Statistiken zur Spanien-Niederlage:Ausgetrickst mit langen Pässen

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Bekam Arjen Robben nicht in den Griff: Gerard Piqué (links) (Foto: AFP)

Viel zu wenig Ballbesitz, ein überfordereter Gerard Piqué und ein gnadenlos effizienter Arjen Robben: Louis van Gaals Elf zerlegt das spanische Nationalteam. Was beim Weltmeister schiefgelaufen ist, zeigt die WM-Analyse des Tages.

Von Lisa Sonnabend

Eine 1:5-Niederlage zum WM-Auftakt gegen die Niederlande. Nach dem ersten Spiel bereits drei Gegentore mehr kassiert als bei der kompletten WM 2010. Die höchste Niederlage seit 1963, als man 2:6 gegen Schottland unterging - das Turnier in Brasilien hat für die spanische Nationalmannschaft alles andere als erfreulich begonnen. Was ging schief beim Weltmeister?

  • Zu wenig Ballbesitz

Das Erfolgsrezept des spanischen Fußballs lautet: Ballbesitz. In der Partie gegen Niederlande war der Anteil der Zuspiele der Spanier mit 63,9 Prozent wie erwartet höher als der vom Louis-van-Gaal-Team (36,1 Prozent). Es sah auch ansehnlich aus, was die Spanier im Stadion von Salvador zeigten. In der zweiten Halbzeit fielen dann jedoch vier Gegentore in 30 Minuten - und die Statistik macht klar, warum dies passieren konnte: Der Anteil der Zuspiele von Spaniens Elf betrug in der zweiten Hälfte nur 57,7 Prozent - für eine Ballbesitzmannschaft viel zu wenig.

  • Gefährliche lange Pässe

Iniesta auf Xabi Alonso, weiter zu Busquets, dann zurück zu Iniesta, eine Drehung und den Ball weiter an Xavi geben. So sieht das typische Spiel der Spanier aus. Auch gegen die Niederlande bewies das Nationalteam, warum es Kurzpassweltmeister ist. 619 Mal schoben sich die Spanier in der Partie den Ball zu, die Niederländer lediglich 339 Mal.

Was auffällt: Viele Tore der Niederlande entstanden nach langen Pässen. Daley Blind bediente beim 1:1 von der Mittellinie aus Robin Van Persie, der mit einem wunderbaren Hechtkopfball verwandelte, beim 2:1 legte er von weit hinten auf Arjen Robben auf, der Gerard Piqué austrickste, das 4:1 erzielt der Bayern-Spieler nach einem langen Pass von Wesley Sneijder und einem Tanz im Strafraum (nachzuverfolgen im Tool "Torentstehung"). In Zahlen: 17,7 Prozent der Zuspiele des Oranje-Team waren lange Pässe, bei den Kurzpassweltmeistern lediglich 6,8 Prozent. In diesem Spiel siegte eindeutig die Strategie der Niederländer.

  • Löchrige Abwehr

Spaniens Kopfballungeheuer Sergio Ramos verlor laut Opta-Daten fast alle Duelle in der Luft, Verteidigerkollege Gerald Piqué entschied nicht einmal die Hälfte seiner Zweikämpfe für sich. Zudem konnten die beiden während des Spiels jeweils nur drei Mal klärend eingreifen. Beim Champions-League-Finale gegen Atlético Madrid dagegen rettete Reals Abwehrchef Ramos noch 15 Mal. Dass Ramos und Piqué an diesem Nachmittag in Brasilien Einiges misslang, ist allerdings nicht nur anhand der Zahlen zu sehen: Ramos' Fehler vor dem Ausgleich durch van Persie und der Patzer von Piqué beim 1:2 durch Robben waren eklatant.

  • Der Konterfußball gewinnt

Ähnlich wie im Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und dem FC Bayern München führte in der WM-Partie in Salvador der Konterfußball dem Ballbesitzfußball eine Lehrstunde vor. Die schnellen Robben und van Persie überrumpelten immer wieder die spanischen Abwehrreihen.

Während die Niederländer 38,5 Prozent ihrer Chancen verwerteten, schaffte dies Spanien nur in 12,5 Prozent der Fälle. Von zehn Schüssen aufs Tor gelangen der niederländischen Elf fünf Treffer. Die spanischen Fußballer waren dagegen bei vier Versuchen nur einmal erfolgreich, und der Treffer war obendrein ein Strafstoß.

  • Entfesselter Arjen Robben

Uli Honess wird traurig gewesen sein, dass in der Justizvollzugsanstalt Landsberg abends der Strom abgestellt wird, er deswegen nicht mehr fernsehen konnte und die zweite Hälfte mit dem Wirbelwind des FC Bayern München verpasste. Denn Arjen Robben zeigte eindrucksvolle Spielminuten: Er dribbelte, tanzte durch den gegnerischen Strafraum, lief im Spiel insgesamt 10,2 Kilometer und beschleunigte auf bis zu 31,03 Stundenkilometer ( laut Fifa-Statistik). Im Finale der WM in Südafrika war Arjen Robben noch an Iker Casillas gescheitert, nun nahm er eindruchsvoll Revanche. Die Opta-Statistik bei Robben weist auf: drei Versuche, zwei Treffer. Das nennt man effizient.

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