp. Zu den vielen teambildenden Maßnahmen von La Manga gehört die Integration von Offensivkraft Kevin Kampl beim BVB, der als Reaktion auf den Tabellensturz von RB Salzburg verpflichtet wurde.

Denn das ist der entscheidende Unterschied eines Trainingslagers zu den gewöhnlichen Trainingseinheiten zu Hause. Im Camp rücken die Spieler näher aneinander, ob sie wollen oder nicht, das soziale Gebilde soll sich festigen. Im Idealfall entsteht ein Teamgeist, der beim Erreichen der Saisonziele hilfreich sein kann. Die Trainer, Teammanager und Sportdirektoren haben für acht bis zwölf Tage ihr spielendes Personal weitgehend unter Kontrolle. Um möglichst wenig Störungen von außen ausgesetzt zu sein, versuchen die Teams, sich in den Hotels abzuschirmen.

Folglich stornierte der MSV Duisburg, der die Rückkehr aus der dritten in die zweite Liga anstrebt, seine Buchung im Januar im Hotel Royal Holiday Palace in Antalya/Türkei. Zeitgleich sollte dort ein Schönheitswettbewerb mit 400 Models aus Russland stattfinden. Sportdirektor Ivica Grlic ordnete den Umzug in das wenige Kilometer entfernte Hotel Royal Wings an. Ähnliches wird den Bayern in Katar sicher nicht passieren.

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