Statistiken zu Niederlande-Mexiko:Aus der Sackgasse ins Viertelfinale

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14 Spielminuten, eine Vorlage, ein Tor: Klaas-Jan Huntelaar (li.) (Foto: dpa)

Nicht ein einziges Mal schießen die Niederländer im ersten Durchgang gegen Mexiko aufs Tor. Nach der Halbzeitpause besinnt sich Trainer van Gaal auf die Fußball-DNA seines Landes. Er gewinnt mit dem System seiner Kritiker das Achtelfinale, wie die WM-Analyse des Tages zeigt.

Von Johannes Knuth

Kurz vor der Halbzeit hatte Stefan de Vrij, Abwehrspieler der Niederlande, eine Idee. Man könnte das Spiel zur Abwechslung auch einmal nach vorne tragen, in die gegnerische Hälfte. De Vrij meldete seinen Plan bei seinen Kollegen aus dem Offensivressort an, er gestikulierte in Richtung Mitspieler, dorthin würde er gleich einen Pass spielen. Aber die Räume, die sich de Vrij ausgeguckt hatte, waren längst von den Mexikanern besetzt. De Vrij spielte dann einen Querpass.

Es war zunächst eine zähe Nummer, dieses Achtelfinale zwischen den Niederlanden und Mexiko in der Sonntagmittagshitze von Fortaleza. Die Niederlande traten wie gehabt in ihrem 5-3-2 an und lauerten auf Konter. Die Mexikaner hatten ein kompaktes 3-5-2 ersonnen und lauerten auf Fehler der lauernden Niederländern.

Besonders aufmerksam lauerten die Mexikaner im Mittelfeld. Dort hatten sie die meisten Spieler postiert. Von dort aus trieben sie die Niederländer immer wieder auf die Flügel, wo Robben und Co. kaum Geschwindigkeit aufnehmen konnten. Die Hochgeschwindigkeitsflitzer steckten in der Sackgasse, wie die Heatmap des ersten Durchgangs andeutet (ersichtlich mit einem Klick auf die Schaltfläche "1. Halbzeit", Daten von unserem Dienstleister Opta):

Beispielhaft ein weiterer Vortrag der Niederländer kurz vor der Pause: Verteidiger Bruno Martins biegt auf den linken Flügel ab, er spielt einen Pass auf Wesley Sneijder - und erhält den Ball prompt wieder zurück. Martins probiert es bei Dirk Kuijt - wieder ist das Zentrum verstellt, wieder verwaltet Martins den Ball ratlos auf der linken Flanke. Irgendwann macht sich Martins alleine Richtung Tor der Mexikaner auf. Sie lassen ihn gewähren, sie wissen, dass von ihm wenig Gefahr droht. Die Mexikaner bemuttern lieber Robben und Sneijder, Martins probiert es mit einem langen Pass auf Kuijt. Der Ball rollt ins Toraus.

23 Mal hatten die Niederländer in ihren Gruppenspielen aufs gegnerische Tor geschossen. In der ersten Hälfte gegen Mexiko kam kein einziger Torschuss dazu.

Zum Glück der Niederländer beschäftigen sie in Louis van Gaal den wohl fähigsten Trainer dieses Sonnensystems. Und dieser Trainer stellte nach dem Führungstor der Mexikaner fest, dass sich niederländischer Konterfußball und ein niederländischer Rückstand nur bedingt vereinbaren lassen. Van Gaal besann sich auf die Fußball-DNA seines Landes, er installierte das von seinen Kritikern vielbesungene 4-3-3, ausgerichtet auf mehr Ballbesitz. "Plan B", wie er nach dem Spiel sagen würde.

Arjen Robben bemannte nun den rechten Flügel, Memphis Depay den linken. De Vrij und Ron Vlaar kümmerten sich ums defensive Mittelfeld, davor wuselte Georginio Wijnaldum, der immer wieder Anspiele der Flügelspieler annahm, bevor erstere in eine Sackgasse rannten. Die Niederländer hatten nun öfters den Ball, sie behaupteten ihn nun bevorzugt in Mexikos Hälfte (zwischen der 61. und 75. Minute, siehe Grafik):

Ein angenehmer Nebeneffekt: Die Niederländer drehten die Partie. Auch wenn die Tore keinem Spielzug entsprangen, dem man genuin der 4-3-3-Formation zurechnen könnte. Allerdings hatte van Gaals Mannschaft den Gegner dank dieser offensiveren Ausrichtung zurückgedrängt, sie hatten sogar aufs Tor geschossen und Mexikos famosen Keeper Guillermo Ochoa zu allerhand famosen Rettungstaten verleitet. Van Gaal hatte in Person von Huntelaar zudem kurz vor Spielschluss die Präsenz im Strafraum verstärkt. Der Personalwechsel zeigte Wirkung, natürlich. Den vorletzten Torschuss der Niederländer bereitete Huntelaar per Kopfball vor, den letzten, einen Elfmeter, übernahm er selbst. Beide Male landete der Ball im Tor.

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