Stefan Kraft bei der Vierschanzentournee:Nächster Alpensegler aus dem Nichts

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Weit springen und grinsen: Stefan Kraft kann beides. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Déjà-vu bei der Tournee: Wie im vergangenen Jahr holt ein Außenseiter den Gesamtsieg - trotz wachsender Nervosität sorgt Stefan Kraft für den siebten österreichischen Erfolg in Serie. Das letzte Springen überschattet aber ein Sturz von Simon Ammann.

Von Volker Kreisl, Bischofshofen

Die Zuschauer der Vierschanzentournee erlebten ein Déjà-vu. Mal wieder. Wie im vergangenen Jahr, so gab es auch diesmal einen österreichischen Sieger, wie 2014 war es einer, mit dem vor der Tournee nicht unbedingt zu rechnen war. Stefan Kraft, der 21-Jährige aus Schwarzach bei Bischofshofen, hatte im allerletzten von acht Tournee-Sprüngen zwar etwas nachgelassen, aber das Polster war dick genug. Am Ende gewann er mit sechs Punkten Vorsprung. "Ich bin doch ein bisschen nervös geworden im Finale", sagte Kraft, nachdem er den siebten österreichischen Tourneesieg in Serie gesichert hatte. Egal, ob nervös - Trainer Heinz Kuttin sagte: "Er ist ein Tournee-Held."

Gesamtzweiter wurde Mannschaftskollege Michael Hayböck, der zudem die Einzelwertung in Bischofshofen für sich entschied. Auf Platz drei der Serie kam Peter Prevc aus Slowenien. Richard Freitag aus Aue und Severin Freund (Rastbüchl) landeten auf den Plätzen sechs und acht. "Ganz vorne konnten wir auch heute nicht mithalten, aber es war ein versöhnliches Ende", sagte Bundestrainer Werner Schuster.

Vierschanzentournee in Bischofshofen
:Gesamtsieger Kraft, Tagessieger Hayböck

Die Tournee endet mit einem Erfolg für die Österreicher: Beim letzten Springen liegt zum Schluss Michael Hayböck ganz vorne. Für den Gesamtsieg reicht es aber nicht. Die Deutschen fliegen hinterher - Simon Ammann stürzt schwer.

Simon Ammann muss nach einem schweren Sturz ins Krankenhaus gebracht werden

Überschattet wurde das Finale allerdings vom schweren Sturz des viermaligen Schweizer Olympiasiegers Simon Ammann, der in seinem zweiten Sprung alles riskiert hatte und nach der Landung mit dem Gesicht voraus in den Schnee stürzte. Ammann blieb regungslos liegen und verlor zwischenzeitlich das Bewusstsein. Er wurde notversorgt und ins Krankenhaus gebracht, wo dann Prellungen und Schürfwunden festgestellt wurden. Ammanns Zustand, hieß es, sei aber "stabil". Er pflegt einen besonders aggressiven und auch riskanten Sprungstil mit weiter Vorlage, schon zum Auftakt in Oberstdorf war er bei der Landung gestürzt und hatte früh seine Chancen auf den Gesamtsieg eingebüßt.

Bereits in der Qualifikation hatte der stumpfe und teils unebene Auslauf in Bischofshofen Stürze provoziert, darunter einen schweren des US-Amerikaners Nicholas Fairall. Er war nach der Landung ebenfalls wegen zu starker Vorlage zu Fall gekommen und mit verdrehtem Oberkörper liegen geblieben. Nach einer Operation an der Wirbelsäule ließ der Amerikaner über Facebook allerdings eine Entwarnung übermitteln. "Ich bin in guter Verfassung und freue mich auf ein großartiges Jahr", sagte er. Den Rest der laufenden Saison wird er aber verpassen.

Der Jubel über die sportlichen Entscheidungen im Tourneefinale war somit gedämpft. Allzu große Spannung war ohnehin nicht mehr aufgekommen bei der letzten Station der Serie. Von den deutlich zurückliegenden Springern hinter den Führenden erwischte keiner einen herausragenden Tag. Und Stefan Kraft sprang auf seiner Heimschanze schon in der K.o.-Runde souveräne 133,5 Meter, die nur noch von seinem Team-, Stützpunkt- und Zimmerkameraden Michael Hayböck übertroffen wurden.

Der landete im ersten Durchgang bei 137,5 Metern, womit er auch seinem persönlichen Ziel - einem Tagessieg - näher kam; ein Ziel, das die Besonderheit des Erfolges von Kraft/Hayböck unterstrich. Denn Hayböck, der spätere Gesamtzweite, kämpfte in Bischofshofen nebenbei um seinen ersten Triumph im Weltcup überhaupt - Kraft, der Tourneesieger, hatte diesen soeben erst in Oberstdorf errungen. Mit den beiden ist somit auch bei der Weltmeisterschaft im Februar in Falun/Schweden zu rechnen, und natürlich auch überhaupt in den kommenden Jahren.

Skispringer Noriaki Kasai
:Der alte Mann und das Mehr

Als Noriaki Kasai das erste Mal in Bischofshofen auf dem Podest stand, war der Tourneeführende Stefan Kraft noch gar nicht geboren. Mit 42 Jahren springt der Japaner nun so stark wie nie zuvor. Das Publikum liebt ihn. Denn er verschiebt Grenzen.

Von Lisa Sonnabend

Insgesamt hat die Sprungabteilung des Österreichischen Skiverbandes bewiesen, dass Generationswechsel für sie eher kein Problem darstellen. In sieben Jahren gewann jeweils ein anderer ihrer Skispringer die Tournee. Die Nachfrage steigt, die Vereine und Stützpunkte verzeichnen einen Anstieg an Sprungschülern, und im Hauptzentrum in Stams/Tirol springen nun auch Talente aus der Hauptstadt Wien, vom Sprung-Klub Stadt-Adler. Der Rest der Sprungwelt vermochte dem bei dieser Tournee nicht wirklich etwas entgegenzusetzen. Die Deutschen scheiterten grob gesagt an ihren Nerven. Kamil Stoch, der polnische Doppel-Olympiasieger von Sotschi, konnte seine Form nach seiner Verletzungsrückkehr nur kurz halten. Mitfavorit Roman Koudelka (Tschechien) spielte früh keine Rolle mehr, Mitfavorit Peter Prevc (Slowenien) spätestens nach der dritten Station. Bleibt noch Noriaki Kasai, der mit 42 Jahren immer noch stetig besser wird, in der Gesamtwertung auf Rang vier landete und die Jungen ins Grübeln bringt. Wenn er so weitermacht, wird der ewig lächelnde Japaner spätestens in zehn Jahren die Österreicher besiegen.

© SZ vom 07.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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