Trainer aus dem eigenen Verein:Prophet des Überfalls

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Interne Beförderungen sind in Mode, davon hat auch der neue Mainzer Trainer Martin Schmidt profitiert. (Foto: dpa)

Nun auch Martin Schmidt bei Mainz 05: Interne Beförderungen sind in Mode. Die Bundesliga sucht ihre Trainer derzeit vornehmlich im eigenen Verein. Ihnen hilft ihr Insiderwissen.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Gleich mal rein mit einer steilen These, scharf geschnitten wie jener direkt verwandelte Freistoß des Mainzers Johannes Geis, der am Samstag im Kreuzeck des Tors von Eintracht Frankfurt landete. Die Bundesliga ist munter dabei, die Bibel zu widerlegen - jedenfalls ein Zitat daraus, dessen Gegenwarts-Tauglichkeit derzeit an Orten wie Mainz oder Bremen überzeugend angezweifelt wird.

Nun muss nicht jedes Wort bis in alle Ewigkeit auch für den Fußball gelten, zumal es von einem gesprochen wurde, der noch in Sandalen lief, doch als Jesus die Nase voll hatte vom Dünkel in seinem Heimatort Nazareth, suchte er enttäuscht das Weite: "Ein Prophet", hinterließ der Zimmermannssohn den Kleingeistern seine Botschaft, "gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und in seinem Hause."

Effekte wie bei Werder Bremen

Nun ist der Trainer Martin Schmidt zwar im Schweizer Kanton Wallis geboren, und er hatte schon einen bunten Lebenslauf angesammelt, bevor er sich in Mainz niederließ. Aber in der Domstadt ist er nun auch schon die halbe Ewigkeit von fünfeinhalb Jahren.

Im Sommer 2014 hatten die Mainzer noch gedacht, dass dies nicht genügen könnte, um die erste Mannschaft zu betreuen. Es half auch nicht, dass Schmidt im selben Tal wie der Weltfußball-König Sepp Blatter aufgewachsen ist. Als jedoch am Rhein zum zweiten Mal in der Ägide des dienstältesten Bundesliga-Managers Christian Heidel ein Externer fremdelte (ehedem der Norweger Jörn Andersen, jetzt der Däne Kasper Hjulmand), fand sich die Lösung doch in der eigenen Hütte.

Schmidt gilt wie seine Schatten werfenden Vorgänger, die ebenfalls hausintern beförderten Jürgen Klopp und Thomas Tuchel, als Prophet des Überfall-Fußballs. Nur der zählt in Mainz etwas. Auch Schmidt zieht es vor, seine Leute anzubrüllen, sie wie beim 3:1 im Derby mit der Eintracht lauthals zu extremen Sprint- und Zweikampfwerten anzutreiben. Erst nach Abpfiff wird "Helau!" gerufen. Das nennt man: eine Schule.

Interne Beförderungen sind in Mode, gesucht werden Leute, die Insiderwissen heben können, wie es Christian Streich in Freiburg und Markus Gisdol in Hoffenheim schon länger tun. Vier der sechs Trainerwechsel der laufenden Saison folgten diesem Prinzip, in Mainz, Berlin (Dardai), beim HSV (Zinnbauer) sowie in Bremen (Skripnik) fand das Casting in den eigenen Reihen statt.

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Und alle sehnen sich dabei nach solchen Effekten wie beim SV Werder. Der flieht in der Tabelle steil nach oben, seit sie sich dort wieder etwas mehr als die Erben von Otto Rehhagel (1981 bis 1995) und Thomas Schaaf (1999 bis 2013) verstehen. Sollte es mal nicht so klappen mit dem Propheten aus dem eigenen Stall, hat die interne Lösung für den Arbeitgeber einen weiteren Vorteil. Meist ist es eine Verabredung auf Bewährung - und kostengünstig wieder aufzulösen.

© SZ vom 23.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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