Tennis:Australian Open: Kerber lässt es krachen

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Angelique Kerber dachte nach ihrem Finaleinzug auch an eine berühmte andere Deutsche - an Steffi Graf. (Foto: REUTERS)
  • Neue Bestmarken für das deutsche Tennis: Mit ihrem Finaleinzug schafft Angelique Kerber einen Erfolg, der an Steffi Graf erinnert.
  • Im Endspiel könnte sie Serena Williams einen lange ersehnten Traum vermiesen.
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Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Natürlich hat Angelique Kerber zunächst auch ein paar Worte über ihre Gegnerin gesagt. Tolle zwei Wochen habe Johanna Konta gehabt, sie habe ein großartiges Turnier gespielt und auf jeden Fall eine erfolgreiche Zukunft vor sich. Viele Titel, auch das sagte Kerber noch, werde Konta gewinnen, "ganz sicher", sie legte sich entschlossen fest.

Aber in Melbourne, bei den Australian Open, wird die 24-jährige Britin, die sich als 47. der Weltrangliste überraschend bis ins Halbfinale vorgekämpft hatte, nicht mehr zum Zuge kommen. Kerber schon. Die Deutsche aus Kiel, die in Bremen geboren wurde und nun in Polen lebt, ihrer zweiten Heimat, steht tatsächlich im Endspiel bei der ersten Grand-Slam-Veranstaltung des Jahres. "Es ist ein spezieller Moment", sprach die Weltranglisten-Sechste - diesmal meinte sie nur sich alleine.

Sie war es ja, die sich für den ultimativen Kampf um den Daphne Akhurst Memorial Cup qualifiziert hatte. Am Samstag darf sie gegen Serena Williams antreten. Die seit Jahren alles überragende Weltranglisten-Erste hatte vor Kerbers Sieg die WTA-Weltmeisterin Agnieszka Radwanska aus Polen mal eben mit 6:0, 6:4 abgefertigt - in 64 Minuten.

Kerbers 7:5, 6:2-Erfolg in 1:22 Stunden war relativ unspektakulär, anfangs war sie nervös, fabrizierte viele leichte Fehler, der Aufschlag übte wenig Druck aus. Vielleicht, das sagte Kerbers Coach Torben Beltz mit einem Lächeln, werden die beiden in einigen Wochen nochmal diese Partie anschauen und nach Fehlern im Spiel oder in der Strategieführung suchen. Aber an diesem Donnerstag war nicht der Moment für Kritik. Nicht an einem Tag, an dem das deutsche Tennis sich neue Bestmarken notieren darf.

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Kerber ist die erste Deutsche seit 1996, die im Finale der Australian Open steht; damals verlor Anke Huber gegen Monica Seles. Sie ist insgesamt die sechste Deutsche, die ein Grand-Slam-Finale erreichte. Die bisherigen Spielerinnen waren Steffi Graf, Sylvia Hanika, Anke Huber, Sabine Lisicki und Helga Masthoff. Kerber kann nun am Samstag auch Steffi Graf ablösen, und zwar als erste deutsche Siegerin seit 1994. Die 22-malige Grand-Slam-Siegerin holte seinerzeit ihren letzten von vier Titeln in Melbourne.

Natürlich war Graf nach ihrem Triumph auch ein Thema, die Deutsche, die in Las Vegas seit Jahren lebt und mit dem früheren Weltklasse-Spielerin Andre Agassi zwei Kinder hat, ist eine Art Mentorin Kerbers. Im vergangenen Jahr hat sie sich um die Linkshänderin gekümmert und ein paar Tage mit ihr trainiert, zu Hause bei sich in den USA. Nun, so schließt sich ein Kreis, könnte Kerber etwas Besonderes verhindern - nämlich im Endspiel am Samstag Serena Williams stoppen, den 22. Grand Slam zu gewinnen. Die 34-jährige Amerikanerin würde dann ja mit Graf gleichziehen in jener Wertung, die für die Topspielerinnen einzig relevant ist.

"Steffi, please write me!", sprach Kerber ins Mikrofon beim obligatorischen Platzinterview in der Rod Laver Arena. Tipps der erfolgreichsten Deutschen im Tennis könnten ihr jetzt wahrlich nicht schaden.

Gegen Serena Williams habe sie "nichts zu verlieren", sagte Kerber ausdrücklich, aber da widersprach ihr Trainer dann doch. "Sie kann das Finale verlieren", sagte der 39-Jährige aus Itzehoe in der ihm eigenen trockenen Art und schmunzelte. Sie wolle doch gewinnen, sollte das heißen, und deshalb wird Beltz nun nach Wegen fahnden, wie die Überfliegerin der Branche anzugreifen ist.

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Wie das geht, weiß Kerber seit 2012, beim damaligen Turnier in Cincinnati gelang Kerber ihr einziger Sieg gegen Williams, die die fünf anderen Duelle der beiden ohne Satzverlust für sich entschieden hatte. "Ich will das Finale einfach genießen", sagte Kerber, "ich nehme die Herausforderung an und freue mich darauf."

Nach zwei Halbfinals, bei den US Open 2011 und in Wimbledon 2012, hat Kerber damit ihren größten Erfolg erreicht, sie hat schon mindestens eine Million Euro an Preisgeld sicher, und in der Weltrangliste wird sie ab kommender Woche unter den Top5 sein.

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Die erfolgreichste deutsche Spielerin seit vier Jahren, die im vergangenen Jahr nach einer enttäuschenden Grand-Slam-Bilanz sich vornahm, "es endlich bei den großen Turnieren krachen zu lassen", lässt es gleich bei ihrem ersten Versuch krachen. Am Donnerstagabend, das kündigte Beltz noch an, sollte diese Leistung entsprechend gewürdigt werden. "Wir werden sicher nett essen gehen. So was wie heute muss auch gefeiert werden."

Dass Kerber jetzt mit der Erleichterung und Freude den Fokus verliert, ist ohnehin nicht zu befürchten. "Das ist einfach unglaublich. Das ist jetzt richtig toll für das deutsche Tennis", sagte sie strahlend. "Jetzt will ich mehr." Später, am Ende der offiziellen Pressekonferenz, als sie auf Graf noch einmal angesprochen wurde, sagte Kerber, sie habe schon eine Nachricht auf ihr Handy bekommen. "Soll ich mal gucken?", fragte sie. Und dann las sie auf Deutsch vor: "Ich gratuliere. Ich freue mich riesig. Lieben Gruß aus Las Vegas."

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