Supercup:Bayerns Comeback der großen Gefühle

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Die Saison hat noch nicht einmal so richtig angefangen, da haben die Bayern bereits Beute gemacht - das rot-weiße Kollektiv mit Supercup. (Foto: Cathrin Müller/imago/MIS)
  • Nach dem Gewinn des Supercups zeigen sich die Verantwortlichen beim FC Bayern München sehr erleichtert.
  • Bis dahin wurden wegen einer durchwachsenen Vorbereitung düstere Szenarien hinauf beschworen.
  • Die Spieler profitieren davon, dass sie wieder mehr Balance in ihrem Spiel finden.

Von Benedikt Warmbrunn, Dortmund

Die Woche endete mit einer schweren Tätlichkeit, und es verrät einiges über die Stimmung des FC Bayern, dass diese von niemandem kritisiert wurde. Hasan Salihamidzic stand auf dem Dortmunder Rasen, die Hände hatte er in die Hosentaschen gestopft. Er stand da frei und zufrieden und wehrlos, seine erste Woche als Sportdirektor ging gerade zu Ende, er fühlte sich in Sicherheit. Aber in dieser Woche war das nur ein weiteres trügerisches Gefühl. Ohne Vorwarnung rammte Uli Hoeneß ihm die Faust vor die Brust. Salihamidzic taumelte ein paar Schritte zurück. Dann lachte Hoeneß, und Salihamidzic lachte noch lauter. Zum Abschluss der Woche verteilte Vorstandsmitglied Jörg Wacker schließlich noch Lutschpastillen.

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Kimmich und Ulreich retten soeben die Woche der Münchner. Mit dem Sieg im Supercup gegen Borussia Dortmund beweisen sich die Bayern, dass sie vor dem Saisonstart nicht ganz verzweifeln müssen.

Von Benedikt Warmbrunn

Die Erleichterung des FC Bayern war in jedem Hüpfer, in jedem Lachen, in jedem Fausthieb zu spüren. Kurz vor der Attacke auf seinen Sportdirektor hatte sich Uli Hoeneß, der Präsident, schon Carlo Ancelotti geschnappt, lang und innig hatte er ihn gedrückt. Nur widerwillig gab er den Trainer in die Arme von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge weiter, der ebenso innig drückte, dabei muss schon viel passiert sein, dass der Kopfmensch Rummenigge sich zu derart emotionalen Ausrastern hinreißen lässt. Es war ein Abend der großen Gefühle für den FC Bayern.

Gewonnen hatte das Team gerade übrigens den sogenannten Supercup.

"Wenn wir nicht gewonnen hätten, hätten wir gesagt: War nicht so wichtig, war nur der Supercup", gestand auch Kapitän Thomas Müller nach dem 5:4 (2:2, 1:1) im Elfmeterschießen gegen Borussia Dortmund. Er gestand aber genauso, dass es für den ganzen Verein doch um einiges gegangen war: "Natürlich haben wir uns im Vorfeld schon vorgenommen, die Niederlagen aus der Vorbereitung abzustreifen."

Der FC Bayern hatte ja eine Woche hinter sich gehabt, die bereits recht düstere Szenarien hinauf beschworen hatte. Nach dem 0:3 im Sponsorenturnier gegen den FC Liverpool, eine von fünf Niederlagen in den letzten sechs Testspielen, hatten Spieler und Offizielle teilweise schon Untergangsvokabular gewählt. Von der Kurve, die zu kriegen sei, war die Rede gewesen; sogar von Alarmglocken, die nun angehen müssten. Dass am späten Samstagabend nun alle auf dem Rasen so erleichtert jubelten und hüpften und umarmten, das war nicht nur die Erleichterung über ein gewonnenes, enges, packendes Spiel. Das war vor allem die Erleichterung darüber, dass die eigenen pessimistischen Gedanken sich vorerst als trügerisch erwiesen hatten.

Mit diesem Supercupabend versicherte sich der FC Bayern nun wieder der eigenen Stärke, dazu braucht es in diesem so selbstsicheren Verein ja ohnehin nicht viel. Nun aber hatten sie mehrere Widerstände überwunden, sie hatten zweimal einen Rückstand aufgeholt, sie hatten im Elfmeterschießen das Glück (und einen gut vorbereiteten Torwart Sven Ulreich) auf ihrer Seite. Dies alles gegen den mutmaßlich ernsthaftesten Konkurrenten der kommenden Bundesliga-Saison, und alles ohne die halbe verletzte Stammmannschaft (Neuer, Robben, Alaba, Thiago, Boateng, Bernat, James). "Wir haben gezeigt, dass wir in keiner Krise stecken", sagte Rummenigge, weiter in Umarmerlaune, "heute hat die Mannschaft bewiesen, dass sie sich auf den Punkt konzentrieren kann." Mats Hummels sagte: "Es war eine klare Leistungssteigerung." Ulreich, der zwei Elfmeter parierte, hatte "die Moral" gesehen, "die wir an den Tag legen müssen".

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Hatte der Mannschaft in den Testspielen noch "die Balance" (Ancelotti) gefehlt, fand sie gegen Dortmund wieder mehr zu ihrem spielerischen Gleichgewicht. So dominierte der Supercup-Titelverteidiger nach dem Ausgleich durch Robert Lewandowski (18.) bis zur Halbzeitpause. Der Torschütze selbst, der zuletzt lustlos gewirkt hatte, demonstrierte, wie sehr das Spiel von ihm abhängen kann, von seinen geblockten Bällen, von den Räumen, die er öffnen kann - und natürlich von seinem Tordrang. Zusammen mit einem eifrigen Müller und einem gewitzten Franck Ribéry erzeugte er Wirbeleien in der Offensive, die zu diversen Torchancen führten. In dieser Phase der Partie funktionierte das Passspiel des Teams wieder wie ein Webstuhl, auf dem das Schiffchen sanft voranschaukelt. Dazu demonstrierten die Gäste wiedergewonnene Nervenstärke, mit der der von Joshua Kimmich provozierte Ausgleich (88.; Eigentor von Torwart Bürki) sowie der Sieg im Elfmeterschießen gesichert wurden. "Es war eine Wohltat, wieder mal zu gewinnen", sagte Müller. Er sagte aber auch: "Es war kein perfektes Spiel."

Vor und nach der Webstuhlphase nutzte jedoch Dortmund den Abend, um die eigenen Ansprüche zu verdeutlichen. Peter Bosz, der neue Trainer, lässt seine Spieler in einem 4-3-3-System antreten, sie hielten sich nie lange in der eigenen Spielfeldhälfte auf, früh störten sie den Spielaufbau des FC Bayern. Dieser Druck nahm den Gästen die Leichtigkeit, Ungenauigkeiten schlichen sich ein. Besonders vor dem 1:0, als Javi Martínez nach einer rumpeligen Passfolge den Ball nicht kontrollieren konnte, was Christian Pulisic sofort bestrafte (12.). Die zweite Führung des Gastgebers war schließlich ein gespurteter Konter, abgeschlossen durch Pierre-Emerick Aubameyang (71.). Zu diesem Zeitpunkt wäre Dortmund der verdiente Sieger gewesen. "Bitter" sei es, trotz dieser Leistung verloren zu haben, klagte Nuri Sahin.

So rannte später aber Ribéry laut schreiend durch die Umkleidekabine. In der Hand dieser geschwungene Pokal, der bei einer minimalen Verschiebung der Ereignisse gar nicht so wichtig gewesen wäre.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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